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HEINRICH BÖLL STIFTUNG/392: Étienne Balibar ist Hannah-Arendt-Preisträger für politisches Denken 2017


Heinrich-Böll-Stiftung - Pressemitteilung vom 10. August 2017

Étienne Balibar ist Hannah-Arendt-Preisträger für politisches Denken 2017


Der Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken, der von der Stadt Bremen, der Heinrich-Böll-Stiftung und dem Hannah-Arend-Preis für politisches Denken e.V. vergeben wird, ist mit 10.000 Euro dotiert. Er wird an Personen verliehen, die mit einer mutigen Intervention das "Wagnis Öffentlichkeit" annehmen. Der Preis wird am 1. Dezember 2017 um 18.00 Uhr im Bremer Rathaus überreicht.

Étienne Balibar hat, wie die Preisjuryvorsitzende Prof. Antonia Grunenberg hervorhebt, "in seinen Büchern und im öffentlichen Auftreten ein intervenierendes Denken in der Tradition Hannah Arendts gepflegt. Seine Beiträge haben sich weit über den akademischen Diskurs hinaus an die republikanische Öffentlichkeit gerichtet."

Weiter heißt es in der Begründung der Jury, Balibar setze sich mit dem Marxismus auseinander, aus dessen Schule er kommt und kritisiere immer leidenschaftlich die strukturellen Schwächen der liberalen Demokratie, die Art und Weise, wie brennende politische Fragen nicht zu Ende gedacht werden. So werden Flüchtlinge gesehen als Objekte der Fürsorge aber zu wenig als Rechtssubjekte (europäische Staatsbürgerschaft). Balibar forscht zu den Möglichkeiten und Grenzen der Freiheit, ihn beschäftigt die Gleichheitsfrage. Darüber hinaus ist Balibar ein nimmermüder Kämpfer für ein Europa, dessen Staaten und Gesellschaften ihre historische Chance immer wieder zu verspielen scheinen, die ihnen die Geschichte zugespielt hat. Aber das plurale Europa muss sich immer wieder neu erfinden, um handlungsfähig zu bleiben.

Éienne Balibar, geb. 1942, studierte an der Ecole normale supérieure (ENS). Er war Schüler und Mitarbeiter des Philosophen Louis Althusser. Bis 2002 lehrte er politische Philosophie und Moralphilosophie an der Universität von Paris-Nanterre. Inzwischen Professor emeritus, lehrt er seit den 1990er Jahren auch an mehreren Universitäten der USA. Zurzeit ist Balibar Gastprofessor an der Columbia University in New York für französische und vergleichende Literatur.

Publikationen: Eine Reihe von Werken zu den Grundlagen der Marx'schen Theorie und zur politischen Philosophie, so "Fünf Studien zum historischen Materialismus" (frz., Paris 1974), "Rasse, Klasse, Nation" (mit Immanuel Wallerstein, Berlin 1990), "Die Grenzen der Demokratie" (Hamburg 1993). In den letzten Jahren sind von ihm auch auf Deutsch erschienen: "Sind wir Bürger Europas?: Politische Integration, soziale Ausgrenzung und die Zukunft des Nationalen", Hamburger Edition, "Gleichfreiheit": politische Essays, Suhrkamp und "Europa: Krise und Ende?", Westfälisches Dampfboot

Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken e.V. Vorstand:
Prof. Antonia Grunenberg, Peter Rüdel, Ole Sören Schulz, Prof. Eva Senghaas-Knobloch

Jury:
Prof. Antonia Grunenberg (Berlin/Oldenburg), Prof. Katajun Amirpur (Köln/Hamburg), Prof. Thomas Alkemeyer Berlin/Oldenburg), Prof. Michael Daxner (Potsdam), Prof. Catherine Colliot-Thélène (Rennes, Frankreich), Dr. Monika Tokarzewska (Torun, Polen)

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Quelle:
Heinrich-Böll-Stiftung
Schumannstr. 8, 10117 Berlin
Vera Lorenz
Telefon: +49-(0)30-285 34 - 217
E-Mail: lorenz@boell.de
Internet: www.boell.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. August 2017

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