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BERICHT/167: Konferenz biologische Vielfalt ohne greifbare Ergebnisse (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 2/2008
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Magere Resultate
Konferenz biologische Vielfalt ohne greifbare Ergebnisse

Von Michael Frein


Naturschutz, so Sigmar Gabriel, sei mehr als nur ein niedliches Blümchenschützerthema. Die Konferenz der Vertragsstaaten der Konvention über die biologische Vielfalt (CBD), die vom 19. bis 30. Mai 2008 in Bonn stattfand, bestätigte den Bundesumweltminister eindrucksvoll. Allenthalben ging es um ökonomische Interessen, mitunter konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die biologische Vielfalt hierfür nur wenig mehr als den Rahmen abgab.


Kaum ein Thema könnte dies besser belegen als der Streit um Agrosprit. Die Position Brasiliens war in dieser Debatte nicht etwa von der Sorge um die geschundene Natur geprägt, sondern von den Exportinteressen der heimischen Landwirtschaft, Also blockierte die brasilianische Delegation alles, was irgendwie nur nach Handelsbarriere hätte aussehen können. Auch der Teller-Tank-Konflikt spielte keine entscheidende Rolle. So kann es nicht weiter verwundern, dass die von der NRO-Mehrheit vorgebrachte Forderung nach einem Moratorium keine Chance hatte. Stattdessen wird wachsweich festgestellt, dass Anbau und Nutzung von Agrosprit nachhaltig erfolgen sollte - und dass das Thema im Rahmen der CBD weiter behandelt wird.


Kaum handfeste Vereinbarungen

Auch im Bereich des illegalen Holzeinschlags kam die Konferenz praktisch nicht von der Stelle. Ein Verbot des Handels mit illegal geschlagenem Holz scheiterte an den ökonomischen Interessen der Exportländer. Mit Blick auf den Waldschutz insgesamt wie auch auf das globale Netz von Schutzgebieten fällt das Ergebnis kaum besser aus. Handfeste Vereinbarungen brachten die Delegierten in Bonn nicht zustande. Lediglich die von der Bundesregierung zugesagten neuen und zusätzlichen Finanzmittel (500 Millionen Euro von 2009 bis 2012, danach 500 Millionen jährlich) konnten das ansonsten düstere Bild etwas aufhellen. Allerdings suchte lediglich Norwegen dem deutschen Vorbild nachzueifern, die übrigen Vertragsstaaten hielten sich bei dieser Frage vornehm zurück.

Angesichts des weitgehenden Mangels an greifbaren Ergebnissen fällt die Vereinbarung über Kriterien zu Meeresschutzgebieten fast ein wenig aus dem Rahmen. Immerhin bedeutet dies der erste Schritt zur Einrichtung von Schutzgebieten auf hoher See.

Der zweite, von der Bundesregierung in der Öffentlichkeit herausgestellte Konferenzerfolg entpuppt sich bei näherer Prüfung als wenig greifbar. Denn auch im Kampf gegen Biopiraterie obsiegten letztlich die ökonomischen Interessen, in diesem Falle die der Industrieländer. Von einem Durchbruch, wie ihn der Bundesumweltminister publikumswirksam zu Beginn des Ministersegments verkündete, kann jedenfalls keine Rede sein.

Was tatsächlich beschlossen wurde, ist ein Fahrplan für die weiteren Verhandlungen von Bonn bis Nagoya/Japan, dem Ort der nächsten Vertragsstaatenkonferenz im Oktober 2010. In diesem Bonner Mandat wird festgehalten, welche Themen wann verhandelt werden sollen. Die Konfliktpunkte selbst, wie etwa das Patentrecht oder die Rechte indigener Völker, kamen in Bonn gar nicht erst auf den Verhandlungstisch - zu lange hatte es gedauert, bis sich die Delegierten auf den weiteren Prozess einigen konnten.

Dass dies gelang, ist immerhin auf der Haben-Seite zu notieren. Auch ist anzuerkennen, dass dieser Fahrplan gegen erheblichen Widerstand Japans und vor allem Kanadas zustande kam. Von einem Durchbruch zu reden, ist dennoch unangemessen. Das Ziel, das internationale Regime 2010 zu verabschieden, wurde bereits bei der letzten Vertragsstaatenkonferenz in Curitiba/Brasilien vereinbart und in Bonn lediglich bestätigt. Und die völkerrechtliche Verbindlichkeit ist im Abschlussdokument keineswegs wasserdicht vereinbart, vielmehr wurde auch diese Frage letztlich vertagt - wie schon bei der Vereinbarung des Verhandlungsmandats bei der vorletzten Vertragsstaatenkonferenz 2004 in Kuala Lumpur, Malaysia.


Einsicht mehr als notwendig

Fazit: Durchbrüche sind nicht zu verzeichnen, wenige Fortschritte können über ansonsten kaum greifbare Ergebnisse nicht hinwegtäuschen. Möglicherweise stellt dies, wie die Bundesregierung beteuert, das Maximum dessen war, was herauszuholen war. Es wäre auch verfehlt, die mageren Resultate den deutschen Gastgebern anzulasten. Angesichts der gewaltigen Herausforderungen kommt man jedoch nicht umhin festzustellen, dass das Ergebnis den Erfordernissen in keiner Weise gerecht wird. Dies muss sich bei der nächsten Vertragsstaatenkonferenz in Nagoya 2010 grundlegend ändern. Bis dahin muss die Einsicht durchgesickert sein, dass die Erhaltung der biologischen Vielfalt nicht zum Nulltarif zu haben ist. Die Bäume abholzen und gleichzeitig den Wald schützen, das wird nicht gehen.


Der Autor ist Referent für Welthandel und internationale Umweltpolitik beim Evangelischen Entwicklungsdienst (EED).


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 2/2008, S. 14
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Briedeler Straße 13, 50969 Köln
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Dezember 2008