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ITALIEN/343: COVID-19 in Italien - Überraschung, Schreck, Verlauf ... 15.6.2020 (SB)



In Italien setzt Ministerpräsident Giuseppe Conte am Montag seine Konsulationen in den sogenannten Generalständen zur Inanspruchnahme des Wiederaufbauplanes der EU fort. Wie die Nachrichtenagentur ANSA heute berichtet, kommen Vertreter der Gewerkschaften, der Regionen und der Gemeinden zu Wort. Als Höhepunkt werde aber der Auftritt eines führenden Mannes der Wirtschaft erwartet - Vittorio Colao, ehemaliger Vodafone-Chef, der von Ex-Premier und Forza-Italia-Chef Berlusconi geschätzt wird, während die sozialdemokratische Partito Democratico (PD) und die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) ihm reserviert gegenüberstehen.

Wie der Premier erklärte, hätten die Staats- und Regierungschefs der EU "die zentrale Rolle Italiens in diesem Notfall" anerkannt und die Eröffnung der beratenden "Generalstände" begrüßt. Mit den Worten, wir seien "ein Vorbild für Europa", zitiert die Nachrichtenagentur ANSA den Regierungschef.

Die Opposition, bestehend aus der Forza Italia Berlusconis, den Fratelli-Brüdern Giorgia Melonis sowie der Lega Matteo Salvinis, nimmt weiter nicht an den Generalständen teil. Salvini weise den an die Opposition gerichteten Appell Contes, an dieser Konsulations- und Beratungsrunde mitzuwirken, scharf zurück und sprach von "einer Schande". FdI-Chefin Giorgia Meloni habe angekündigt, von heute an bis zum nächsten Sonntag könne "in der komplizierten Beziehung zwischen Conte und den Mitte-Rechts-Parteien alles passieren".

Die Achsen seines Masterplans habe der Premier ANSA zufolge skizziert mit: Digitalisierung und Innovation - Schaffung sicherer und effizienterer Infrastrukturen - Investitionen für die grüne Wirtschaft - Verbesserung von Tourismus, Kunst und Kultur - Investitionen in Forschung und Ausbildung - Rationalisierung des Rechtssystems - soziale Eingliederung und Gerechtigkeit. Wie der Ministerpräsident betont, sei das bereits im Juli zur Verfügung stehende Geld aus dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM - italienisch MES) in Höhe von 37 Milliarden Euro "für die Regierung günstig".

Bis zum 9. Juli strebe "Italien an, auf einem neuen europäischen Gipfel zumindest einen Entwurf eines Abkommens" vorzulegen. Danach werde der Ministerpräsident "entscheiden, ob und wie das Parlament nach der Aktivierung der MES gefragt werden soll". Wie das genau vonstatten gehen werde, sei im Moment überhaupt noch nicht abzusehen. In der mitregierenden Fünf-Sterne-Bewegung sei "der Krieg zwischen Beppe Grillo, den Gouverneuren und Alessandro Di Battista (von der Parteileitung) über die Inanspruchnahme der Kredite wieder ausgebrochen" und werde "zu einem unkalkulierbaren Faktor".

Laut ANSA habe Di Battista erklärt, es gebe "bestimmte politische Mächte, die die Regierung niederschlagen wollen, um das Geld für den Wiederaufbau zu übernehmen". Nach Ansicht von Beobachtern hänge dies damit zusammen, daß es nach wie vor Kräfte bei den Fünf Sternen gebe, die zur Lega neigten. Conte gehe "auf heißen Kohlen spazieren", lautete der Kommentar der Nachrichtenagentur ANSA. Angesichts dieser Situation mahnte selbst der Befürworter der ESM-Kredite, Finanzminister Roberto Gualtieri (PD) an, zuvor die Ergebnisse der Verhandlungen über den Wiederaufbauplan abzuwarten.

15. Juni 2020


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