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BERICHT/202: Das Recht auf Nahrung und die globale Herausforderung des Klimawandels (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 3/2009
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Das Recht auf Nahrung und die globale Herausforderung des Klimawandels

Von Theresa Schulz


Die Tatsache, dass die bereits heute zu beobachtenden Klimaänderungen auf menschliches Handeln zurückzuführen sind, gehört spätestens seit dem internationalen Erfolg von Al Gores Filmdebüt Eine unbequeme Wahrheit (2006) zum politischen common sense. Bislang konzentrierte sich die öffentliche Diskussion um den Klimawandel hauptsächlich auf natur- und wirtschaftswissenschaftliche Ansätze, menschenrechtliche Aspekte blieben dagegen außen vor. Aufgrund des zunehmenden Sichtbarwerdens der menschlichen Kosten des Klimawandels gewinnt das Einbringen menschenrechtlicher Kriterien in die nationale und internationale Klimapolitik zunehmend an Relevanz.



Verstärkung bestehender Probleme

Für das 21. Jahrhundert wird von den Klimawissenschaftlern (IPCC 2007) eine Erhöhung der globalen Lufttemperatur von 1,8 bis 4°C relativ zum vorindustriellen Niveau vorhergesagt. Damit einhergehend werden für den gleichen Zeitraum ein Anstieg des Meeresspiegels um bis zu einem Meter, die Zunahme und Intensität von Extremwetterereignissen (Dürren, Überschwemmungen, Wirbelstürme), eine steigende Varianz von Niederschlägen sowie insgesamt größere Schwankungen in den Wettermustern prognostiziert. Diese Klimaänderungen haben unmittelbare Auswirkungen auf die Wahrnehmung des Rechts auf Nahrung vieler Menschen. Die reduzierten Niederschläge und die Temperaturerhöhungen werden gerade in Ländern mit einer überwiegend regenbewässerten Landwirtschaft die Anbauzeiträume weiter verkürzen und in einigen Regionen die Landwirtschaft nahezu unmöglich machen. Die Häufung von Dürren, Unwettern und Wirbelstürmen wird darüber hinaus die Versorgungsengpässe mit Grundnahrungsmitteln auf vielen regionalen Märkten Afrikas, Asiens und Lateinamerikas weiter verstärken. Des Weiteren bringt der Anstieg des Meeresspiegels für viele kleine Inseln und tiefer liegende Küstenregionen ein erhöhtes Risiko von Überschwemmungen mit sich. Durch das Eindringen von Salzwasser werden Ackerböden unfruchtbar und Trinkwasserquellen unnutzbar. Die erhöhten Temperaturen verursachen zudem ein Abschmelzen der Gletscher, die für viele Menschen eine unverzichtbare Trinkwasserquelle darstellen.


Berstärkung bestehender Verwundbarkeiten

In regionaler Hinsicht sind es vor allem die Arktis, Afrika, kleine Inseln sowie die asiatischen Großdeltas, die am stärksten vom Klimawandel betroffenen sind. Neben der unterschiedlichen Intensität der regionalen Klimaänderungen ist die individuelle Verwundbarkeit der Menschen gegenüber dem Klimawandel zudem von den physischen, sozialen, ökonomischen und technologischen Ressourcen abhängig, über die die Menschen in den besonders betroffenen Regionen verfügen, um sich an die veränderten Bedingungen anzupassen. Folglich sind es vor allem marginalisierte Bevölkerungsgruppen, die gegenwärtig bereits unter Hunger und Armut leiden - Frauen, Kleinbauern, landlose Tagelöhner und Nomaden -, die besonders verwundbar gegenüber den Klimaänderungen sind.


Menschenrechtliche Staatenpflichten für die Klimapolitik

Aufgrund des Wissens der Staaten über die menschlichen Ursachen und die nachweislich negativen Auswirkungen des Klimawandels auf den weltweiten Menschenrechtsschutz sind die Staaten menschenrechtlich verpflichtet, einzeln sowie durch internationale Hilfe und Zusammenarbeit unter Ausschöpfung all ihrer Möglichkeiten wirksame Maßnahmen zur Emissionsminderung sowie zur Anpassung der verwundbaren Menschen an den Klimawandel zu ergreifen. Die Industriestaaten müssen aufgrund der ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen bei der Reduktion ihrer Treibhausgasemissionen voranschreiten, so dass ärmere Länder für ihre eigene wirtschaftliche Entwicklung zusätzliche Emissionen freisetzen können. Gleichzeitig sind die Industriestaaten menschenrechtlich aufgefordert, ausreichend finanzielle und technische Unterstützung bereitzustellen, um die Rechte der besonders verwundbaren Menschen vor den unvermeidbaren Klimaänderungen zu schützen. Schließlich definieren die Menschenrechte verbindliche Kriterien, die von den ergriffenen Klimaschutzmaßnahmen eingehalten werden müssen.


Theresa Schulz ist Mitglied im AK-Klima und Mitautorin des FIAN-Dossiers Menschenrechte im Klimawandel.


Die Auswirkungen des Klimawandels haben Einfluss auf die Menschenrechtsarbeit von FIAN

Seit Juli 2009 gibt es einen ehrenamtlichen Arbeitskreis zum Thema Klimawandel und Menschenrechte, der für alle Mitglieder offen ist. Interessierte melden sich bitte bei
Wolfgang Sterk
wolfgang.sterk@web.de.


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 3/2009, November 2009, S. 12
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Februar 2010