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AUSSEN/118: Die gemeinsame Afrika-EU-Strategie - ein Blick hinter die Kulissen (FUE Rundbrief)


Forum Umwelt und Entwicklung - Rundbrief 1/2009

Die gemeinsame Afrika-EU-Strategie
Ein Blick hinter die Kulissen

Von Anke Kurat


Im Dezember 2007 wurde die gemeinsame Afrika-EU-Strategie von afrikanischen und europäischen Staatschefs verabschiedet. Sie sollte den Beginn einer Partnerschaft auf Augenhöhe einläuten. Der Afrika-EU-Gipfel war vor allem ein mediales Ereignis: Endlich wurde Tacheles gesprochen. Eine erste Begegnung auf Augenhöhe zeichnete sich ab. Seit dieser Begegnung ist es jedoch still geworden um die neue Partnerschaft. Was hat sich konkret bis heute getan?

Das Strategiedokument ist komplex: Insgesamt acht verschiedene Aktionspläne umfasst die Partnerschaft. Die Themen reichen vom Klimawandel über die Migrationsse, die Sicherheitslage, Energiesicherung bis hin zur regionalen Integration und zum Handel.

So verwundert es nicht, dass im ersten Jahr die notwendigen Strukturen geschaffen wurden, um die Aktionspläne umzusetzen. Für alle Partnerschaften wurden Implementierungsteams auf europäischer und afrikanischer Seite eingerichtet. Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben sich die Federführung für die acht Aktionspläne untereinander aufgeteilt. Die deutsche Bundesregierung engagiert sich vor allem bei der Energiepartnerschaft, der Regierungsführung und bei Menschenrechten. Den Vorsitz beim Aktionsplan zu Handel, Regionaler Integration und Infrastruktur übernimmt die Europäische Kommission. Auf afrikanischer Seite soll diese Struktur gespiegelt werden, um dann in gemeinsamen Expertengruppen zusammen zu kommen. Im Unterschied zu Europa hat in Afrika die Kommission der Afrikanischen Union die Koordinierung für alle Partnerschaften übernommen.

Alle Partnerschaften beschäftigen sich zurzeit damit, welche Prozesse, Programme und Projekte unter das Dach der Aktionspläne passen. Inhaltlich neu ist wenig. Auch mit neuen Finanzierungszusagen halten sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union zurück.


Ein neuer politischer Rahmen

Neu an der Strategie ist der politische Rahmen, der für die Zusammenarbeit mit den afrikanischen Staaten gesetzt wird. Im Gegensatz zu der in 2005 einseitig verabschiedeten EUAfrika-Strategie ist dieses Dokument ein gemeinsames Produkt, das die Geber-Nehmer-Beziehungen langfristig durch eine Partnerschaft auf Augenhöhe ersetzen soll. Der afrikanische Kontinent wird als Einheit betrachtet. Schließlich setzt die Strategie auf verschiedene Akteure beider Kontinente, darunter auch zivilgesellschaftliche Organisationen.

"Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht"
(afrikanisches Sprichwort)

Eine gemeinsame Strategie, die eine Vielzahl von Akteuren und gleichzeitig eine große Bandbreite von Themen umspannen soll, kann nur schwerlich innerhalb eines Jahres merklich vorangebracht werden. Die Zivilgesellschaft stand dem Zeitdruck, unter dem die neue Partnerschaft entstehen sollte, skeptisch gegenüber. Dass diese Skepsis berechtigt war, wird nun deutlich. Auch wenn die Strategische Partnerschaft eine Begegnung auf Augenhöhe proklamiert, zeigt sich in der Realität, dass die Afrikanische Union nicht mithalten kann. Ihr fehlen die Kapazitäten, um die Strategie umzusetzen. Integrationsprozesse brauchen Zeit, wie das Beispiel der Europäischen Union zeigt.

Die Strategie kann den Themen zwar einen neuen politischen Rahmen geben, das heißt aber nicht, dass die alten Kontroversen aufgelöst sind. Das zeigt sich zum Beispiel bei Handelsaspekten. So wie die Verhandlungen der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen den Gipfel 2007 überschattet haben, belasten auch die weiteren Verhandlungen der Interims-Abkommen zu Handelsthemen die Beziehungen. Schließlich sehen viele afrikanische Staaten auch nicht den Handlungsdruck. Die Beteiligung an den Aktionsplänen steht nicht hoch auf der Agenda. Das mag auch daran liegen, dass China mittlerweile für viele afrikanische Staaten eine interessante Alternative zur EU ist.


Zivilgesellschaftliche Beteiligung - Anspruch und Realität

Im Vordergrund der Strategischen Partnerschaft stehen die Menschen in Afrika und Europa. Aus diesem Grund werden zivilgesellschaftliche Vertreterinnen und Vertreter beider Kontinente in allen Aktionsplänen als wichtige Akteure benannt, die in die Umsetzungsprozesse einbezogen werden sollen. Das klingt zunächst einmal "Das Gras wächst gut und richtig. Doch hier klaffen Anspruch und Realität weit auseinander. man daran zieht" Gemäß den von der Ministertroika der (afrikanisches Sprichwort) EU und der Afrikanischen Union verabschiedeten Richtlinien für die gemeinsamen Expertengruppen sollen zivilgesellschaftliche Vertreter an diesen Treffen teilnehmen.

In den meisten Partnerschaften beschränkt sich die Beteiligung auf eine mehr oder weniger funktionierende Information. Zu dem ersten gemeinsamen Expertentreffen, das Ende 2008 tagte, wurden zivilgesellschaftliche Organisationen nicht eingeladen. Begründet wurde dies damit, dass die Prozesse noch nicht weit genug gediehen seien, um zivilgesellschaftliche Akteure zu beteiligen. Vor allem die afrikanischen Staaten stehen einer zivilgesellschaftlichen Beteiligung skeptisch gegenüber.


Afrikas Perspektive Europas Politik: Das VENRO-Projekt zur Afrika-EU-Partnerschaft

Mit Afrikas Perspektive - Europas Politik möchte VENRO die Umsetzung der Afrika-EU-Partnerschaft begleiten. In Anknüpfung an das gleichnamige Präsidentschaftsprojekt von 2007 die Zusammenarbeit mit afrikanischen Partnern im Vordergrund. Inhaltliche Schwerpunkte sind die Aktionspläne zu Energie und Klima, Handel, Regionaler Integration und Infrastruktur sowie Demokratischer Regierungsführung und Menschenrechten.

In enger Kooperation mit den afrikanischen Partnern und anderen zivilgesellschaftlichen Netzwerken wie dem Brüsseler NRO-Dachverband CONCORD, dem Forum Umwelt und Entwicklung und auch spezialisierten NRO wie Urgewald sollen zivilgesellschaftliche Positionen erarbeitet werden. Das Projekt wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und durch die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) gefördert.

Die Autorin ist Referentin für Europäische Entwicklungspolitik in der VENRO-Geschäftsstelle und koordiniert das Projekt "Afrikas Perspektive - Europas Politik"


Das Forum Umwelt & Entwicklung wurde 1992 nach der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung gegründet und koordiniert die Aktivitäten der deutschen NRO in internationalen Politikprozessen zu nachhaltiger Entwicklung. Rechtsträger ist der Deutsche Naturschutzring, Dachverband der deutschen Natur- und Umweltschutzverbände (DNR) e.V. Diese Publikation wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) offiziell gefördert. Der Inhalt gibt nicht unbedingt die Meinung des BMZ wieder.


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Quelle:
Forum Umwelt & Entwicklung - Rundbrief 1/2009
Herausgeber: Projektstelle Umwelt & Entwicklung
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Juli 2009