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BERICHT/133: Blühende Geschäfte auf dem Rücken der Kinder (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 1/2007
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Blühende Geschäfte auf dem Rücken der Kinder

Von Verena Albert


In seiner neuesten Broschüre 'Blühende Zukunft?' zeigt FIAN die Verletzung von Kinderrechten durch die Blumenproduktion auf. Anlass dazu gaben Studien der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu Kinderarbeit auf Blumenplantagen in Lateinamerika und Afrika sowie aktuelle Berichte aus Blumen produzierenden Ländern des Südens.


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Etwa 65 Prozent der Schnittblumen, die jährlich (aus Nicht-EU-Ländern) nach Deutschland importiert werden, kommen aus Afrika und Lateinamerika. Kolumbien, Ecuador, Kenia, Tansania und Zimbabwe gehören aufgrund ihrer günstigen klimatischen Voraussetzungen seit geraumer Zeit zu den Hauptproduzenten von Schnittblumen. Niedrige Lohnkosten und eine geringe Regulierung der Unternehmenstätigkeiten haben zu einer stetig ansteigenden Produktionsverlagerung von Schnittblumen in die Länder um den Äquator geführt.


Kleine Hände schuften für den großen Gewinn

Kinderarbeit steht - insbesondere in Lateinamerika - nach wie vor auf der Tagesordnung vieler Blumenfarmen. Die ILO schätzte im Jahr 2002, dass durchschnittlich 20 Prozent der BlumenarbeiterInnen Kolumbiens und Ecuadors minderjährig sind. Kinder, die zum Teil nicht älter als sieben Jahre sind, müssen oftmals ebenso anstrengende und gefährliche Arbeiten verrichten wie Erwachsene: Der Bau von Treibhäusern, die Desinfektion der Pflanzen und die Bearbeitung sowie Pflege der Böden mit hochgiftigen Chemikalien haben zum Teil verheerende Auswirkungen auf die physische und psychische Entwicklung der Kinder.

Aber auch indirekt leiden Kinder unter den Arbeitsbedingungen, die auf vielen Blumenfarmen vorherrschen: um im steigenden Konkurrenzkampf bestehen zu können, erhöhen die Farmen das Arbeitspensum für die BlumenarbeiterInnen stetig. Wer das tägliche vorgegebene Pensum nicht schafft, muss unbezahlte Überstunden oder Lohnkürzungen in Kauf nehmen. Die Folge: viele der ArbeiterInnen arbeiten täglich 12 bis 14 Stunden an sechs Tagen der Woche. Aufgrund fehlender Kinderbetreuung auf den Blumenplantagen bleibt insbesondere allein erziehenden Müttern oft nur die Möglichkeit, ihre Kinder alleine zu Hause zurückzulassen.

Unterernährung, unzureichende gesundheitliche Versorgung sowie ein Mangel an persönlicher Zuwendung sind häufige Konsequenzen, welche die soziale Entwicklung der Kinder stark beeinträchtigen. Ein unregelmäßiger oder nicht stattfindender Schulbesuch führt dazu, dass sich der Teufelskreis schließt: Kinder ohne ausreichende Schulbildung werden später kaum eine qualifizierte Arbeit finden, mit der sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können.


Kinderrechte - leere Versprechungen?

Kinder haben Rechte - viele Rechte. So steht es zumindest im internationalen Sozial- und Zivilpakt, in der Kinderrechtskonvention und in den ILO-Konventionen. Diese Abkommen beinhalten unter anderem das Recht auf Nahrung, Gesundheit und auf Bildung. Sie enthalten Versorgungs- und Schutzrechte, kulturelle Rechte und das Recht auf Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung. Ecuador und Kolumbien haben alle hier aufgeführten Rechtsabkommen ratifiziert.

Durch die oben beschriebenen Arbeitsbedingungen in der Blumenproduktion werden allerdings eine Vielzahl dieser Kinderrechte - direkt wie indirekt - verletzt. Ein fehlendes individuelles Klagerecht, eine unzulängliche Kontrolle der Einhaltung nationaler Gesetze sowie Defizite in der staatlichen Justiz führen dazu, dass Kinderrechte durch die Blumenproduktion nach wie vor verletzt werden.


FLP-Blumen garantieren Schutz

Blumenfarmen, die mit einem FLP-Siegel ausgezeichnet werden, müssen sich strikt an einen Verhaltenskodex halten, der seinerseits auf den internationalen Menschenrechtspakten, den Konventionen der ILO sowie international gültigen Umweltstandards basiert. Unabhängige Kontrollen auf den Blumenfarmen garantieren eine zuverlässige Einhaltung des Verhaltenkodex'.

Ausbeuterische Kinderarbeit ist auf FLP-zertifizierten Farmen untersagt. Kinder unter 15 Jahren dürfen überhaupt nicht auf den Farmen arbeiten. Die maximale Regelarbeitszeit für alle ArbeiterInnen beträgt 48 Stunden pro Woche. Diese Regelungen sowie die Zahlung Existenz sichernder Löhne gestatten es den BlumenarbeiterInnen, wesentlich mehr Zeit für die persönliche Betreuung ihrer Kinder zu haben und nicht weiterhin auf einen Zuverdienst durch Kinderarbeit angewiesen zu sein.

Die Autorin ist Mitverfasserin der Broschüre 'Blühende Zukunft?'.

Blühende Zukunft?
Verletzung von Kinderrechten durch die Blumenindustrie

Farbig gestaltet Broschüre mit einem Überblick über
Kinderrecht, ausbeuterische Kinderarbeit in der
Blumenindustrie, positiven Beispielen und
Alternativen. DIN A 5, 20 Seiten, Dezember 2006,
Bestellnummer d23, 3,- Euro


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Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 1/2007, März 2007, S. 16
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Düppelstraße 9-11, 50679 Köln
Tel. 0221/702 00 72, Fax 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de

Erscheinungsweise: drei Ausgaben/Jahr
Einzelpreis: 4,50 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juli 2007