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PREIS/011: Carl-von-Ossietzky-Medaille für Mordechai Vanunu (ILMR)


InternationaIe Liga für Menschenrechte - 4.10.2010

Carl-von-Ossietzky-Medaille für Mordechai Vanunu

Verleihung am Sonntag, 12. Dezember 2010 um 11 Uhr in Berlin


Mordechai Vanunu setzt sich seit einem Vierteljahrhundert mit Zivilcourage und herausragender Standhaftigkeit für die vollständige atomare Abrüstung, für transparente Demokratie und für Frieden zwischen den Nationen ein.

International bekannt wurde Mordechai Vanunu 1986, nachdem er einer britischen Zeitung Informationen über das Negev Kernforschungszentrum zur Veröffentlichung überlassen hatte, das Israel in den 1950er und 1960er Jahren in der Negevwüste unweit des Ortes Dimona aufgebaut hatte und seitdem betrieb. Die Prüfung der Informationen durch einen britischen Atomphysiker und einen amerikanischen Kernwaffenexperten ergab: Das in der Atomanlage produzierte und verarbeitete Plutonium befähigte Israel zur Herstellung von 100 bis 200 Atomwaffen.

Vanunu war neun Jahre lang in der Atomanlage als Techniker beschäftigt. Er legte die ihm dort zugänglichen Informationen offen, weil ihn nach eigener Aussage die Menge des in Israel produzierten radioaktiven Plutoniums ängstigte. Er wollte die israelische und internationale Öffentlichkeit darüber aufklären, zumal Israels Führung die Bevölkerung über das Atomprogramm vollkommen im Unklaren ließ, was in einer Demokratie inakzeptabel sei.

Noch vor Veröffentlichung der Informationen in der Zeitung wurde Vanunu Ende September 1986 mithilfe einer Agentin des Mossad nach Rom gelockt, dort überwältigt und per Schiff nach Ashdod verbracht. Im März 1988 verurteilte ihn ein Militärgericht am Ende eines streng geheimen Verfahrens wegen Landesverrats und Spionage zu einer 18jährigen Freiheitsstrafe.

Während seiner Haft wurde er mehrmals für den Friedensnobelpreis nominiert und 1987 mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet. Weitere Auszeichnungen folgten.

Am 21. April 2004 wurde Vanunu nach Verbüßung der Strafe - davon 11 Jahre in Isolationshaft in einer kleinen Zelle - aus dem Gefängnis entlassen. Allerdings unter Auflagen, die dem universellen Menschenrecht auf Freiheit Hohn sprechen: Vanunu darf u. a. Israel nicht verlassen und keinen Kontakt mit ausländischen Botschaften und Journalisten aufnehmen. Er muss die Behörden über jeden geplanten Ortswechsel verständigen.

Eingesperrt in Israel, wo ihm selbst freie Bewegung und Kommunikation untersagt sind, gelang es Mordechai Vanunu dennoch, zahlreiche Interviews zu geben, wofür er wiederholt inhaftiert wurde.

Zuletzt kam er am 10. Mai dieses Jahres wegen eines Interviews mit einem ausländischen Journalisten für drei Monate ins Gefängnis.

Für den 11. Oktober 2010 ist ab 9:00 Uhr beim Obersten Gerichtshof Israels eine Anhörung zu Vanunus widerrechtlicher Einsperrung in Israel anberaumt.

Die mutige Haltung Vanunus erinnert zweifellos an den unerschrockenen Widerstand Carl von Ossietzkys gegen Aufrüstung und Krieg in der Weimarer Republik.

Mit der Würdigung von Mordechai Vanunu will die Liga die internationale öffentliche Aufmerksamkeit darauf lenken, dass er in Israel, trotz vollständig verbüßter Strafe und ungeachtet der nunmehr ein Vierteljahrhundert alten Informationen, weiterhin gefangen gehalten und elementarer Grund- und Menschenrechte beraubt wird.

Zugleich soll im 65. Jahr nach Abwurf der ersten Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki durch die USA die Mahnung Mordechai Vanunus vor den Gefahren atomarer Massenvernichtungswaffen für Mensch und Natur unterstrichen und sein unnachgiebiger Einsatz für ihre vollständige und weltweite Abschaffung nachhaltig unterstützt werden.

Die Liga appelliert im Geiste Carl von Ossietzkys eindringlich an die Regierenden Israels, Mordechai Vanunu freie Ausreise zur persönlichen Entgegennahme der Carl-von-Ossietzky-Medaille 2010 in Berlin zu gewähren.


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Quelle:
Presseerklärung vom 04.10.2010
InternationaIe Liga für Menschenrechte
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Tel.: 030 - 396 21 22, Fax: 030 - 396 21 47
E-Mail: vorstand@ilmr.de
Internet: www.ilmr.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Oktober 2010