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AKTION/110: Paraguay - Kein Erfolg bei Landzuweisung an Kleinbauern (FoodFirst)


FoodFirst Nr. 1/2008
FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte

FIAN-Eilaktion 0801APGY von Januar 2008 - Südamerika

Paraguay: Kein Erfolg bei Landzuweisung an Kleinbauern der Gemeinschaft Comisión Vecinal 'Tetaguá Guaraní' im Bezirk Alta Paraná


Die landlose Kleinbauerngemeinschaft Comisión Vecinal "Tetaguá Guaraní" lebt im Distrikt Iruña y Naranjal im Bezirk Alto Paraná. Die Gemeinschaft ist Mitglied der Organisation Fight for Land (OLT) und besteht aus 1.200 Familien. Seit August 2003 verhandelt sie mit dem Nationalen Institut für Landentwicklung und Land (INDERT) und fordert 12.000 Hektar Land, die sich im Besitz der Firma AGROPECO S.A. befinden. Auf diesem Land möchte sie eine Landkolonie errichten, in der die Familien sich niederlassen können. Die Gemeinschaft fordert die Landenteignung, da AGROPECO seine sozialen Verpflichtungen vernachlässigt hat und weil es sich bei diesem Land höchstwahrscheinlich um illegal übernommenes staatliches Eigentum handelt.

Um die zuständigen Behörden auf ihre Landforderung aufmerksam zu machen, besetzten die Kleinbauern am 23. Juni 2004 das Land. Sie wurden mehrmals gewaltsam von bewaffneten Polizeibeamten und privaten Sicherheitsfirmen, die für AGROPECO arbeiten, vertrieben. Dabei wurde das Getreide, das die Familien zur Selbstversorgung angebaut hatten, vernichtet. Ihre Häuser, Vorräte, Verpflegung, Betten, Matratzen und Bekleidung wurden verbrannt und die Brunnen mit Abfall und Gift verunreinigt. Mehrere Personen wurden geschlagen. Diese Personen leiden noch heute darunter.

Bei der Vertreibung im November 2004 verhaftete die Polizei 14 Personen, darunter zwei Frauen (eine allein erziehende Mutter mit 7 Kindern und eine Mutter von drei Kindern). Derzeit campieren einige Mitglieder der Gemeinschaft am Straßenrand in der Nähe des Landes. In diesem Camp befinden sich durchschnittlich ca. 60 sich abwechselnde Personen. Die übrigen Mitglieder der Gemeinschaft arbeiten, um ihre Familien zu ernähren und um die Personen im Camp zu unterstützen. Eine weitere Gruppe aus 30 Familien besetzte vor einem Jahr das INDERT Gelände in Asunción, um ihr Land einzufordern. Nach Verhandlungen mit dem Präsidenten von INDERT nach zwei Tagen der Besetzung, blockierten die Familien das Büro von INDERT. Dort ließen sie sich mit ihren Kindern nieder und leiden an Hunger und Kälte.


Zusammenfassung

Knapp 1.200 Familien, Mitglieder der Comisión Vecinal "Tetaguá Guaraní" - im Bezirk Alto Paraná - fordern seit 2003, dass ihnen nach Vorgabe des Agrareformprogrammes Land zugewiesen wird. Um die zuständigen Stellen auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen, besetzte die Kleinbauerngemeinschaft Land, das der Firma AGROPECO gehört, da diese Firma ihre sozialen Verpflichtungen nicht erfüllt hatte. Es handelt sich hierbei um staatliches Land, das wahrscheinlich illegal beschlagnahmt wurde. Die Kleinbauernfamilien wurden schon mehrmals gewaltsam von diesem Land vertrieben. Um diesen Konflikt zu lösen, bot das Nationale Institut für Landentwicklung und Land (INDERT) den Bauern anderes Land in Vaquería, im Bezirk Caaguazá an. Zurzeit wird dieser Landerwerb von INDERT bearbeitet.


Ende der Aktion: 30. April 2008


Menschenrechtliche Verpflichtungen von Paraguay

Paraguay hat den internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte unterzeichnet und ist daher verpflichtet, die Menschenrechte in diesem Pakt zu respektieren und zu schützen, insbesondere das Recht aller Bürger auf Nahrung. Die Durchführung einer umfassenden Agrarreform ist eine Auflage in Bezug auf das Recht auf Nahrung. FIAN und La Vía Campensina haben 2006 im Rahmen ihrer Untersuchungsmission nach Paraguay die Gemeinschaft Comisión Vecinal "Tetaguá Guaraní" besucht und konnten sich vor Ort von der extremen Armut überzeugen, die die Familien im Camp erleiden.

Kürzlich forderte das UN Komitee für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte die Regierung von Paraguay auf, gewaltsame Vertreibungen zu verhindern, sich um die Forderungen der indigenen Kleinbauern zu kümmern, besonders in Bezug auf Landzuweisung, und die Kleinbauern mit technischen Hilfsmitteln, Verpflegung, Werkzeugen, Mikrokrediten, Ausbildung und Infrastruktur zu unterstützen. Der Fall Comisión Vecinal "Tetaguá Guaraní" wurde ausdrücklich vom UN Komitee erwähnt.


Aktion:

Die Agrarbehörde INDERT muss dringend aufgefordert werden, die rechtlichen Schritte des Landerwerbs rasch durchzuführen, damit das Land an die Kleinbauern der Gemeinschaft übergeben werden kann. Bitte schreiben Sie an den Präsidenten von INDERT und schicken Sie eine Kopie Ihres Briefes an die Organisation Fight for Land (OLT).


Adressaten der Aktion:

Ing. Erico Ibañez
Presidente del Instituto Nacional
de Desarrollo Rural y de la Tierra INDERT
Mariscal Estigarribia 276
Esquina Tacuary
Asunción - Paraguay
Fax: +59521-445078 und 446534

Bitte informieren Sie folgende Unterstützerorganisationen per Email darüber, dass Sie einen Brief geschickt haben:

Organización de Lucha por la Tierra (OLT)
oltparguay@gmail.com

Servicio Jurídico Integral para el Desarollo Agrario (SEIJA)
seija@rieder.net.py

Ein Brief nach Übersee kostet
aus Deutschland 1,70 Euro,
aus Österreich 1,40 Euro,
aus Belgien 0,90 Euro.


Bitte informieren Sie FIAN über Reaktionen auf Ihre Briefe!


*


Übersetzung des Musterbriefs


Ehrenwerter Ing. Ibañez,

mit diesem Brief möchte ich meine Sorge über die Lage der knapp 1200 landlosen Familien der Comisión Vecinal "Tetaguá Guaraní" zum Ausdruck bringen.

Nach den mir vorliegenden Informationen verhandelt die Gemeinschaft schon seit August 2003 mit INDERT über ihre Forderungen nach Landzuweisung um eine Landkolonie aufzubauen, wo sich ihre Familien niederlassen können.

Um die zuständigen Stellen auf die Forderung aufmerksam zu machen, besetzten die Kleinbauern im Jahre 2003 Land, das sich im Besitz der Firma AGROPECO befindet, da diese Firma ihren sozialen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist. Es handelt sich hier um staatliches Land, das höchstwahrscheinlich illegal vereinnahmt worden war. Die Familien wurden mehrfach gewaltsam von diesem Land vertrieben. Ich wurde informiert, dass INDERT der Gemeinschaft anderes Land in Vaquería, im Bezirk Caaguazá angeboten hat. Zurzeit wird dieser Landerwerb von INDERT bearbeitet.

Paraguay hat den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte unterzeichnet und ist daher verpflichtet, die Menschenrechte in diesem Pakt zu respektieren und zu schützen, insbesondere das Recht auf Nahrung. Die Durchführung einer umfassenden Agrarreform ist eine Auflage in Bezug auf das Recht auf Nahrung. Kürzlich forderte der UN Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte die Regierung von Paraguay auf, gewaltsame Vertreibungen zu verhindern, sich um die Forderungen der indigenen Kleinbauern zu kümmern, besonders in Bezug auf Landzuweisung, und die Kleinbauern mit technischen Hilfsmitteln, Verpflegung, Werkzeugen, Mikrokrediten, Ausbildung und Infrastruktur zu unterstützen. Der Fall Comisión Vecinal "Tetaguá Guaraní" wurde ausdrücklich vom UN Ausschuss erwähnt.

Ich setze mich international für Menschenrechte ein und fordere Sie höflichst auf:

Stellen Sie für die Kleinbauernfamilien als Soforthilfe Nahrung und Gesundheitsversorgung zur Verfügung.
Beschleunigen Sie die rechtlichen Schritte zum Landerwerb, damit die Familien der Comisión Vecinal "Tetaguá Guaraní" endlich Land erhalten können.
Übergeben Sie das Land an die Familien.

Bitte informieren Sie mich über Ihre Schritte in dieser Angelegenheit.


Hochachtungsvoll

Übersetzung des Musterbriefs


*


Ing. Erico Ibañez
Presidente del Instituto Nacional de
Desarrollo Rural y de la Tierra INDERT
Mariscal Estigarribia 276 Esquina Tacuary
Asunción
Paraguay


Estimado Ing. Ibáñez,

le saludo atentamente y con la presente quiero expresarle mi profunda preocupación por la situación en la que viven cerca de 1.200 familias sin tierra que miembros de la comisión vecinal Tetaguá Guaraní. Según mis informaciones, desde agosto de 2003 la comisión vecinal está en trámites con el Instituto Nacional de Desarrollo Rural y de la Tierra (INDERT) para reclamar tierras con el fin de formar una colonia agrícola en la que asentar a las familias. Con el fin de llamar la atención de las autoridades para que se atienda su demanda, la comunidad campesina ocupó en el 2004 un inmueble de propiedad de la empresa AGROPECO por tratarse de tierras que no cumplen su función social y por ser tierras del Estado que probablemente fueron apropiadas de forma ilegal. Posteriormente las familias fueron desalojadas de estas tierras en varias ocasiones de forma violenta. Para resolver el conflicto, tengo entendido que el INDERT ha ofrecido a la comisión vecinal otras tierras situadas en el Departamento de Caaguazú, lugar denominado Vaquería. Actualmente el INDERT se encuentra haciendo los trámites de compra de las tierras.

Paraguay es Estado Parte del Pacto Internacional de Derechos Económicos, Sociales y Culturales, y por lo tanto, está obligado a respetar, proteger y garantizar los derechos reconocidos en estos tratados, en particular el derecho a la alimentación, de todos sus ciudadanos/as. La realización de una reforma agraria integral es parte de las obligaciones relativas al derecho a la alimentación. El Comité de Derechos Económicos, Sociales y Culturales de la ONU instó recientemente al Estado paraguayo a que se eviten los desalojos forzosos y se atiendan los reclamos de las familias campesinas indígenas, particularmente en lo que concierne al reparto de tierras acompañado de medidas tales como asistencia técnica, insumos, herramientas, microcréditos, capacitación e infraestructura. El caso de la comisión vecinal Tetaguá-Guaraní fue explícitamente mencionado por este Comité.

Como persona que trabaja internacionalmente por la realización de los derechos humanos, quisiera solicitarle respetuosamente que:

se implemente un plan alimentario y de salud de emergencia para la comunidad campesina;
se agilicen los trámites legales para finiquitar la compra de la tierra que va a ser entregada a las familias integrantes de la Comisión Vecinal de Tetaguá Guaraní;
se haga entrega efectiva de la tierra a dichas familias.

Le agradecería que me mantuviera al tanto de todas las medidas que tome a este respecto.

Atentamente,


*


Quelle:
FoodFirst - FIAN-Magazin für die wirtschaftlichen,
sozialen und kulturellen Menschenrechte, Nr. 1/2008
FIAN-Eilaktion 0801APGY von Januar 2008 - Südamerika
Herausgeber: FIAN-Deutschland e.V., Düppelstraße 9-11, 50679 Köln
Tel. 0221/702 00 72, Fax 0221/702 00 32
E-Mail: fian@fian.de
Internet: www.fian.de

Erscheinungsweise: drei Ausgaben/Jahr
Einzelpreis: 4,50 Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. April 2008