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GUTE-NACHT/2347: Familie Schwalbe - Bulgarische Glücksbringer (SB)


Familie Schwalbe - Bulgarische Glücksbringer

Im Garten findet Vater Menschlein ein Wollknäuel. Erst beim Aufheben stellt er fest, daß es sich um ein heruntergefallenes Nest handelt. Hauptsächlich besteht dieses Nest aus Schafwolle. Dazwischen findet sich aber auch noch getrocknetes Moos und trockene Grashalme, sowie Pferdehaare und Blätter. Das Nest ist leer und kein Vogel in der Nähe, der Anspruch darauf erhebt. Die Wolle erinnert Vater Menschlein plötzlich an eine Geschichte aus Bulgarien. Auch eine Schwalbe kommt darin vor.


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In Tibet lebte einst Khan Asparuch. Er sorgte sich um seine Heimat und sein Volk, die Protobulgaren. Es gab einfach nicht genug Nährboden für sie alle. So begab sich der Khan auf Reisen. Lange war er unterwegs. Endlich erreichte er das Gebiet der Slawen. Hier wurde er freudig aufgenommen. Ihm zu Ehren bereiteten die Slawischen Frauen in ihren langen, weißen Leinenhemden eine große Festtafel.

Dieses Fest ohne seine Mutter und seine Schwester Kalina zu feiern, stimmte den Khan traurig. Deshalb setzte er sich an einen Fluß und betete zur Sonne. Tränen liefen ihm die Wangen hinunter.

Das sah eine Schwalbe. Sie setzte sich neben den Khan. Ganz allein, vertraute er der Schwalbe seinen Kummer an. Gerührt von seiner Geschichte, verließ die Schwalbe den Khan und flog in dessen Heimat. Hier suchte und fand sie Kalina, des Khan`s Schwester. Ihr erzählte die Schwalbe, der Bruder habe ein neues Reich gegründet, doch er sei traurig ohne Mutter und Schwester zu sein.

Endlich wieder etwas von ihrem Bruder zu erfahren, freute Kalina sehr. Nun wollte Kalina auch ihrem Bruder eine Nachricht zukommen lassen. Am liebsten wollte sie ihm Blumen schicken. Sie nahm einige grüne Blätter und band sie mit einem Faden weißer Wolle zu einem Sträußchen zusammen. An diesem Sträußchen befestigte Kalina auch einige Knoten, so wie es in ihrem Volk der Brauch war. Kalina überreichte der Schwalbe das Sträußchen und diese trug die Blumen in ihrem Schnabel zu Khan Asparuch hin.

Auf ihrem Flug geschah es, daß die Schwalbe verwundet wurde. Tropfen ihres Blutes färbten die weiße Wolle rot. Das machte dem Khan nichts aus. Er war einfach nur froh, von seiner Schwester etwas gehört zu haben. Das Sträußchen seiner Schwester nit der weißen und roten Wolle steckte er sich an.


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Die Legende erzählt, daß sich die Geschichte am ersten Tag des Monats März zugetragen haben soll. Seit diesem Tag sind die Bulgaren angehalten, weiße und rote Quasten zu tragen, als Symbol für Gesundheit und Glück. Noch heute stecken sich alle Bulgaren am ersten März diese rot-weißen Quasten als Glücksbringer an. Die Quasten werden Martenitsi genannt. Martenitsi kommt von dem bulgarischen Wort Mart für März her.

Doch erst Silbermünzen, Knoblauchzehen, Ringe, Pferdehaare und blaue Steine sowie noch andere Dinge verwandeln die traditionellen Quasten in echte Glücksbringer.

Wo werden diese Glücksbringern getragen? Die Kinder tragen die Martenitsi an der rechten Hand. Die Mädchen oder auch die frisch verheirateten Frauen am Hals. Dort können sie mit den Haaren gebunden werden. Bei den Männern sieht man die Martenitsi am linken Ellenbogen oder am linken Fuss. Aber es gibt auch Gegenden, da werden die glücksbringenden Quasten unter der linken Ferse getragen.

Wie lange werden die Martenitsi getragen? So lange bis man den ersten Storch sieht. Dann werden die Quasten an einen Obstbaum angebunden und dabei wird sich etwas gewünscht. Der Tag, an dem die Martenitsi angelegt werden wird Martuwane genannt.

11. Juni 2007

Gute Nacht