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PROJEKT/181: Guatemala - Radio "Junge Stimme"


die zeitung - terre des hommes, I. Quartal 2008

Radio "Junge Stimme"
Guatemala: Kinderreporter machen Radio

Von Athanasios Melissis


Flüssig und deutlich liest Antonio einen Text über die Rechte arbeitender Kinder in das Studio-Mikrophon. Edgar Palencia sitzt mit Kopfhörern vor dem Mischpult. Hin und wieder unterbricht er Antonio: "Bitte etwas lauter sprechen und nicht ganz so schnell." Antonio liest enthusiastisch; das Thema betrifft ihn selbst. Tagsüber verkauft der 14-Jährige Süßigkeiten in Autobussen, nebenher geht er in eine Schule für arbeitende Kinder. Danach kommt er ins Studio und lernt, wie man Radio macht. "Voz Joven", "Junge Stimme", heißt die von der Organisation "Voluntarios Juveniles" produzierte Sendung, die jeden Samstag in Guatemala-Stadt über den Äther geht und sich mit den Rechten von Kindern beschäftigt.


Kinderrechte im Radio

Die Räume von Voluntarios Juveniles befinden sich am Ende eines begrünten Innenhofs in einem unauffälligen Wohnblock - ein Aufenthaltsraum und ein Studio, das bis unter die Decke mit Technik aus drei Jahrzehnten zugestellt ist. "Es sind zwar alte, aber funktionstüchtige und professionelle Geräte; sie erfüllen ihren Zweck", meint Edgar Palencia, der Leiter des Projektes. Mit Unterstützung von terre des hommes führt die Organisation einen Kurs durch, in dem 30 Mädchen und Jungen zunächst die Grundlagen der Hörfunk-Arbeit lernen. Die Ausbildung reicht von der journalistischen Aufbereitung von Nachrichten bis hin zum Sprechertraining. Die Kursteilnehmer sollen anschließend in der Lage sein, eine Sendung sowohl journalistisch vorzubereiten als auch die Inhalte als Moderatoren zu präsentieren. Gleichzeitig lernen die Kinder, in den Beiträgen die Themen herauszuarbeiten, die für sie relevant sind, beispielsweise Kinderrechte, Kinderschutz oder Gleichberechtigung der Geschlechter.


Kinderbeteiligung erwünscht

"Wir machen etwas ganz Neues", erklärt Edgar Palencia. "In Guatemala gibt es derzeit keine Radiosendung, die sich ausschließlich mit Kinderrechten oder ähnlichen Themen auseinandergesetzt hat." Schon gar nicht auf staatlichen Kanälen: Der guatemaltekische Staat hat kein besonderes Interesse an der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an gesellschaftlichen Prozessen. Die Politik der bisherigen Regierungen war, Jugendliche pauschal unter Verdacht zu stellen, für die ausufernde Gewalt im Land verantwortlich zu sein. Das Jugendstrafrecht wurde in den letzten Jahren deutlich verschärft, und die Repression gegen Kinder und Jugendliche hat immens zugenommen. Von offizieller Seite wird ihnen kaum eine Möglichkeit eingeräumt, ihre Bedürfnisse zu formulieren. Die ausgestrahlten Kinder- und Jugendsendungen sind in der Regel konsumorientierte, von Erwachsenen produzierte US-Formate.

Voluntarios Juveniles hat eine Sendung geschaffen, die von Jugendlichen für Jugendliche gestaltet wird. Sie wird über den Radiosender der Universität und im Internet unter www.voluntariosjuveniles.org ausgestrahlt. "Unsere Verbreitung ist noch nicht sehr groß", räumt Edgar Palencia ein. "Es ist schwierig, unsere Sendung in einem großen, landesweit ausgestrahlten Kanal unterzubringen. Dennoch ist das unser mittelfristiges Ziel." Antonio, der seinen Beitrag inzwischen auf Band hat, ergänzt: "Die Menschen in Guatemala wissen noch viel zu wenig darüber, dass Kinder auch Rechte oder überhaupt eine Meinung haben. Die Radiosendung bietet eine große Chance, es ihnen zu vermitteln."

terre des hommes unterstützt den vom voluntarios Juveniles durchgeführten Kurs mit 2.300 Euro.


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Quelle:
die zeitung, I. Quartal 2008, S. 6
Herausgeber: terre des hommes Deutschland e.V.
Hilfe für Kinder in Not
Ruppenkampstraße 11a, 49084 Osnabrück,
Tel.: 0541/71 01-0, Fax: 05 41/70 72 33
E-Mail: info@tdh.de
Internet: www.tdh.de

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abgegolten.


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Juni 2008