Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → FIAN

BERICHT/130: Weltbank... Menschenrechte - Maßstab nur für andere? (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 1/2007
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

Menschenrechte: Maßstab nur für andere?
Menschenrechtliche Verpflichtungen der Weltbank

Markus Janzen


Zwangsvertreibungen für Staudämme oder Straßenbau sind nur ein Beispiel für Menschenrechtsverletzungen bei Weltbankprojekten. Hauptverantwortlich sind die nationalen Regierungen oder mächtige Unternehmen. Doch möglich werden solche Projekte oft nur mit der Unterstützung der Weltbank. Die Weltbank lehnt jedoch weiter jede Mitverantwortung bei Menschenrechtsverletzungen ab.


*


Die Weltbank verfügt über ein ökonomisch ausgerichtetes Mandat. Um die politische Souveränität der Partnerländer zu schützen, legen die Gründungsverträge fest, dass die Weltbank bei ihren Entscheidungen ausschließlich wirtschaftliche Erwägungen heran ziehen darf. Dies legt nahe, dass die Verantwortung für die Achtung, den Schutz und die Gewährleistung der Menschenrechte im Zusammenhang mit von der Weltbank geförderten Projekten ausschließlich in den Händen des Staates liegt.


Kein Freibrief für die Weltbank

Diese Haltung der Bank, mit der sie jede Verantwortung von sich weist, wird seit Jahren von der Zivilgesellschaft kritisiert. So sind die Geschädigten grundsätzlich als InhaberInnen von unveräußerlichen Rechten anzusehen. Wenn der Staat, in dem sie leben, nicht in der Lage oder nicht willens ist, die grundlegenden Rechte seiner EinwohnerInnen zu schützen, darf dies für die Weltbank kein Freibrief sein, die offensichtlichen Menschenrechtsverletzungen hinzunehmen oder sogar zu unterstützen. Darüber hinaus haben die große Mehrheit der Mitgliedsstaaten der Bank die zentralen Menschenrechtsabkommen ratifiziert. Die darin zugesicherten Menschenrechte verpflichten die Unterzeichnerstaaten nicht nur gegenüber ihren BürgerInnen, sondern auch gegenüber Menschen, die sich außerhalb ihrer Staatsgrenzen aufhalten (extraterritoriale Staatenpflichten). Die in die Bank entsandten EntscheidungsträgerInnen haben die Einhaltung dieser Abkommen zu respektieren und folglich die Pflicht, menschenrechtsverletzenden Projekten ihre Zustimmung zu verweigern. Auch müssen sie sicherstellen, dass die Weltbank nicht mit ihrer Politik dazu beträgt, dass menschenrechtsfördernde Maßnahmen - wie zum Beispiel umverteilende Agrarreformen - international und auf nationalen Ebene, nicht mehr gefördert werden.


Es rührt sich was in der Weltbank

Im Januar 2006 hat ein internes Rechtsgutachten die strenge Auslegung des Mandates der Weltbank gelockert: Das Rechtsgutachten verweist auf die verschobene Balance zwischen der Souveränität der Staaten und dem internationalen Schutz von Menschenrechten. Diese verschobene Balance zugunsten des Menschenrechtsschutzes rechtfertigt den Eingriff in interne politische Angelegenheiten. Die Weltbank darf Menschenrechte immer dann in Erwägung ziehen, wenn diese von ökonomischer Bedeutung sind. Zudem ist der Weltbank erlaubt, die Partnerländer bei der Umsetzung ihrer menschenrechtlichen Verpflichtungen zu unterstützen. Es wurde auch bekräftigt, dass es nicht Aufgabe der Weltbank ist, für die Durchsetzung von Menschenrechten in den Ländern zu sorgen, da dies Aufgabe des internationalen Menschenrechtssystems ist.


Betroffene fordern Wiedergutmachung

Hat die Weltbank damit die Forderungen, für die Konsequenzen ihrer Politik auch die Verantwortung zu tragen, erfüllt? Das Rechtsgutachten hat Türen geöffnet, um Menschenrechte auch Weltbank-intern zu thematisieren. Es hat jedoch nichts daran geändert, dass die Weltbank auch in Zukunft keine Verantwortung für ihre Beteiligung an Menschenrechtsverletzungen übernehmen will. So verweist die Weltbank weiterhin bei allen Forderungen nach Entschädigung auf das Rechtssystem der Partnerländer, unabhängig davon, ob die Geschädigten dort Aussicht auf eine faire Behandlung ihres Falles und angemessene Entschädigung haben. Die Betroffenen können zwar beim Inspection Panel der Weltbank Beschwerde einreichen. Wie FIAN im Fall der Förderung des Kohleabbaus in Indien nachgewiesen hat, werden die Empfehlungen des Inspection Panel jedoch vom Weltbankmanagement nur selten umgesetzt. Auch haben die Betroffenen nicht das Recht, Wiedergutmachung von der Weltbank einzufordern. Dies bleibt somit eine zentrale Forderung.

Der Autor absolviert zurzeit ein Praktikum bei FIAN-Deutschland


*


Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 1/2007, März 2007, S. 8
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Düppelstraße 9-11, 50679 Köln
Tel. 0221/702 00 72, Fax 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de

Erscheinungsweise: drei Ausgaben/Jahr
Einzelpreis: 4,50 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Juli 2007