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GUTE-NACHT/2522: Die unentdeckte Kommode (SB)


Mutter Maus im Sandmannhaus

"Wie geht die Geschichte von Rosalinde und Willibald denn nun aus eurer Sicht weiter?" fragt Mutter Maus am nächsten Abend. Willi und Mausalinde aber haben heute noch gar nicht darüber nachgedacht. Schließlich haben sie heute eine Entdeckung gemacht. Sie haben sich die ganze Dachbodenkammer genau angesehen und dabei einen kleinen Ausgang gefunden. Von hier aus können sie wann immer sie wollen hinaus auf das Dach steigen. Doch das soll ihr Geheimnis bleiben.

"Wir dachten, daß du uns das Ende erzählst", sagt Willi schnell. "Soso", horcht Mutter Maus auf. "Du kannst das viel besser", meint Mausalinde. "Irgendwas verschweigen mir die beiden", denkt Mutter Maus. Aber sie bohrt nicht weiter nach, sondern beendet die Geschichte.


*


Also, auf dem alten und verlassenen Turm hockten Willibald und Rosalinde in einer Ecke. Sie hatten kein Licht. Es war stockdunkel. Ein wenig waren sie eingenickt. Als aber der Mond am Himmel aufstieg und Licht in den Turm fiel, wachten die Kinder auf. Nicht nur das Licht hatte sie geweckt. Sie waren auch hungrig und froren. Denn in der Nacht wird es ja bekanntlich kalt. Durch das Licht des Mondes konnten sie jetzt auch die Treppenstufen erkennen.

"Wollen wir nach Hause gehen?" fragte Willibald. Rosalinde fand das keine so gute Idee: "Laß uns noch ein bißchen warten. Der Mond leuchtet bestimmt noch heller, wenn er die orangene Farbe ablegt." Willibald stimmte ihr zu. So saßen die beiden auf dem Turmboden ganz eng beieinander. Der Mond stieg weiter hinauf. Die Kinder drängte es nicht nach Hause, waren sie doch inzwischen wieder eingeschlafen.

Plötzlich ein lauter Schlag und noch einer, ein dritter usw. bis es zwölf waren. Woher kamen die zwölf Schläge, die wie Donnergetöse die Kinder aufschreckten. Willibald stellte beim letzten lauten Schlag fest, daß es die Turmuhr gewesen sein mußte, die diese derben Töne angeschlagen hatte. Willibald freute sich, jetzt mußte auch der Bürgermeister gehört haben, daß es hier oben auf der Burg doch eine Uhr gab. Hoffentlich war er von den lauten Schlägen aus dem Bett geworfen worden.

Wenn nicht der Bürgermeister, so war doch ein anderes Wesen aufgewacht von dem Getöse. Es reckte und streckte sich und schob dann von innen die Schublade der Kommode auf, in der es gelegen und geschlafen hatte. Es war das kleine Gespenst, daß hier wieder zum Vorschein kam. Wie lange hatte es geschlafen? Unheimlich lang kam dem Gespenst der gerade geträumte Traum vor. Es war durch Jahrhunderte gereist und alles hatte sich verändert. Ersteinmal kletterte das Gespenst aus der Kommode heraus. In der Ecke kauerten die beiden Kinder, die vor Schreck ganz bewegungslos waren. "Hoffentlich würde dieser Geist sie beide nicht entdecken", dachten sie. Aber Geister sind nicht so leicht zu täuschen. Schließlich sind gerade sie selber Meister der Täuschung. Also entdeckte das Gespenst die beiden Kinder und fragte: "Was macht ihr denn hier auf meinem Turm! Zurück in eure Zimmer!" Die Kinder wunderten sich, hatten sie doch gar keine Zimmer hier im Turm gesehen. Rosalinde begann zu weinen und Willibald wollte gerade das Gespenst verscheuchen, da kam es ganz vorsichtig näher und sagte: "Nicht weinen, du machst mich ja ganz traurig!" Da schaute Rosalinde hoch und erkannte, daß da nur ein kleines Gespenst vor ihr schwebte, das zudem noch ganz freundlich sprach. Sie fragte das Gespenst, wo es denn herkomme. "Ich lebe hier in der Kommode." Jetzt erst entdeckten die Kinder eine Kommode auf dem Turm.

"Aber die war doch vorhin noch gar nicht da?"
staunte Willibald und Rosalinde sagte: "Wie die Zeiger
der Uhr am Turm." - "Die Turmuhr? Aber die ist doch
schon immer hier gewesen, solange ich hier oben bin",
entgegnete das kleine Gespenst. "Wir waren schon oft
hier auf dem Turm, aber noch nie sind wir dir
begegnet", wunderte sich Willibald und Rosalinde
lachte wieder: "Wir waren ja auch noch nie mitten
in der Nacht hier oben auf dem Turm." - "Und warum
seit ihr dann heute hier?" wollte das Gespenst
wissen. Da berichteten die Kinder, was am Nachmittag
alles geschehen war...


*


"Aber das wißt ihr ja schon", sagt Mutter Maus zu ihren Kindern. Willi und Mausalinde möchten gern noch mehr von den Kindern hören, die so ähnliche Namen wie sie selber tragen. Doch Mutter Maus findet, daß es Zeit zum Schlafen ist.

8. Januar 2008

Gute Nacht