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ITALIEN/325: COVID-19 in Italien - Überraschung, Schreck, Verlauf ... 15.5.2020 (SB)



Im Kabinett wurde das 55-Milliarden-Euro-schwere Hilfspaket mit der sinnfälligen Bezeichnung "Dekret für Wiederbelegung" (Decreto Rilancio) inzwischen angenommen, doch ob das Parlament dem von der Regierung Conte auf den Weg gebrachten Maßnahmenbündel seine Zustimmung geben wird, schien zumindest gestern noch fraglich zu sein. Wie die italienische Nachrichtenagentur ANSA am heutigen Freitag meldet, zeigt sich Finanzminister Roberto Galtieri sicher, daß das Dekret in Senat und Abgeordnetenkammer angenommen wird. Er betonte, die Regierung wolle auf diesem Wege "sicherstellen, daß die italienische Wirtschaft dem Schlag standhält" und auch "versuchen, den Neustart zu unterstützen".

Mit den Worten, Italien werde es schaffen, suchte der Minister seinen Landsleuten Zuversicht zu vermitteln. Das Wiederbelebungsdekret sei "eine wichtige Maßnahme zur Unterstützung von Unternehmen, das Ergebnis eines positiven Dialogs mit dem Wirtschaftsverband", so Gualtieri. Die Regierung ergreife darin "Maßnahmen für Arbeitnehmer und Unternehmen" und hätte darin deren Positionen berücksichtigt. Die von der Opposition vorgebrachte Kritik wies der Minister zurück, indem er erklärte, die Regierung habe "richtig gehandelt".

Unterdessen bekräftigte Ministerpräsident Giuseppe Conte seine Einschätzung, daß das Wiederbelebungsdekret im Parlament auch die Zustimmung der Opposition erhalten werde. Zugleich signalisiert er seine Bereitschaft, das Maßnahmenpaket noch "zu verbessern". Das Land sei "in großen Schwierigkeiten", so der Regierungschef, und deshalb sei es wichtig, "die Voraussetzungen für die Neustartphase" zu schaffen, "um eine Aussicht auf wirtschaftliche und soziale Erholung zu verwirklichen". ANSA zitierte Conte mit den Worten, daß die Unternehmen unterstützt werden, um ihnen einen schnellen Neustart zu ermöglichen.

Ganz so einhellig, wie von Regierungsseite dargestellt, scheint die Zustimmung zu dem Dekret allerdings nicht zu sein. ANSA zufolge sei Äußerungen von Matteo Salvini, dem Chef der Lega, zu entnehmen, daß deren Zustimmung keineswegs sicher ist. Salvini bezeichnet das Dekret als einen "Schockplan", der "viele Elemente der Spaltung" enthalte. Antonio Tajani von Berlusconis Forza Italia (FI), Präsident des EU-Parlaments von 2017 bis 2019, erhob die Forderung, das Geld müsse auch schnell ankommen, "sonst reden wir nur und versprechen es".

Matteo Renzi, Präsident der mitregierenden Partei "Italia Viva" (IV), signalisierte unterdessen eine vorsichtige Kompromißbereitschaft. Er habe Conte mitgeteilt, so hieß es, man werde sehen, "ob wir in den von uns festgelegten Punkten zusammen gehen können." Wie tragfähig diese Erklärung ist und ob die Stimmen der IV zur Annahme des nach Lage der Dinge so dringend benötigten und doch umstrittenen Wiederbelebungsdekrets ausreichen wird, läßt sich nicht vorhersagen. Die Möglichkeit einer politischen Eskalation bis hin zu einer Regierungskrise scheint nach wie vor nicht ausgeschlossen zu sein.

15. Mai 2020


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