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PREIS/047: Flüchtlingen auf Augenhöhe begegnen - "academic experience worldwide" (Goethe-Uni Frankfurt)


Goethe-Universität Frankfurt - Pressemitteilung vom 21. Dezember

Flüchtlingen auf Augenhöhe begegnen

Erneute Ehrung für "academic experience worldwide" / Preis der Bundeszentrale für politische Bildung für Studierende der Goethe-Uni


FRANKFURT. Menschen, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind, gelten zunächst vor allem als hilfsbedürftig. Der Verein "academic experience Worldwide" versucht, eine andere Perspektive ins Spiel zu bringen und den Blick auf die Ressourcen und die Menschlichkeit der Ankommenden zu lenken. Für den neuartigen Ansatz erhält der Verein den Preis "Aktiv für Demokratie und Toleranz" der Bundeszentrale für politische Bildung.

Für die Initiatorinnen Merle Becker und Melusine Reimers, die beide an der Goethe-Universität studiert haben bzw. noch studieren, ist es nicht die erste Ehrung: 2015 waren sie bereits mit dem Frankfurter Bürgerpreis ausgezeichnet worden. "Die Goethe-Universität gratuliert zu diesem neuerlich wichtigen Preis und ist stolz auf die Preisträgerinnen", sagt Vizepräsidentin und Politologie-Professorin Tanja Brühl. Die Auszeichnung sei mehr als verdient: In unzähligen Arbeitsstunden hätten Merle Becker und Melusine Reimers dazu beigetragen, die Situation nicht nur für die Geflüchteten zu verbessern.

Die Initiative will gleich drei Problemlagen lösen: Flüchtlinge leiden unter mangelnder Integration und darunter, dass sie von der Gesellschaft nicht als Menschen wahrgenommen werden. Studierenden fehlt es oft an Orientierung in ihrer akademischen Ausbildung. Und die Wirtschaft sucht dringend nach qualifizierten Fachkräften. Das so genannte Tandem-Projekt, das sich Merle Becker und Melusine Reimers ausgedacht haben, soll Abhilfe schaffen, indem Studierende in Deutschland mit Akademikern aus z.B. Syrien jeweils Zweierteams bilden. So können beide Seiten auf Augenhöhe voneinander lernen - fachlich oder sprachlich-kulturell -, und am Ende steht im Idealfall der erfolgreiche Start ins Arbeitsleben. Weitere Angebote sind u.a. eine offene Sprechstunde für Asylsuchende, Diskussionsveranstaltungen und Coaching-Sessions. aeWorldwide betreibt zudem eigene Forschung und ist im Bereich Politikberatung und Public Affairs aktiv. Wichtig sei auch eine intensive Medienarbeit, so Merle Becker. "Wir wollen, dass die Geflüchteten wieder als Menschen wahrgenommen werden und ihre individuellen Geschichten gesehen werden", sagt Becker, die gerade ihre Masterarbeit in Friedens- und Konfliktforschung schreibt. Deren Thema: Neokoloniale Narrative im Urteil des Hamburger Prozesses gegen somalische Piraten.

"academic experience Worldwide", das ausschließlich ehrenamtlich getragen wird, hat sich rasch verbreitet: In Berlin, Gießen, Heidelberg, Köln/Düsseldorf, München und Pforzheim gibt es bereits Ableger oder werden gerade welche gegründet. Mit einem so großen Erfolg hatten die beiden jungen Frauen zu Beginn nicht gerechnet. "Wir stießen überall an Grenzen und auf taube Ohren", erinnert sich Merle Becker. Inzwischen aber hat sich das Konzept bewährt und wurde anerkannt - und bereits vielfach kopiert. "Schade, dass so viele Menschen die gleichen Ziele haben, aber nicht kooperieren", beschreibt sie ihre eigene "Entnaivisierung". Doch die Erfolge überstrahlen alles: Wenn sich unter den Tandems echte Freundschaften bilden oder wenn Asylsuchende als Dozenten an einer Uni unterkommen etwa. Auch die Goethe-Universität habe aeWorldwide viel zu verdanken, sagt Vizepräsidentin Brühl: "Ohne aeWorldwide gäbe es das Academic Welcome Program sicher nicht in der heutigen Form. Der Ansatz, auf Augenhöhe miteinander zu arbeiten, entspricht auch dem Ansatz der Goethe-Uni", so Tanja Brühl.

Der Wettbewerb "Aktiv für Demokratie und Toleranz" der Bundeszentrale für politische Bildung würdigt das Engagement von Einzelpersonen und Gruppen, die das Grundgesetz auf kreative Weise mit Leben füllen. Die offizielle Preisverleihung findet am 23. Mai 2016 in Berlin statt, an dem das Grundgesetz 67. Geburtstag feiert.


Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 gegründet mit rein privaten Mitteln von freiheitlich orientierten Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern fühlt sie sich als Bürgeruniversität bis heute dem Motto "Wissenschaft für die Gesellschaft" in Forschung und Lehre verpflichtet. Viele der Frauen und Männer der ersten Stunde waren jüdische Stifter. In den letzten 100 Jahren hat die Goethe-Universität Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Chemie, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern in Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geisteswissenschaften."

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Quelle:
Pressemitteilung Nr. 340 vom 21. Dezember 2015
Herausgeber: Die Präsidentin
Abteilung Marketing und Kommunikation, 60629 Frankfurt am Main
Redaktion: Dr. Anke Sauter, Abteilung Marketing und Kommunikation
Theodor-W.-Adorno-Platz 1, 60323 Frankfurt am Main,
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Internet: www.uni-frankfurt.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Dezember 2015

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