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INNEN/514: Migrationsdebatte entzweit (EP)


Europäisches Parlament - Pressemitteilung vom 26.10.2015 - 16:32

Migrationsdebatte entzweit

Plenartagung


Die Herausforderungen der Flüchtlingskrise machen Gräben sichtbar zwischen jenen, die die EU zur gemeinsamen Lösung nützen wollen, und jenen, für die sie die Auflösung der EU einläutet, meinten viele Abgeordnete am Dienstag in der Debatte zu den jüngsten EU-Gipfeltreffen. Die meisten kritisierten die zögerliche Umsetzung der Versprechungen durch die Mitgliedstaaten, finanzielle Hilfe und mehr Einsatzkräfte an den EU-Außengrenzen zu mobilisieren. Laut Kommission fehlen noch immer 2,3 Mrd. Euro.

Parlamentspräsident Martin Schulz begrüßte den 17-Punkte Plan, der am 25. Oktober beim Gipfeltreffen der EU Staats- und Regierungschefs vereinbart wurde, zeigte sich jedoch besorgt angesichts von Zusagen, die nicht eingehalten wurden. "Wenn Regierungen, ob rechte Regierungen oder linke Regierungen, nationale Egoismen für wichtiger halten als gemeinschaftliche Lösungen, dann es gibt zwei Leidtragende: die Flüchtlinge und den Zusammenhalt in der Europäischen Union." EU-Ratspräsident Donald Tusk warnte vor der potentiellen Sprengkraft der Flüchtlingskrise, die zu "tektonischen politischen Veränderungen" in der EU führen könnten.

Kommissionspräsident Juncker dankte dem Parlament für seine Unterstützung und die beschleunigten Verabschiedungen entsprechender Legislativvorschläge. In Haushaltsfragen versprach er eine flexible Auslegung des Stabilitätspakts für jene EU-Länder, die besondere finanzielle Anstrengungen auf sich nehmen, um Flüchtlingen zu helfen. Europäische Regierungschefs sollten mit Schuldzuweisungen aufhören und ihre Versprechungen erfüllen: "Die Mitgliedstaaten bewegen sich langsam in einer Zeit, in der sie rennen sollten", so Juncker. Er listete die bestehenden Unterschiede zwischen Versprechungen und Handlungen. Vor dem Gipfeltreffen mit afrikanischen Staatschefs in Valletta (11.-12. Dezember) müsse die EU klar zeigen, dass sie Vereinbarungen einhält. Der mit der Türkei, die 2,5 Mio. Flüchtlinge beherbergt, vereinbarte Aktionsplan müsse schnell umgesetzt werden, so Juncker.

Manfred Weber (EVP, DE), Gianni Pittella (S&D, IT), und Guy Verhofstadt (ALDE, BE) begrüßten die Vorschläge der Kommission und ihre Handlungsbereitschaft. Sie riefen die Mitgliedstaaten dazu auf, ihre Versprechen zu halten. "Wir erleben ein Stück weit das Scheitern des überzogenen Nationalstaats, des nationalen Egoismus", sagte Weber, der alle Demokraten dazu aufforderte, die Zusammenarbeit weiter zu intensivieren. Pittella schloss sich diesen Worten an, und machte verschiedene "Anti-Bewegungen" dafür verantwortlich, auf den "Zerfall Europas" hinzuarbeiten.

Rebecca Harms (Grüne/EFA, DE) sagte, es ist falsch, sich mit Erdogan zu verbünden, während Verhofstadt und Pittella darauf bestanden, dass der Aktionsplan kein "Blankoscheck" für die Türkei ist. "Ich finde richtig, dass die Entscheidungen getroffen worden sind, für die bessere Situation der Flüchtlinge in der Türkei und auch in anderen Nachbarländern Syriens mehr zu tun", so Harms. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sollte ein Mandat vom Rat erhalten, um sich mit Russland, dem Iran, den USA und anderen an einen Tisch zu setzen und einen Weg zu finden, den Krieg in Syrien zu beenden, sagte Verhofstadt.

Syed Kamall (EKR, UK) warnte davor, dass die Krise eine geopolitische Dimension bekommen könnte und drängte die internationalen Akteure dazu, entsprechende Verantwortung zu übernehmen. Er unterstrich, dass die EU "hart aber fair" mit den Migranten umgehen muss, und versuchen sollte, Leben zu retten anstatt Anreize zu schaffen, die dazu führen könnten, dass immer mehr Menschen ihr Leben riskieren.

Pablo Iglesias (GUE/NGL, ES) verurteilte die "Krokodilstränen", die in der politischen Debatte vergossen werden, während die Flüchtlinge weiter unter Armut und Demütigung leiden müssen. Nigel Farage (EFDD, UK) sagte, dass die Flüchtlingskrise die EU überfordert und warf der EU vor, die demokratischen Rechte mit Füssen zu treten. Marcel de Graaff (ENF, NL) hob hervor, dass die EU die "Invasion" stoppen und ihre Außengrenzen komplett schließen muss.

Die Videoaufzeichnung der Debatte ist auf EP Live und EbS+ verfügbar.


Weitere Informationen

EP Live:
http://www.europarl.europa.eu/ep-live/de/plenary/video?date=27-10-2015 EbS+:
http://ec.europa.eu/avservices/ebs/schedule.cfm?sitelang=en&page=3&institution=0&date=10/27/2015

Erklärung der Teilnehmer des Treffens zu den Flüchtlingsströmen auf der Balkanroute am 25. Oktober
2015: http://ec.europa.eu/news/2015/docs/leader_statement_final.pdf

Ankündigung des Spitzentreffens am 25. Oktober zu den Flüchtlingsströmen auf der Balkanroute :
http://europa.eu/rapid/press-release_AC-15-5882_en.htm

Gipfeltreffen zu Migrationsfragen in Valletta, 11-12.11.2015 :
http://www.consilium.europa.eu/de/meetings/international-summit/2015/11/11-12/

Hintergrund: "EU migratory challenge: Possible responses to the refugee crisis" (auf Englisch) :
http://epthinktank.eu/2015/09/07/eu-migratory-challenge-possible-responses-to-the-refugee-crisis/

REF : 20151022IPR98824
Aktualisiert am: (27-10-2015 - 18:54)

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Quelle:
Europäisches Parlament
Pressemitteilung, 26.10.2015
E-Mail: presse-DE@europarl.europa.eu
Internet: www.europarl.europa.eu


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Oktober 2015

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