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MARKT/058: Großbritannien - Blockaden verhindern Milchpreissenkung (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 358 - September 2012
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Blockaden verhindern Milchpreissenkung
Die Solidarität unter den englischen Bauern im Kampf um faire Preise zeigt erste Erfolge

von Marcus Nürnberger



Es war wohl das bisschen zu viel Preissenkung. Mit Blockaden ihrer Molkereien demonstrierten hunderte von Milchbauern seit der zweiten Julihälfte gegen die von den Molkereien angekündigten Milchpreissenkungen zum ersten August. Um bis zu dreieinhalb Cent pro Liter sollte der Preis gesenkt werden. Die Blockaden kamen auf Initiative des britischen Erzeugerverbandes Farmers for Action (FFA) zustande. Molkereien an verschiedenen Orten in England wurden blockiert und die Milchanlieferung verhindert.


Marge zu Lasten der Bauern

Für die Milchbauern ist klar, dass die weitere Preissenkung viele Kollegen an den Rand der Existenz gebracht hätte und sie zur Aufgabe ihrer Höfe gezwungen wären. Ihr Hauptvorwurf richtet sich nicht an die Molkereien, sondern an den Handel, der nach Einschätzung der streikenden Milchbauern durch die geringen Einkaufspreise seine Gewinnmarge auf Kosten der Produzenten ausbaut. Besonders betroffen waren Werke von Arla und Robert Wieseman. Beide Molkereien gehören zu den führenden Unternehmen in England. Nach eigenen Aussagen deckt Wieseman 30 Prozent des täglichen Frischmilchbedarfs in England. In diesem Jahr ist das englische Traditionsunternehmen Teil der Müller Group geworden. Das inzwischen weltweit im Milchbereich tätige, ursprünglich schwedische Unternehmen Arla deckt 44 Prozent des Frischmilch- und Sahnebedarfs der sieben größten Einzelhändler auf der Insel. In den besonderen Fokus gerieten die beiden Unternehmen, weil sie eine Preissenkung zu Anfang August um umgerechnet etwa 3 Cent auf 32 Cent/l ankündigten. Aber auch Unternehmen, die geringere Preissenkungen ankündigten, wie First Milk und Dairy Crest, die den Auszahlungspreis um ca. 2 Cent reduzieren wollten, wurden bestreikt.


Erfolge, aber noch keine Lösung

Der landesweite Protest der Bauern zeigte schnell Wirkung. Als erstes Unternehmen kündigte First Milk gefolgt von Dairy Crest, an, die Preissenkung zurück zu nehmen. Inzwischen haben nahezu alle Molkereien von der angekündigten Preissenkung Abstand genommen. Darüber hinaus haben die Proteste dazu geführt, dass einzelne Discounter und Supermarktketten seit Anfang August einen Preisaufschlag zahlen. Nach Berichten in farmers weekly will beispielsweise Aldi den Auszahlungspreis für Milchbauern um umgerechnet 2,5 Cent/l erhöhen. Auch die Supermarktketten Morrisons und The Co-operative sollen ihren Lieferanten Zuschläge in Aussicht gestellt haben.


Neue Regeln vereinbart

Nahezu zeitgleich hat die Dairy Coalition, ein breites Bündnis britischer Bauernorganisationen, einen zehn Punkte Plan für den englischen Milchmarkt vorgestellt. Ziel ist eine langfristige Sicherung des Einkommens der Milcherzeuger. "Die erste Priorität des Dairy Coalition ist ein ehrlicher und gut funktionierender Markt für die britischen Milcherzeuger. Wir sind davon überzeugt, dass alle Landwirte für eine faire und nachhaltige Milch zumindest einen kostendeckenden Preis bekommen müssen. Nur so kann garantiert werden, dass die Verbraucher auch britische Milchprodukte im Regal finden", sagte Mansel Raymond, Vorsitzende der Molkerei-Abteilung innerhalb der britischen National Farmers Union, einer der Partner des Bündnisses.

Derweil setzten sich die Proteste der Milchbauern trotz der Rücknahme der Preissenkung auch im August fort. Allerdings verlagerten die Milchproduzenten ihre Demonstrationen vor die Discounter und Supermärkte, um auch mit den Kunden ins Gespräch zu kommen. Mitte August protestierten die Bauern vor einer Filiale des Unternehmens Asda-Walmart. Von dem Unternehmen forderten die Bauern einen Mindestpreis von umgerechnet 0,38 € pro Liter Milch für alle direkt und indirekt erworbenen Milchprodukte. In einem weiteren Schritt soll der Mindestpreis auf umgerechnet 0,51 € angehoben werden. Mitgetragen werden die Protestaktionen auch von Schaf-, Rinder- und Schweinehaltern.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 358 - September 2012 2012, S. 6
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Oktober 2012