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GUTE-NACHT/2629: Ein Pfennig auf Reisen - Sammlerstücke (SB)


Ein Pfennig auf Reisen

Von dem im Nebenfach lebenden Groschen hat der Pfennig einiges über Münzalben und ihre Besitzer erfahren. Es sind Leute, die die Ruhe lieben und sich gern an ihren Sammelstücken erfreuen. Dann und wann zeigen sie ihre Schätze einem interessierten Freund oder tauschen vielleicht sogar ein paar Münzen mit ihnen. Doch sind es keine Leute, die besonders viel Glück brauchen. So sieht es jedenfalls der Groschen. Würde so ein Sammler Glück in Form von viel Geld erlangen, würde er nichts anderes damit tun, als sich viele neue Münzen einzukaufen und auch diese seiner Sammlung einzuverleiben. "Das ist doch grausam!", findet der Groschen, "noch mehr von uns würden eingesperrt."

Der kleine Pfennig versteht, dieser Sammler braucht nicht das Glück, das er zu vergeben hat. So ist die Sache beschlossen. Der kleine Pfennig muß von hier fort. Er sieht auch eine Chance. Der Groschen hat erzählt, daß der Sammler alle neuen Münzen erst einmal gründlich putzt. Die ganz Verschmutzten legt er sogar in ein warmes Bad. So war es jedenfalls damals mit ihm geschehen. Danach werden die Münzen trockengerieben, katalogisiert und nachgesehen, was sie wert sind. Erst dann kommen sie für immer in die kleine Plastiktasche, in diese kleine Zelle. Zwar fehlen die Gitterstäbe wie bei den Gefängniszellen der Menschen. Doch aus den Taschen kommen die Münzen auch nicht mehr heraus.

Der kleine Pfennig hat also nur eine Gelegenheit, er muß während des Putzaktes oder des Bades verschwinden. Wie soll er das wohl anstellen? Viel Zeit bleibt ihm für Überlegungen dieser Art nicht mehr, schließlich verarbeitet der Sammler stets gleich seine neuen Münzen. Deshalb braucht der kleine Pfennig einen Plan. Planen kann er am besten, wenn er vor sich hinträumt. Also, hätte der Pfennig ein Ohr, würde er sich jetzt auf dieses legen. Doch auch ohne Ohren kann der Pfennig sehr gut träumen. Dazu legt er sich jetzt auf eine seiner zwei Seiten.


Erstveröffentlichung am 2. September 2003

16. Mai 2008

Gute Nacht