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BERICHT/311: Drohnen - "fliegende Augen" und Datenschutz (ZivilCourage)


ZivilCourage Nr. 2 - Juni/Juli 2014
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK

Drohnen - "fliegende Augen" und Datenschutz
Rechtliche Aspekte zur Verwendung "unbemannter Luftfahrzeuge"

Von Stephan Möhrle



In Deutschland wurde ein Gesetz geschaffen, um den Umgang mit zivilen Drohnen zu regeln, aber tatsächlich ist der Regelungsgehalt des Gesetzes denkbar gering. Eine Debatte über die datenschutzrechtlichen Bedenken gegen die durchaus als Überwachungsgeräte einsetzbaren Micro-Air-Vehicles (MAV) gab es gleich gar nicht.

Beginnen wir jedoch etwas früher: Im Kosovokrieg 1998/99 setzte die Bundeswehr erstmals unbemannte Luftaufklärungsdrohnen - damals die CL-289 - ein. Seither sind unbemannte Luftfahrzeuge ein Thema von wachsendem Interesse. Seit 2004 ist bekannt, dass die Schweizer Armee bei Trainingsflügen mit Aufklärungsdrohnen - in diesem Fall mit dem Aufklärungsdrohnensystem 95, kurz ADS-95, ein vom Konzern Ruag in der Schweiz in Kooperation mit Israel Aircraft Industries gefertigtes Aufklärungssystem - zufällig ausgewählte Privatautos und Zivilpersonen filmte, wie eine Fragstunde im Schweizer Parlament auf Anfrage der Abgeordneten Boris Banga und Hans Widmer zu Tage förderte. In der Schweiz schloss sich, anders als in Deutschland, an diese Erkenntnis eine öffentliche Diskussion über die zentralen Fragen des Datenschutzes an. Einer breiten Öffentlichkeit ist das Problem der unbemannten, aber bewaffneten Luftfahrzeuge spätestens seit den "gezielten Tötungen" der US-amerikanischen Streitkräfte im "Krieg gegen den Terror" bekannt.

Während sich bei der Kriegsführung mit Drohnen eine rechtlich durchaus diffizile Fragestellung ergibt, die nicht ohne Weiteres seitens einzelner Nationalstaaten gelöst werden kann, könnte bei den Fragen, die sich mit der Nutzung von Drohnen durch nationale Sicherheitsbehörden und von Privaten beschäftigt, zumindest im Rahmen von innerstaatlichem Recht eine Reglementierung stattfinden.

In Niedersachsen und Sachsen nutzt die Polizei bereits Drohnen zur polizeilichen Aufklärung. An den Universitäten Siegen, Paderborn und Dortmund gibt es das "AirShield-Programm", das mit Gasmessgeräten ausgestattet ist und bei Katastrophen von Feuerwehren oder dem Technischen Hilfswerk eingesetzt werden soll. Amazon hat angekündigt, dass es unter "der Bezeichnung "PrimeAir" die Auslieferung von Bestellungen mit Drohnen bereits für das Geschäftsjahr 2014 plant. Fast zeitgleich hat die Deutsche Post AG ebenfalls den Einsatz von "Paketkoptern für besonders eilige Sendungen angekündigt.

Die Schlagkraft der Truppe"

In Deutschland wird die Nutzung von Drohnen seit der Neuordnung in der Luftverkehrsordnung (LuftVO) und dem Luftverkehrsgesetz (LuftVG) geregelt. Dieses bestimmt, dass unbemannte Luftsportsysteme unter fünf Kilogramm, die zur reinen Freizeitnutzung betrieben werden, keine Aufstiegsgenehmigung brauchen. Allerdings können diese zum Teil sehr leistungsfähigen Geräte mit Kameras ausgestattet werden und so zu "fliegenden Augen" werden.

Da Drohnen immer preiswerter werden und zunehmend einfacher zu bedienen sind, stellt sich die Frage nach dem besonderen Schutzbedürfnis des Einzelnen gegen dadurch möglich werdende Eingriffe in den höchst persönlichen Lebensbereich. Leider hat es der Gesetzgeber versäumt, diese Eingriffe separat zu sanktionieren. So bleibt bei den sich aufzwingenden Fragen zu Überwachungs- und Fotodrohnen im privaten Bereich nur, auf die bereits bestehenden zivil- und strafrechtlichen Grundlagen zu verweisen, wie sie für Fotoaufnahmen gelten, und diese entsprechend anzuwenden. Grundsätzlich sind bei Fotoaufnahmen mit Drohnen die Urheberrechte eines Architekten an seinen Bauwerken zu beachten. In diese Rechte wird durch eine Ablichtung auch aus der Bordkamera einer privaten Drohne eingegriffen. Soweit diese Bilder aber nur im rein privaten Umfeld verwendet werden, ist dies rechtlich unbedenklich.

Anders sieht die Rechtslage allerdings aus, wenn die Bilder im Internet oder an anderer Stelle öffentlich zugänglich gemacht werden. Im Normalfall gilt zwar bei Aufnahmen von Gebäuden die Panoramafreiheit. Demnach darf ein Foto eines an einer öffentlichen Straße oder einem öffentlichen Platz stehenden Bauwerks verbreitet werden, wenn es sich auf die Ansicht beschränkt, die von der Straße oder dem Platz aus zu sehen ist. Anders sieht das mit der Veröffentlichung der Rückseite und des Innenhofes aus. 2003 hat der Bundesgerichtshof die Panoramafreiheit für Luftaufnahmen in seinem Hundertwasser-Haus-Urteil präzisiert.

Besondere Aufnahmebeschränkungen schafft natürlich der § 109g Strafgesetzbuch, welcher das Fotografieren von militärisch relevanten Bereichen und Geräten verbietet, wenn dadurch "wissentlich die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder die Schlagkraft der Truppe gefährdet" wird.

Auch die Abbildung der sich sonnenden Nachbarin ist bereits durch den "Paparazzi-Paragrafen" 201a des Strafgesetzbuchs geregelt. Dieser untersagt Aufnahmen aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich einer Person. Hier genügt bereits allein die Herstellung der Bilder. Die Intimsphäre verletzt in diesem Fall derjenige, der Bilder einer anderen Person aufnimmt, die sich in der Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet. Im Übrigen steht nicht nur die Herstellung unter Strafe. Wer Bilder zwar mit Einverständnis des Abgebildeten aufnimmt, diese aber ohne oder gegen dessen Wissen an Dritte weitergibt, macht sich ebenso strafbar. In beiden Fällen muss mit einer Geldstrafe bis hin zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr gerechnet werden.


Stephan Möhrle ist Mitglied im Sprecherkreis des DFG-VK-Landesverbands Baden-Württemberg und studiert Jura an der Johannes-Kepler-Universität Linz.

Das Engagement gegen (Kampf-)Drohnen war Titelthema in der ZivilCourage 2/2013; sie ist im Internet abrufbar unter
www.dfg-vk.de/dateien/ZC-2013-02-WEB.PDF

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Quelle:
ZivilCourage Nr. 2 - Juni/Juli 2014, S. 18
Das Magazin für Pazifismus und Antimilitarismus der DFG-VK
Herausgeberin: Deutsche Friedensgesellschaft -
Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen e.V. (DFG-VK)
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. September 2014