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MUMIA/760: Muhammad Ali - »der Größte« (Mumia Abu-Jamal)


Kolumne # 808
Muhammad Ali - »der Größte«

Heute ist es weitgehend vergessen, dass Muhammad Ali in den 1960er Jahren durch seinen arabischen Namen, seinen Glauben und seine standfeste Weigerung, als wehrpflichtiger Soldat für das US-Imperium gegen Vietnam in den Krieg zu ziehen, als einer der meistgehassten Menschen in den Vereinigten Staaten galt

von Mumia Abu-Jamal, Juni 2016


Der kleine Cassius Marcellus Clay Jr. kam am 17. Januar 1942 als Sohn einer schwarzen Arbeiterfamilie in Louisville zur Welt. In jenen Tagen war der US-Bundesstaat Kentucky berühmt für sein unverwechselbares Wiesenrispengras, seine in vielen Meisterschaftsderbys siegreichen Pferde und seinen Whiskey. Niemand ahnte, dass der schwarze Junge der Clays dereinst zu einem berühmten und weltweit verehrten Mann heranwachsen würde.

Bei den Olympischen Sommerspielen von 1960 errang der 80 Kilogramm schwere Clay als talentierter Boxamateur im Halbschwergewicht eine Goldmedaille. Für viele wäre das schon ausreichend gewesen für einen Platz in der Sportgeschichte. Cassius Clay jedoch versetzte nur vier Jahre später die Welt in Staunen, als er den allseits gefürchteten Sonny Liston besiegte. Nur wenige hatten Clay zugetraut, diesem Boxer eine Niederlage beizubringen und Weltmeister im Schwergewicht zu werden.

Bald darauf gab Clay bekannt, er sei zum Islam konvertiert und der Nation of Islam beigetreten. Er habe seinen Sklavennamen abgelegt und einen neuen Namen angenommen: Muhammad Ali. Nach und nach erfuhr die ganze Welt davon, die ihn bis heute unter diesem Namen kennt, mit dem er zu einer der größten und verwegensten Persönlichkeiten der Sportwelt aufstieg.

Heute ist es weitgehend vergessen, dass er in den 1960er Jahren durch seinen arabischen Namen, seinen Glauben und seine standfeste Weigerung, als wehrpflichtiger Soldat für das US-Imperium gegen Vietnam in den Krieg zu ziehen, als einer der meistgehassten Menschen in den Vereinigten Staaten galt. Vergessen ist auch, dass die couragierte Haltung des Weltchampions Anlass war für viele Todesdrohungen gegen ihn.

Als die World Boxing Association (WBA) 1967 entschied, ihm seinen Titel abzuerkennen, hielten das viele für das Ende seiner Karriere. Wegen seiner Weigerung, sich ins Militär einziehen zu lassen, drohten ihm fünf Jahre Gefängnis, aber Ali klagte dagegen bis zum Obersten Gerichtshof der USA - und siegte! In der Zwischenzeit waren fast vier Jahre vergangen, die besten Jahre im Leben eines Boxers hatte er in ihnen verloren. 1974 gewann er seinen Titel schließlich zurück und erkämpfte ihn sich 1978 ein weiteres Mal, bevor er sich ein Jahr später endgültig aus dem Boxsport zurückzog.

Zur Begeisterung seiner Fans hatte er seine Gegner im Ring mit einem als »Ali Shuffle« legendär gewordenen Kampfstil verblüfft, der eine neuartige Mischung war aus unheimlich schnell fliegenden Fäusten und einer tänzerischen Beinarbeit. Ali war ein wunderbarer Kämpfer, nicht nur, weil er ein gutaussehender Mann war, sondern weil er als Athlet von stattlicher Größe flink durch den Ring tänzelte und damit einen sehr eigenen Kampfstil entwickelt hatte, der ihm eine herausragende Karriere als Boxer ermöglichte. Sein Motto lautete: »Schwebe wie ein Schmetterling, stich zu wie eine Biene.«

Im Jahr 1975 machte er die kühne und weitsichtige Aussage: »Ich bin Amerika. Allerdings der Teil davon, den ihr nicht anerkennen wollt. Aber ihr müsst euch an mich gewöhnen, so wie ich bin - schwarz, selbstsicher, übermütig. Mein Name ist nicht eurer, meine Religion ist nicht eure, meine Ziele sind meine eigenen - also gewöhnt euch an mich!«

Und was geschah? Die Welt gewöhnte sich tatsächlich an ihn. Bis zum 3. Juni 2016 erlebte er 74 Lenze, in denen er zu einer allseits geliebten lebenden Legende wurde.


Copyright: Mumia Abu-Jamal
mit freundlicher Genehmigung des Autors

Übersetzung: Jürgen Heiser
Erstveröffentlicht in "junge Welt" Nr. 133 vom 13. Juni 2016

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Quelle:
Der Beitrag entstammt der Website www.freedom-now.de
mit freundlicher Genehmigung von Jürgen Heiser
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Juni 2016

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