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BERICHT/326: Kriegsgrund Nahrungsmittel - Eindrücke von der Weltausstellung in Mailand (ZivilCourage)


ZivilCourage Nr. 3 - August/September 2015
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK

Kriegsgrund Nahrungsmittel
Eindrücke von der Weltausstellung in Mailand

Von Stephan Möhrle


Die Weltausstellung Expo 2015, die vom 1. Mai bis 31. Oktober in Mailand stattfindet, steht unter dem Motto "Feed the planet" - bei einer prognostizierten Weltbevölkerung von 9 Milliarden Menschen bis 2050 ist das ein anspruchsvolles Ziel, das eine Steigerung von 60 Prozent der Nahrungsmittelerzeugung bedeuten würde.

Da bereits heute ein nennenswerter, wenn nicht gar der Großteil aller bewaffneten Konflikte und Kriege auf der Welt Konflikte um Nahrungsmittel, Wasser und Ressourcen sind, ist die Frage der Versorgungssicherheit auch für uns als Friedensbewegte eine Frage von essenzieller Wichtigkeit.

Die Frage, wie dieser Anstieg im Bereich der Nahrungsmittelerzeugung erreicht werden könnte, wird unterschiedlich beantwortet. Meist stellen Länder Probleme vor, die sie in ihren Regionen haben, und präsentieren ihre Lösungen dafür. So zeichnet sich beispielsweise Oman durch ein Wasserproblem aus, welches mithilfe von dünnen Tüchern, die aus Nebel Wasser durch Kondensation extrahieren, zu lösen sein soll. Der Gedanke ist so einfach wie nach Angaben Omans auch effektiv. Ein Konzept, das sich auf andere Regionen, die an Wasserknappheit leiden, jedoch über ausreichend Wolken bzw. Nebel verfügen, übertragen lässt.

Sehr verständlich stellen auch die westlichen Länder ihre Konzepte zur Bewältigung der Zukunftsprobleme im Bereich der Nachhaltigkeit und Versorgung der Bevölkerung vor. Während Deutschland sich vornehmlich darauf beschränkt, Aufklärungsarbeit zu bereits bestehenden Projekten zu liefern sowie Anleitungen für Kleingärten und Rezepte zu leisten, schlagen die Amerikaner die genetische Behandlung von Pflanzen und Tieren vor, um diese widerstandsfähiger und ertragsreicher zu machen.

In anderen Ländern wird der Ersatz von fossilen Brennstoffen auch im Bereich der Plastikerzeugung durch Bioplastik thematisiert. Einen besonders bemerkenswerten Pavillon haben unsere südlichen Nachbarn, die Schweizer. Ihr Pavillon besteht aus vier Türmen, die mit Kaffee, Salz, Apfelringen, und Wasser gefüllt ist. Jedem Besucher wird freigestellt, sich eine beliebige Menge jedes Produktes mitzunehmen, gleichzeitig wird ihm jedoch auch gesagt, dass der Turm nicht nachbefüllt werde; das bedeute: Wenn alle wegnehmen, dann ist der Bestand eben irgendwann auf null. So kam es zum Teil dazu, dass europäische Wohlstandsfamilien eine halbe Stunde anstanden ... und mit leeren Händen den Pavillon der Schweizer verlassen mussten, weil alle Waren bereits aufgebraucht waren. Ein emotionaler Augenblick, der einigen erstmals vor Augen führte, was die Endlichkeit unserer Ressourcen bedeutet.

Auch sonst streng religiöse Diktaturen geben sich anlässlich der Mailänder Weltausstellung einen liberalen Anstrich: Während der Mailänder Dom nur mit einem Rock, der übers Knie reicht, betreten werden darf, konnten Frauen auch ohne Kopftuch den Pavillon der Vereinigten Arabischen Emirate besuchen. Andere autokratisch regierte Länder nutzten die Expo jedoch offenkundig zur Schaffung weiterer Handelskontakte nach Zentraleuropa. So war der Informationsgehalt zum aufgeworfenen Thema beispielsweise im Pavillon Indonesiens oder Turkmenistan verschwindend gering, beide Länder präsentierten sich eher als zukunftsgewandte und an Sicherheit und Wohlstand interessierte Länder, in welchen europäische Investoren ein Geschäft machen könnten.

In einem Teilbereich könnte sich noch eine Annäherung ergeben: Saudi-Arabien will in Zukunft verstärkt auf Drohnen setzen, wenn es um humanitäre Hilfe und die Versorgung von weit entlegenen Regionen mit Internet und Telefonempfang geht. Die USA möchte bei der Landvermessung, der Wachstumskontrolle, und der Bekämpfung von Schädlingen ebenfalls auf Drohnentechnologie zurückgreifen.


Stephan Möhrle ist Mitglied im baden-württembergischen DFG-VK-LandessprecherInnenkreis und vertritt seinen Landesverband im Bundesausschuss.

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Quelle:
ZivilCourage Nr. 3 - August/September 2015, S. 15
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK
Herausgeberin: Deutsche Friedensgesellschaft -
Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG-VK)
Werastraße 10, 70182 Stuttgart
Redaktion: ZivilCourage, Werastraße 10, 70182 Stuttgart
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Internet: www.zc-online.de
 
Erscheinungsweise: zweimonatlich, sechs Mal jährlich
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Einzelheft: 2,30 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. August 2015

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