Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → MEINUNGEN

APPELL/003: Zum Antikriegstag 2012 - Kriege stoppen, Abrüsten (Bundesausschuss Friedensratschlag)


Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag - 27.8.2012

Kriege stoppen - Abrüsten

Antikriegstag 2012: Im Schatten von Krieg, Rüstung und neonazistischen Umtrieben



  • Hände weg von Syrien und Iran,
  • gegen Waffenexport und Rüstungsproduktion,
  • gegen Neonazi-Umtriebe,
  • gegen den bewaffneten Einsatz der Bundeswehr im Inneren.

Kassel, Berlin, 27. August 2012 - Zu den bevorstehenden Aktivitäten der Friedens- und Gewerkschaftsbewegung zum Antikriegstag (1. September) erklärten die Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag in einer Stellungnahme:

Der Antikriegstag 2012 steht unter keinen guten Vorzeichen: Kriege und Bürgerkriege in der Welt haben nicht abgenommen, bewaffnete Konflikte drohen sich regional auszuweiten, die weltweiten Rüstungsaufwendungen sowie der internationale Waffenhandel befinden sich auf einem Rekordhoch und die rassistischen und neonazistischen Provokationen gehen unvermindert weiter.

Umso erfreulicher, dass in diesem Jahr wieder mehr Veranstaltungen im ganzen Land stattfinden, um des Kriegsbeginns vor 73 Jahren zu gedenken und für Frieden und Abrüstung heute einzutreten. Nach unserer Zählung finden mehr als 180 Veranstaltungen, Demos, Mahnwachen und Kundgebungen in über 150 Orten statt, viele von ihnen in der Regie des DGB und seiner Einzelgewerkschaften, viele auch in Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaften und Friedensbewegung.

Die Schwerpunkte der diesjährigen Veranstaltungen sind der Bürgerkrieg in Syrien, ein drohender Angriffskrieg gegen Iran, die deutschen Rüstungsexporte sowie das skandalöse Urteil der Bundesverfassungsgerichts vom 17 August.

Keine Militärintervention in Syrien
Die Friedensbewegung ist sich einig darin, dass jegliche äußere Militärintervention in Syrien die Spirale der Gewalt weiter eskalieren muss. Statt Wirtschaftskrieg (mittels Sanktionen) und Aufrüstung der Bürgerkriegsparteien setzen wir auf folgende Maßnahmen:

  • Sofortiger Stopp sämtlicher Waffenlieferungen - von welcher Seite auch immer, an welche Seite auch immer;
  • Beendigung der militärischen und logistischen Unterstützung der bewaffneten Opposition;
  • Beendigung und Rückgängigmachung der Sanktionen, die schon längst die Schwelle des Wirtschaftskriegs gegen Syrien überschritten haben;
  • Aufstockung der uneigennützigen humanitären Hilfe (Medizin, Lebensmittel, Behelfsunterkünfte) in der Konfliktregion und großzügige Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen bei uns.

Und was das Wichtigste ist: Es darf keine Militärintervention von außen geben. Sie würde die Region in ein großflächiges Schlachtfeld verwandeln mit unabsehbaren Folgen für die Menschen und Staaten. Schon das Politiker-Gerede über die Opportunität einer Militärintervention ist mit dem Völkerrecht unvereinbar: Nach Artikel 2 der UN-Charta ist jede Androhung oder Anwendung von Gewalt in den zwischenstaatlichen Beziehungen strikt verboten.

Hände weg von Iran
Besorgnis erregend und Thema vieler Veranstaltungen ist auch der Konflikt mit dem Iran. Auch hier muss klar sein: Eine militärische Lösung kann und darf es nicht geben. Ein völkerrechtswidriger Angriff Israels und/oder der USA würde unweigerlich zu einem Flächenbrand führen, in den Libanon, Palästina, der Gaza-Streifen, die Golfstaaten, Irak, die Türkei und Ägypten hinein gezogen würden. Nicht wenige Experten warnen sogar vor einem drohenden globalen Krieg.

Eine politische Lösung des Konflikts ist möglich. Sie sollte folgende Bestandteile haben:

  • Schluss mit den verheerenden Wirtschaftssanktionen, die den Iran in eine verzweifelte soziale Abwärtsspirale bringt;
  • Verbot jeglicher Waffenexporte in die Spannungsregion Naher Osten;
  • ernsthafte Gesprächsangebote an den Iran über Kooperation und gemeinsame Sicherheit;
  • Aufnahme von Verhandlungen zur Einrichtung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen/Mittleren Osten auf der Grundlage des Beschlusses von 189 Mitgliedstaaten des Atomwaffensperrvertrags vom 28. Mai 2010.

Waffenexporte stoppen - Keine Kampfpanzer nach Saudi-Arabien
Deutschland hat sich mit einer bedenkenlosen Exportpolitik an die dritte Stelle der weltgrößten Waffenhändler vorgearbeitet. Weder gereicht das unserem Land zur Ehre, noch ist das ein Beitrag zum Frieden in der Welt. In Saudi-Arabien sind Menschenrechte, insbesondere die Rechte von Frauen, ein Fremdwort, Gewerkschaften, Parteien und jegliche zivilgesellschaftliche Opposition sind verboten. Anlässlich des Antikriegstags wendet sich die Friedensbewegung entschieden gegen die geplanten Panzerdeals mit Saudi-Arabien, Indonesien und Katar.

Die wichtigsten Forderungen bei Aktionen in Kassel, Kiel, Friedrichshafen, München, Düsseldorf, Berlin und Oberndorf (Baden- Württemberg) lauten:

  • Stopp aller Waffenexporte;
  • Keine deutschen Lizenzen zum Bau von Panzern und Kleinwaffen in anderen Ländern;
  • Reduzierung der Rüstungsproduktion und Auflage eines Arbeitsplatz sichernden Konversionsprogramms (zur Umstellung von Rüstung auf zivile Produktion).

Gegen Nazis, Rassismus und Fremdenhass
Es ist unerträglich, dass Alt-und Neonazis den Antikriegstag nutzen wollen, um ihre geschichtsrevisionistische Hass-Ideologie unter die Leute zu bringen. Rechtsradikalen Aufmärschen wie z.B. in Dortmund werden sich Friedensbewegung und antifaschistische Gruppierungen, demokratische Parteien und Organisationen und andere zivilgesellschaftliche Kräfte entgegen stellen. Die Friedensbewegung fühlt sich für immer dem Schwur von Buchenwald verpflichtet, wonach kein Krieg und kein Faschismus mehr sein darf.

Gegen die Militarisierung der Inneren Sicherheit
Eine weitere Lehre aus der deutschen Geschichte besteht darin, dass Polizei und Bundeswehr, Innere und äußere Sicherheit strikt getrennt werden müssen. So sieht es auch das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland vor. Dabei muss es bleiben! Das Bundesverfassungsgericht, das vor wenigen Tagen sein grundsätzliches Ja zum Bundeswehreinsatz im Inneren gegeben hat, hat sich selbst und der Gesellschaft einen denkbar schlechten Dienst erwiesen. Anstatt das Handeln von Exekutive und Legislative auf ihre Verfassungskonformität zu kontrollieren, hat es mit seinem Plenarbeschluss vom 17. August 2012 das Grundgesetz uminterpretiert und verbogen. Was über 60 Jahre demokratischer Konsens war, die Trennung von polizeilichen und militärischen Aufgaben, von Innerer und äußerer Sicherheit, ist mit diesem höchstrichterlichen Spruch aufgehoben.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag hat zum diesjährigen Antikriegstag eine vierseitige Erklärung verabschiedet, die sich an die Friedensbewegung und die Öffentlichkeit richtet. Sie befindet sich im Anhang oder kann hier heruntergeladen werden:
http://www.ag-friedensforschung.de/bewegung/antikriegstag2012.pdf

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski, Kassel
Lühr Henken, Berlin

*

Quelle:
Pressemitteilung vom 27. August 2012
Bundesausschuss Friedensratschlag
Germaniastr. 14, 34119 Kassel
Telefon: (0561) 93717974
E-Mail: strutype@uni-kassel.de
Internet: http://www.ag-friedensforschung.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. August 2012