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MELDUNG/038: 19. Mahnwache in Jagel am 9. September 2017 (Landesverband Hamburg-Schleswig-Holstein)


Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgenerInnen
Landesverband Hamburg-Schleswig-Holstein

19. Mahnwache in Jagel am 9.9.2017


Am Sonnabend, 9.9.2017 fand auf Einladung der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen die 19. Mahnwache mit dem 2. Aktionskonzert gegen die Kriegführung der Bundeswehr am Drohnen- und Tornado-Standort Jagel statt. Die Hauptzufahrt war dadurch über mehrere Stunden blockiert. Die etwa 40 Zuhörer konnten trotz wolkenbruchartig strömendem Regen ein großartiges Konzert des Interkulturellen Musikprojektes Flensburg (IMP-FL) genießen, deren Musiker zum Teil aus den Ländern kommen, wo von Jagel aus Krieg geführt wurde (Balkan) und wird (Afghanistan, Syrien), dazu zwei Griechen und zwei Deutsche. Jeder einzelne Musiker und jede einzelne Musikerin hatte solistische Qualitäten, dies auch mit eigenen Kompositionen, Texten und Arrangements. Im Wechsel waren sie dann die Begleitband für ihre Musikerkollegen. Das Zusammenspiel der unterschiedlichen Instrumente war beeindruckend: ein nordisches Trompetensolo im Wechsel mit griechischer Bouzuki und arabischer Laute, der Oud. Nina und Sandra sangen ein emotional bewegendes Duett. Khalid aus Syrien sang zur Oud ein uraltes syrisches Lied, das die Musikgruppe als ihre Hymne hervorhob. In Syrien gab es bereits städtische Kultur und Schrift, als die Menschen hierzulande primitiv in der Steinzeit lebten. Die Musiker wiesen darauf hin und machen mit ihrem Projekt vor, daß Menschen unterschiedlicher Länder, Religionen und Kulturen gemeinsam musizieren, Spaß haben und in Frieden leben können.


Foto: DFG-VK-Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein

Das Interkulturelle Musikprojekt Flensburg auf der Bühne
Foto: DFG-VK-Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein

Ralf Cüppers (DFG-VK) wies zum Abschluß darauf hin, daß nicht nur die Musik, auch die Friedensbewegung international aufgestellt ist. Zeitgleich demonstrieren die Dänen mit einer Friedensmahnwache bei Christiansborg gegen die Kriegsübung "Aurora", die am Montag (11.9.) beginnt. Die NATO trainiert mit 20.000 Soldaten auf schwedischem Territorium den Aufmarsch für einen eventuellen Krieg gegen Rußland. Die schwedische Regierung konnte keine Zusage geben, daß bei dieser Übung nicht auch Atomwaffen mitgeführt werden. Die schwedischen Friedensorganisationen fordern ihre Regierung auf, "värdslandsaftalet", die vertragliche Grundlage, mit der die NATO auf schwedischem Territorium den Krieg vorbereitet, zu zerreißen. Und in Ramstein wird zeitgleich dagegen demonstriert, daß die Bundesregierung einen Vertrag mit den USA abgeschlossen hat, in Folge dessen seit Jahren die illegalen Drohnen-Tötungen der USA unter Nutzung einer US-Satelliten-Relaisstation in Ramstein erfolgen. In Ramstein wird wie in Jagel gefordert: Keine Beschaffung von Kampfdrohnen für die Bundeswehr!

Die Tornados der Elektronischen Kampfführung und Aufklärung (ECR) sind von Incirlik nach Jagel zurückgekommen, aber noch nicht in Jordanien im Einsatz. Grund dafür sei, daß die jordanische Regierung den deutschen Soldaten keine strafrechtliche Immunität zusagen will, vielmehr verlangt, daß diese die Gesetze ihres Landes einhalten. Und das sieht die Bundesregierung nicht ein. Ralf Cüppers sieht die Forderung nach strafrechtlicher Immunität als Beleg für einen Vorsatz der Soldaten, von Jordanien aus Straftaten begehen zu wollen. Denn will man sich in einem Gastland als gesetzestreuer Bürger aufführen, ist Immunität nicht nötig. Der Streit darum hat immerhin den Vorteil, daß die Tornadopiloten zunächst hierbleiben. Wenn sie aber erneut in den Krieg abfliegen, werden wir spontan weitere Protestaktionen durchführen und darüber unter www.bundeswehrabschaffen.de informieren. Eine weitere Mahnwache ist bereits jetzt für den 14. Oktober 2017, wieder "Drei vor Zwölf" geplant. Im Anschluß daran wird in der Pizzeria Sole Mio in Jagel ein Film Premiere haben, in dem auch Jagel eine Rolle spielt. Mehr wird noch nicht verraten.

Kritisch wertet der Veranstalter das Verhalten der Presse. Während beim 1. Aktionskonzert der "Lebenslaute" nach der gewaltsamen Räumung der am Morgen vorangegangenen Blockade doch mehrere Journalisten örtlicher Tageszeitungen, von Rundfunk, Film und Fernsehteams beim Konzert anwesend waren und anschließend ausführlich berichteten, glänzten sie diesmal durch vollständige Abwesenheit. Diese Blockade war faktisch genehmigt, verlief vollkommen friedlich und die beiden Polizisten verhielten sich dankenswerterweise genauso friedlich wie wir. Das legt den Verdacht nahe, daß die Journalisten Presse, Funk und Fernsehen vorrangig dann an unseren Aktionen interessiert ist, wenn es zu Provokationen und Auseinandersetzungen kommt. Oder waren sie einfach nur wasserscheu und wollten nicht im Regen stehen? Das politische Anliegen war dasselbe und an der Qualität der Musikveranstaltung kann es sicher nicht gelegen haben, denn die wurde von einigen Teilnehmern als noch besser bewertet, als die des qualitativ hochwertigen ersten Aktionskonzertes der "Lebenslaute".

Aber wir können doch nicht nur der Presse zuliebe die Staatsgewalt unnötig provozieren?

Wir fordern deshalb hiermit alle Pressevertreter, die diese Informationen bekommen, auf, ausführlich zu berichten, Fotomaterial liegt in ausreichender Qualität bei. Wir erwarten, daß die Medien die Friedlichkeit und Gewaltlosigkeit unseres Protestes und diesmal auch der Staatsgewalt mit ausführlicher Berichterstattung hinreichend würdigen.

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Quelle:
Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgenerInnen
Landesverband Hamburg-Schleswig-Holstein
DFG-VK-Landesverband Hamburg/Schleswig-Holstein
Exerzierplatz 19, 24103 Kiel
Telefon 0431-9 66 88
E-Mail: hh-sh(at)dfg-vk(Punkt)de
Internet: http://www.hh-sh.dfg-vk.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. September 2017

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