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STANDPUNKT/122: Von Deutschland muss Frieden ausgehen (IPPNW)


IPPNW-Pressemitteilung vom 4. Oktober 2015
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland

Von Deutschland muss Frieden ausgehen

IPPNW-Konferenz "Unser Rezept für Frieden: Prävention", 2.-4. Oktober 2015 


In einer Abschlusserklärung zur IPPNW-Konferenz "Unser Rezept für Frieden: Prävention" mit knapp 200 KonferenzteilnehmerInnen forderte die ärztliche Friedensorganisation von der Bundesregierung, gewaltlosen Konfliktlösungen endlich Vorrang einzuräumen vor militärischer Konfliktbearbeitung. Während für den "Aktionsplan Zivile Krisenprävention" jährlich etwa 35 Millionen Euro im Haushalt eingeplant sind, stehen für den "Verteidigungsetat" rund 35 Milliarden Euro zur Verfügung - mit steigender Tendenz. Militärinterventionen und Waffenlieferungen haben in den vergangenen Jahren nicht zu mehr Frieden beigetragen, sondern millionenfaches Leid angerichtet, Menschenrechte verletzt, Terror gefördert und Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Die ärztliche Friedensorganisation fordert: Von Deutschland muss Frieden ausgehen.

Die Friedenskonferenz in Frankfurt befasste sich mit der Konfrontation zwischen Russland und der NATO, der Kette militärischer Konflikte von Syrien über den Irak und Afghanistan bis hin zum Drohnenkrieg in Pakistan - Konflikte, an denen die NATO und damit auch Deutschland direkt beteiligt sind. Die ReferentInnen zeigten praktische Beispiele für eine auf Prävention angelegte Friedenskultur auf, von der Einrichtung eines Friedensministeriums über die Schaffung eines Mediationszentrums bis hin zur Unterstützung der PolitikerInnen, die sich für Kooperation statt Konfrontation stark machen. Auch psychologische Ansätze können dazu beitragen die "Krankheit Friedlosigkeit" zu heilen und zu einer Überwindung von Gewalt beizutragen. Deshalb ist die Aufarbeitung der Schuld vergangener Gewalt ebenfalls ein wichtiger Baustein der Prävention.

Gabriele Krone-Schmalz, frühere ARD-Korrespondentin in Moskau, referierte im Eröffnungsvortrag über "Deutschlands Verantwortung: Frieden". Sie sieht die Medien in der Pflicht unparteiisch aufzuklären. So sei es an der Zeit, dass sich die Diskussion in der Bevölkerung über die Ukrainekrise gleichwertig in den Medien niederschlage. Claudia Haydt (Informationsstelle Militarisierung) stellte kausale Zusammenhänge der Kette von Kriegen her, und fasste friedensfördernde zivilgesellschaftliche Handlungsoptionen zusammen.

"World at War", so hat die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR ihrem Bericht 2014 über Vertreibung und Flucht benannt. Die dramatische Lage der Menschen aus den Kriegs- und Katastrophenregionen, die in Europa Schutz suchen, skizzierte Günter Burkhard von "Pro Asyl" und formulierte Forderungen an eine wahrhaft humane Politik. Er kritisierte die aktuelle Politik des Innenministers und forderte ein entschiedenes Eintreten für das Menschenrecht auf Asyl.

Eine weitere wesentliche Ursache von Kriegen entspringt den vorherrschenden ökonomischen Strukturen. Friedhelm Hengsbach, Ökonom, Sozialethiker und Jesuit, stellte seinem Vortrag das Diktum von Papst Franziskus voran: "Diese Wirtschaft tötet." Sie erzeuge wachsende soziale Ungleichheit und löse militärische Konflikte aus. Harald Bender von der Akademie Solidarische Ökonomie plädierte für eine Wirtschaft, die sich nicht dem Diktat des fortwährenden Wachstums beugt und stattdessen den expliziten Anspruch hat, sich in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen.

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Abschlusserklärung

"Unser Rezept für Frieden: Prävention"
IPPNW-Konferenz gegen die gewaltsame Spaltung der Welt:
Überwindung der "Krankheit Friedlosigkeit"


Während in Frankfurt der 25. Jahrestag der Wiedervereinigung des deutschen Staates gefeiert wurde, analysierte die deutsche Sektion der ärztlichen Friedensorganisation IPPNW auf der Konferenz "Unser Rezept für Frieden: Prävention" die aktuelle Weltlage. Knapp 200 KonferenzteilnehmerInnen befassten sich mit gefährlichen Spaltungen wie der Konfrontation mit Russland um die NATO-Osterweiterung, der Kette militärischer Konflikte von Syrien über den Irak und Afghanistan bis hin zum Drohnenkrieg in Pakistan - Konflikte, an denen die NATO und damit auch Deutschland direkt beteiligt sind. Militärinterventionen und Waffenlieferungen haben in den vergangenen Jahren nicht zu mehr Frieden beigetragen, sondern millionenfaches Leid angerichtet, Menschenrechte verletzt, Terror gefördert und Millionen Menschen in die Flucht getrieben.

Die TeilnehmerInnen diskutierten praktische Vorschläge für eine auf Prävention angelegte Friedenskultur von der Einrichtung eines Friedensministeriums über die Schaffung eines Mediationszentrums bis hin zur Unterstützung der PolitikerInnen, die sich für Kooperation statt Konfrontation stark machen. Gewaltlosen Konfliktlösungen müsse endlich Vorrang eingeräumt werden vor militärischer Konfliktbearbeitung. Während für den "Aktionsplan Zivile Krisenprävention" jährlich etwa 35 Millionen Euro im Haushalt eingeplant sind, stehen für den "Verteidigungsetat" rund 35 Milliarden Euro zur Verfügung - mit steigender Tendenz. Auch psychologische Ansätze können dazu beitragen die "Krankheit Friedlosigkeit" zu heilen und zu einer Überwindung von Gewalt beizutragen.

Die TeilnehmerInnen der IPPNW-Konferenz fordern: Von Deutschland muss Frieden ausgehen.

Gabriele Krone-Schmalz, frühere ARD-Korrespondentin in Moskau, referierte im Eröffnungsvortrag über "Deutschlands Verantwortung: Frieden". Sie sieht die Medien in der Pflicht unparteiisch aufzuklären. So sei es an der Zeit, dass sich die Diskussion in der Bevölkerung über die Ukrainekrise gleichwertig in den Medien niederschlage. Claudia Haydt (IMI) stellte in ihrem Vortrag kausale Zusammenhänge der Kette von Kriegen her, und fasste friedensfördernde zivilgesellschaftliche Handlungsoptionen zusammen.

"World at War", so hat die UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR ihrem Bericht 2014 über Vertreibung und Flucht benannt. Die dramatische Lage der Menschen aus den Kriegs- und Katastrophenregionen, die in Europa Schutz suchen, skizzierte Günter Burkhard von "Pro Asyl" und formulierte Forderungen an eine wahrhaft humane Politik. Er kritisierte die aktuelle Politik des Innenministers und forderte ein entschiedenes Eintreten für das Menschenrecht auf Asyl.

Über die vom Bürgerkrieg erschütterte Ukraine diskutierten die KonferenzteilnehmerInnen an Hand der Situation von Kriegsdienstverweigerern. Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen habe das Menschenrechtskomitee der Vereinten Nationen im Juli 2013 gegenüber der ukrainischen Regierung eingefordert, so Rudi Friedrich von Connection e.V.Die unmittelbar tödliche Wirkung bewaffnet ausgetragener Interessenkonflikte liegt auf der Hand, auch wenn die Opfer unter der Zivilbevölkerung oft viel zu wenig dokumentiert und publiziert werden. Die indirekten Folgen von Kriegspolitik zeigen sich in der enormen Ressourcenvergeudung, die den wahren Bedürfnissen der Menschen die Mittel entzieht - zum Beispiel in Griechenland, wo nicht zuletzt hierdurch große Teile der Bevölkerung massive, nicht selten tödliche Not erleben. Die Wurzeln der griechischen Schuldenkrise und die Querverbindungen zwischen EU- Krise und dem geplanten Transatlantischen Handelsabkommen, TTIP, erörterten Alexis Passadakis von attac und Dr. Nadja Rakowitz vom Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte.

Spezifisch ärztlich-therapeutische Problemstellungen wurden an mehreren Ansatzpunkten erörtert: die psychologischen Hintergründe von Entscheidungsträgern, soweit diese sich dem offenen Gespräch stellen, lotete die Psychologin Sarah Koch aus, die Vorschläge zum Dialog entwickelt hat. Die durchaus ermutigenden Ergebnisse der von IPPNW mitgetragenen "International Campaign to Abolish Nuclear Weapons" (ICAN) stellte IPPNW-Vorstandsmitglied Inga Blum vor. Den "Humanitarian Pledge" , in dem sich Staaten verpflichten, sich für ein Verbot von Atomwaffen einzusetzen, haben inzwischen 117 Staaten unterzeichnet.

IPPNW-Mitglieder mit enger Verbindung in den Irak schilderten ihre Ausbildungsarbeit mit irakischen Kollegen zur Behandlung kriegstraumatisierter Kinder. Diese originär ärztliche Hilfe hat auch IPPNW-Ehrenvorstandsmitglied Prof. Ulrich Gottstein durch die Organisation von Behandlungsmöglichkeiten in Deutschland seit langem mitorganisiert.

Eine psychologische Quelle neuer Gewalt kann die massenhafte psychische Verletzung wehrloser Menschen bilden, sogar in den nachfolgenden Generationen. Deshalb ist die Aufarbeitung der Schuld vergangener Gewalt ein wichtiger Baustein der Prävention, wie Prof. Angela Moré, Professorin für Sozialpsychologie, vortrug. Auch heute, 70 Jahre nach Ende des bisher schrecklichsten Krieges der Menschheitsgeschichte, bleibt dies gerade in Deutschland ein bedeutendes Thema. Eine weitere wesentliche Ursache von Kriegen entspringt den vorherrschenden ökonomischen Strukturen. Friedhelm Hengsbach, Ökonom, Sozialethiker und Jesuit, stellte seinem Vortrag das Diktum von Papst Franziskus voran: "Diese Wirtschaft tötet." Sie erzeuge wachsende soziale Ungleichheit und löse militärische Konflikte aus. Das Rezept für eine friedliche Ökonomie lieferte Harald Bender von der Akademie Solidarische Ökonomie. Er plädiert für eine Wirtschaft, die sich nicht unter das Diktat des fortwährenden Wachstums stellen will und stattdessen den expliziten Anspruch hat, sich in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen.

Die staatliche Spaltung Deutschlands ist überwunden - aber die kriegerische Gewalt in der Welt ist heute in Europa wieder sehr präsent - mit weltweit mehr Flüchtlingen als während des 2. Weltkrieges.

Unsere ärztliche Friedensorganisation hat Rezepte gegen Krieg und Gewalt und wirbt um die tatkräftige Mitarbeit unserer MitbürgerInnen, um der Kriegslogik eine Friedenslogik entgegen zu setzen.


Die Sammlung von Vorträgen der IPPNW-Friedenskonferenz wird in Kürze verfügbar sein auf der Homepage:
www.kultur-des-friedens.de


Die Abschlusserklärung zur Friedenskonferenz finden Sie als PDF-Datei unter:
www.ippnw.de/commonFiles/pdfs/Frieden/151004_abschlusserklaerung.pdf

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Quelle:
Pressemitteilung vom 4. Oktober 2015
Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges,
Ärzte in sozialer Verantwortung e.V. (IPPNW), Sektion Deutschland
Körtestr. 10, 10967 Berlin
Tel. 030/69 80 74-0, Fax: 030/69 38 166
E-Mail: ippnw@ippnw.de
Internet: www.ippnw.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Oktober 2015

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