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NEWSLETTER/051: Werkstatt Rundbrief 9/2011 - 21.04.2011



Werkstatt-Rundbrief Nr. 9/2011 - 21. April 2011
Solidar-Werkstatt für ein solidarisches, neutrales und weltoffenes Österreich

Themen:
DEMONSTRATIONEN UND AKTIONEN
(1) Do, 21. April: Demonstrationen gegen Vorratsdatenspeicherung in Linz und Graz
(2) Fr, 22. April: Mahnwache "Bomben schaffen keinen Frieden!" in Linz
(3) Mo, 25. April: Demonstration für Atomausstieg in Salzburg
(4) Di, 26. April: Demonstration "Es reicht! Für alle! Fairteilen statt Kürzen!" in Graz
(5) Do, 28. April: Demonstration gegen das Unrechtspaket in Wien
WEITERE THEMEN:
(6) Elfenbeinküste: "Der ideale Söldnertyp"
(7) § 278a-Prozess: "Hierzulande gilt offensichtlich die Schuldvermutung"
(8) Die nächste EU-Neoliberalismus-Lawine
(9) Weitere Termine



DEMONSTRATIONEN UND AKTIONEN


(1) Do, 21. April, Linz und Graz: Demonstrationen gegen Vorratsdatenspeicherung.

Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung sieht die Speicherung von Kommunikationsdaten von sechs Monaten bis zwei Jahre vor - ohne Anfangsverdacht oder konkrete Gefahr. Datenschützer sehen darin den "Übergang von der Unschuldsvermutung zum Schuldverdacht". Der Widerstand gegen die Richtlinie wächst. Die Solidarwerkstatt fordert die NR-Abgeordneten auf: "Sagt Nein!"

Umkämpfte EU_Spitzelrichtlinie

Im Jahr 2006 beschlossen die EU-Innen- und Justizminister die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, im Bürokratenjargon "Anwendung der Richtlinie auf die Speicherung von Kommunikationsdaten, betreffend Internetzugang, Internet-Telefonie und Internet-E-Mail" genannt. Vorratsdatenspeicherung ist die Verpflichtung der Anbieter von Telekommunikationsdiensten zur Registrierung von elektronischen Kommunikationsvorgängen, ohne dass ein Anfangsverdacht oder eine konkrete Gefahr besteht. Erklärter Zweck der Vorratsdatenspeicherung sei die verbesserte Möglichkeit der Verhütung und Verfolgung von schweren Straftaten. Bei allen Telefonaten müssen Rufnummer, Name, Anschrift, Uhrzeit und Dauer und bei Mobiltelefonen auch der Standort jedes Gespräches aufgezeichnet werden - und zwar für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten bis maximal zwei Jahren. Gesprächsinhalte sind noch tabu. Im Internet sollen die IP-Adressen und die E-Mail Adressen aller Verbindungen nicht jedoch die Inhalte gespeichert werden. Datenschützer kritisieren, dass dies allerdings in der Praxis schwierig sei, da Anbieter speziell bei SMS und E-Mails nicht zwischen Verbindungsdaten und Inhaltsdaten unterscheiden.

"Kompletter Blödsinn." In den meisten Mitgliedsstaaten ist die viel umstrittene und heftig kritisierte Richtlinie umgesetzt. Die Umsetzung variiert bei Speicherdauern der Verbindungsdaten und in manchen Staaten auch bei den Speicherfristen für Internetdaten und solchen aus den Telefonienetzen. Im Vereinigten Königreich werden beispielsweise die Vorratsdaten zwölf Monate lang gespeichert. 2009 gab es dort Pläne, wonach die Speicherung auf soziale Netzwerke wie Facebook oder MySpace ausgeweitet werden sollte. Doch es gibt auch Verweigerer und Säumige. Österreich, Deutschland, Belgien, Griechenland, Irland, Luxemburg, Rumänien und Schweden haben die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung bis heute nicht umgesetzt und wurden dafür vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) verurteilt. Schwedens Regierung hat trotz des Urteils keinen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt, da noch abgeklärt werden muss, ob die Vorratsdatenspeicherung nicht gegen die Menschenrechte verstößt. Das deutsche Bundesverfassungsgericht erklärte im März 2010 die konkrete Ausgestaltung der Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig, da das Gesetz in seiner jetzigen Fassung gegen Artikel 10 Abs. 1 des Grundgesetzes verstoße. Im Urteil des rumänischen Verfassungsgerichtshofs heißt es, eine verdachtslose Vorratsdatenspeicherung verstoße gegen Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Der irische High Court hat angekündigt, dem EuGH die Frage vorzulegen, ob die Vorratsdatenspeicherung mit den EU-Grundrechten vereinbar sei. Vor wenigen Tagen hat der Oberste Gerichtshof der Republik Zypern die "Vorratsdatenspeicherung" für verfassungswidrig erklärt und das betreffende Gesetz außer Kraft gesetzt.

RechtsexpertInnen sehen auch juristische Möglichkeiten, sich der Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie zu entziehen. So meint etwa die Sprecherin der Neuen Richtervereinigung Christine Nordmann: "Der vermeintlichen Pflicht zur Umsetzung der EU-Richtlinie kann man gelassener begegnen. Das ist im EU-Vertrag geregelt, im Artikel 114, Absatz 4. Darin steht, dass die Mitgliedstaaten nicht alle Harmonisierungen zwingend umsetzen müssen, wenn dies dem nationalen Recht entgegensteht und die nationalen Regelungen dem Grundrechtsschutz dienen." (Golem.de) Auch der EU-Datenschutzbeauftragte Peter Hustnix kritisiert die Richtlinie scharf. Die von Politikern gern getätigte Aussage "wenn sie nichts zu verbergen haben, dann haben Sie auch nichts zu befürchten" hält er "für kompletten Blödsinn".

Widerstand auch in Österreich. Wie schaut es nun in Österreich aus? Ende Juli 2010 wurde Österreich wegen der Nichtumsetzung der Richtlinie vom EUGH verurteilt, was noch keine finanziellen Folgen für Österreich hatte. Schon im März 2011 könnte aber das Ergebnis der nächsten EU-Überprüfung vorliegen und Österreich könnte zur Zahlung von Strafgeldern in Millionenhöhe verurteilt werden. Zur Zeit werden, um bei der Umsetzung der Vorratsdatenspeichung nicht mit nationalen Gesetzen in Konflikt zu geraten, von den zuständigen Ministerien Novellierungen vorbereitet. Auch in Österreich gibt es massiven Widerstand gegen diese Richtlinie, mit der "wir von der Unschuldvermutung zum Schuldverdacht übergehen" (Hans Zeger, ARGE Daten-Obmann) übergehen. Die Forderungen der Plattform "Freiheit statt Angst" zeigen einerseits, wie weit der Überwachungswahn mittlerweile fortgeschritten ist, sie zeigen aber auch, dass sich mündige BürgerInnen immer mehr dagegen zur Wehr setzen.

Am 21. April 2011 finden in Linz, Treffpunkt 17h Schillerpark, und Graz, Treffpunkt 16h Mariahilferplatz, Demonstrationen gegen die Vorratsdatenspeicherung statt.


(2) Fr, 22. April, Linz: Mahnwache "Bomben schaffen keinen Frieden
- Keine österreichischen SoldatInnen nach Libyen!".

Bitte hinkommen und auch weiterhin die ONLINE-Unterschriftenaktion gegen die Entsendung österreichischer SoldatInnen nach Libyen unterstützen!
http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_content&task=view&id=412&Itemid=1

"Äkschn"

Ein Kommentar von Boris Lechthaler, Solidarwerkstatt, zu Libyen, EU-Battle Groups und Neutralität. Vor mir ein Bild: Auf einem grob gezimmerten Gerüst hängen 2x7 Männer, die Köpfe absurd verrenkt. Rundherum jede Menge Volk, neugierig, staunend, ängstlich. Das Bild stammt aus Tripolis. Es handelt sich jedoch nicht um den letztgültigen Beweis für die Gräueltaten des Obersten Muammar al Gaddafi. Dafür ist es zu alt. Genau um 100 Jahre zu alt.

Nachdem die Franzosen Tunesien und Algerien in Besitz genommen hatten, in Marokko einmarschiert waren, die Briten Zypern, Ägypten und Suez kontrollierten, gerieten auch bei den Eliten in Italien, die Hormone in Wallung. "Mare nostrum", unser Meer, freilich diese Bezeichnung für das Mittelmeer setzte sich erst unter dem Faschisten Bennito Mussolini durch. Offiziell war man besorgt um das Kräftegleichgewicht im Mittelmeerraum. Äktschn, so würde man heute sagen, war angesagt. Freilich dafür bedurfte es eines Vorwands - auch schon vor 100 Jahren - sollte er auch noch so absurd sein - auch schon vor 100 Jahren.

Die italienischen Gemeinden würden von den muslimischen Berbern unterdrückt, lautete in Folge das Narrativ, das die Volksseele zum Kochen brachte. Am 27. September 1911 sandte die italienische Regierung unter dem Liberalen Giovanni Giolitti ein Ultimatum an Mohammed den V., Reschad, dem türkischen Sultan. Tripolitanien stand formell unter türkischer Herrschaft. Der Sultan wurde aufgefordert sein Wohlwollen gegenüber der Okkupation von Tripolis durch die italienische Armee zu zeigen. Der wies das Ultimatum nicht zurück. Er ersuchte Italien bloß, seine formelle Herrschaft über Tripolitanien anzuerkennen. Dieses Ersuchen wurde abgelehnt und am 29. September 1911 um 14.30 erklärte Italien der Türkei den Krieg. Zum ersten Mal in der Kriegsgeschichte kam eine Luftwaffe zum Einsatz. Neben 8.000 türkischen Soldaten, die in der Cyrennaica und in Tripolitanien stationiert waren, wurden 20 000 Angehörige irregulärer Truppen - berberische Guerilleros - umgebracht. Doch es kam immer wieder zu Ausschreitungen zwischen dem Militär und der Zivilbevölkerung. Erst 1931 konnte Libyen von Marschall Graziani endgültig - befriedet - werden.

Pause - Szenenwechsel

Wir schreiben, Freitag, den 8. April 2011. Ich stehe auf dem Taubenmarkt in Linz. Mit mir Menschen der Solidarwerkstatt und der MigrantInnenorganisation DIDF. "Bomben schaffen keinen Frieden!", so lautet das Motto auch der 3. Mahnwache gegen den Bombenterror der Westmächte gegen die Menschen in Libyen. Mit entschlossen-schneidigem Schritt nähern sich drei junge Männer.

"Sad's ia da fian Gaddafi?" Eine geschlossene Frage, so lernt man das bei Verkaufstrainings. Deine Antwort sei ja oder nein. Ein Drittes gibt es nicht. Tertium non datur, wie der Lateiner sagt. Eine Diskussion wird eingefordert. Darauf habe man ein Recht, dafür stehen wir ja da, so scheint mir, lautet die unausgesprochene Anmaßung. Freilich, was folgt, kann man nicht als Diskussion bezeichnen. Dafür ist Haltung erforderlich, etwas was diese Gymnasiasten gegen "Ich habe eine Meinung" ausgetauscht haben.

Die Unterstellung, Fraternisierung, Verbrüderung mit dem Feind, ist so alt wie die Friedensbewegung. Viele haben sie mit dem Leben bezahlt. Diese drei jungen Wächter an der Heimatfront sind nicht so unbedarft, wie sie sich geben. Im Gesprächsverlauf wird deutlich, dass sie an eine Parteijugendorganisation angedockt sind.

Pause

"Für die Grünen stand und steht der Schutz der libyschen Zivilbevölkerung im Vordergrund unserer Überlegungen", so beginnt die etwas holprige Antwort des Dialogbüros des grünen Parlamentsklubs auf die Petition: "Keine Österreichische SoldatInnen nach Libyen!" der Solidarwerkstatt Österreich. Unmittelbar darauf eitert die Willfährigkeit, jegliche Legitimation für die Gewalttätigkeit des EURegimes zu verkaufen, auch wenn sie kriminell ist: "Da ein Massaker an der Bevölkerung von Bengasi drohte, ..." Am Beginn waren es die Luftangriffe Gaddafis auf Demonstranten. Beweise wurden nie vorgelegt. Jetzt sind es die drohenden Massaker, die man verhindert habe. Verhinderte Massaker haben den Vorteil, dass man sie nicht beweisen muss. Es genügt, sie zu behaupten. Mit dieser Begründung kann man Gesellschaften rund um den Globus in Schutzhaft nehmen.

"Wir versichern Ihnen, dass wir uns die Entscheidung nicht leicht gemacht haben." heißt es weiter. Gemeint ist die Zustimmung der Grünen zur Entsendung von zwei Stabsoffizieren in das EUHauptquartier nach Rom. Sie haben, wie schon bei der Zustimmung zur Bombardierung Jugoslawiens 1999, wieder einmal Bauchweh dabei gehabt. Die EU drängt auf einen Einsatz ihrer Battle-Groups in Libyen. Seit 1. Jänner 2011 stehen auch 180 österreichische Soldaten im Rahmen des EU-battle group-Programms abmarschbereit. Jetzt gibt es eine ausgewachsene Krise vor der eigenen Haustür. Es wäre doch zu schade, könnte man diese Einheiten da nicht im Echteinsatz testen. An der Legitimationskulisse wird gearbeitet. "Zur Absicherung eines humanitären Einsatzes" heißt es, würden diese Kampfgruppen benötigt. Man warte auf ein Hilfsersuchen der Vereinten Nationen. Die senden jedoch bislang keines. Im Gegenteil, gerade wurde mit der libyschen Regierung die Errichtung eines UN-Büros in Tripolis zur Koordinierung der Hilfe vereinbart. Aber es wird ihnen schon noch etwas einfallen. Gleiwitz, Tonking, Racak, Lehrstücke aus der Geschichte gibt es ja genug. Streumunition sei von den Regierungstruppen eingesetzt worden, heißt es tags darauf. So wie bei den Kriegen gegen Jugoslawien, Afghanistan, den Irak? Wird da noch wer rot? Laut "Die Presse" wurden diese Bomben vom EU-Mitgliedsland Spanien gestiftet.

"..., insbesondere die EU, muss nun aber auf eine möglichst rasche politische Lösung des Libyen-Konflikts drängen", schreibt uns das grüne Dialogbüro weiter. Nun gut, jetzt wird's lächerlich. Man drängt auf eine politische Lösung, die man vorher weggebombt hat.

Die Demokratiebewegung in den arabischen Ländern hat die EU-Machteliten am falschen Fuß erwischt. Regime, mit denen man jahrzehntelang beste Geschäfte machte gerieten ins Wanken oder drohen ins Wanken zu geraten. Wurde das östliche Europa für Deutschland in den vergangenen Jahren zu einer Region von spezifischem Interesse, so plante Frankreich das - in Fortsetzung seiner kolonialen Traditionen - für den mediterranem Raum. Angesichts des neuen Selbstbewusstseins der Menschen in der Region drohten all diese Pläne zur Makulatur zu werden. Zeit für Äktschn.

Libyen liegt da am Präsentierteller. Ein weites Land mit einer geringen Bevölkerung. Die beabsichtigte Spaltung des Landes wird die dauernde Präsenz der Großmächte begründen. Zudem hat die libysche Regierung in der Vergangenheit mit den Einnahmen aus dem Ölgeschäft die Afrikanische Union unterstützt. Ein lästiger Gegner der neokolonialen Ambitionen Frankreichs wäre ausgeschalten.

Manche meinten in den vergangenen Jahren die immerwährende Neutralität Österreichs habe sich überlebt. Es sei ein sicherheitspolitisches Konzept des 20. Jahrhunderts und habe angesichts der Integration Österreichs in die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union keine Zukunft. Ginge der Weltenlauf immer nach den Plänen der Mächtigen, hätte man die Neutralität schon längst - auch offiziell und legistisch - entsorgt.

Dass das Bundesverfassungsgesetz über die immerwährende Neutralität vom 26. Oktober, 2011 noch immer in Kraft ist, verdanken wir der kollektiven Intelligenz der Menschen in Österreich, ihrer Ahnung, dass die Neutralität sie weniger vor äußeren Feinden als vor den kurzsichtigen Abenteuern der eigenen Eliten schützen - kann


(3) Mo, 25. April, Salzburg: Schluss mit dem nuklearen Albtraum!
Demonstration für den Atomausstieg.

Tschernobyl und Fukushima mahnen!

Raus aus EURATOM!
Für eine atomkraft- und atomwaffenfreie Zukunft!

Gemeinsame Erklärung der Solidarwerkstatt und des Vereins DIDF anlässlich des 25. Jahrestages der Atomkatastrophe von Tschernobyl.

Am 26. April vor 25 Jahren kam es zur Atomkatastrophe von Tschernobyl, vor wenigen Wochen ereignete sich die Atomkatastrophe von Fukushima in Japan. Das zeigt einmal mehr, wie ungeheuer gefährlich die Kernenergie ist. Es gibt keine sicheren Atomkraftwerke, der Atommüll strahlt eine Millionen Jahre, eine für zukünftige Generationen völlig unverantwortliche Bürde. Wir brauchen daher den Ausstieg aus dieser brandgefährlichen und sündteuren Energieform. Österreich hat zwar keine Atomkraftwerke, zahlt aber auf Grund seiner Mitgliedschaft bei EURATOM viele Millionen für die "Schaffung einer mächtigen Kernindustrie" (Wortlaut EURATOM-Vertrag). Der erste Schritt, den wir hier und heute sofort machen müssen, um uns glaubwürdig für den generellen Ausstieg aus der Atomenergie in anderen Ländern einzusetzen, ist daher der Ausstieg aus EURATOM. Statt weiterhin über EURATOM die EU-Atomwirtschaft mitzufinanzieren, fordern wir, dass das Geld für die Förderung erneuerbarer Energie ausgegeben wird, um ein energieautarkes Österreich zu verwirklichen.

Gleichzeitig dürfen wir auch die kriegerische Nutzung der Atomenergie nicht vergessen. Die Atomwaffen gefährden die Zukunft der ganzen Menschheit. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit laufen in Europa derzeit milliardenschwere atomare Aufrüstungsprogramme. In Strategiepapieren von EU- und US-Generälen wird sogar der nukleare Erstschlag propagiert. "Zivile" und militärische Nutzung der Atomenergie sind zwei Seiten einer Medaille. Beide dürfen keine Zukunft haben, wenn wir eine haben wollen.

Als neutrales und AKW-freies Land ist Österreich besonders gefordert, internationale Initiativen für eine atomkraft- und atomwaffenfreie Welt zu ergreifen!


(4) Di, 26. April, Graz: Es reicht! Für alle! Fairteilen statt kürzen!
Demonstration gegen den Sozialkahlschlag in der Steiermark.

ÖGB Steiermark und Plattform 25 rufen zur gemeinsamen Demonstration am 26. April 16.30 Uhr in Graz auf. Ziel ist es, die Zerschlagung des Sozialstaates zu stoppen. In der Steiermark soll ein Exempel statuiert werden. Die Landesregierung will 25 % des Landesbugdets kürzen. Dagegen werden die 579 Organisationen, die sich auf der Plattform 25 gemeinsam mit den Oppositionsparteien KPÖ und Die Grünen zusammengeschlossen haben, nun schon zum dritten Mal - diesmal gemeinsam mit dem ÖGB - demonstrieren.

Am 25.3. waren 10.000 in Graz gegen das Kürzungspaket unterwegs, am 11.4. Mittags wiederum 5000, der ÖGB hatte am 17.3. morgens 600 GewerkschafterInnen vor der Landesregierung zusammengeholt. In mehreren Städten gab und gibt es Kundgebungen, Demos, Unterschriftensammlungen. Der Direktor der Caritas, Arbeiterkammer, ÖGB und viele Einrichtungen gaben öffentliche Stellungnahmen gegen die Streichungen ab.

Ein neuer Höhepunkt wird die Demonstration einen Tag vor der Beschlussfassung der Landesregierung sein, denn es sollen:

- Gebühren für Kindergärten wieder eingeführt werden·
- Wohn- und Pendlerbeihilfe gekürzt
- Rückzahlungspflicht (Regress) für Angehörige bei Pflegekosten wieder eingeführt werden
- Regress für Angehörige von EmpfängerInnen der Mindestsicherung eingeführt werden
- Kürzungen bei der Mindestsicherung gegenüber der Sozialhilfe
- ersatzlose Streichung von Leistungen und Kürzung der Mittel für Menschen mit Behinderung
- ersatzlose Streichung von Leistungen und Kürzung der Mittel in der Kinder- und Jugendarbeit und Jugendwohlfahrt
- Kürzungen bei zahlreichen Sozial- und Kulturinitiativen
- keine Lohnerhöhungen im nächsten Jahr für Landesbedienstete
- Streichung von 700 Arbeitsplätzen
- bis zu 1500 Arbeitsplätzen sind zusätzlich gefährdet.

In einer Alternativen Budgetrede zeigten die SprecherInnen auf, wo Geld bei denen zu holen ist, die es überreichlich haben, während die Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung der Landesregierung den Rücken stärkte und weitere Kürzungen forderte.
Infos unter: www.plattform25.at

Ein Beitrag von Anne Rieger


(5) Mi, 28. April, Wien: Demonstration gegen das Unrechtspaket!

Schulter an Schulter gegen Rassismus - darum: "Fremdenrechtspaket nicht annehmen!"

In der nächsten Nationalratssitzung im April soll die Novelle des Fremdenrechts mit weiteren Verschärfungen beschlossen werden. Bereits 17-jahrige dürfen demnach in Zukunft für 10 Monate in Schubhaft weggesperrt werden. Der Verein DIDF und die Solidarwerkstatt appellieren in ihrer gemeinsamen Erklärung an die österreichischen Abgeordneten des Nationalrats dieses Unrechtspaket an das Innenministerium zurückzuschicken.

Die geplante Fremdenrechtsnovelle ist die fünfte Verschärfung im Fremdenrechts- und Asylbereich innerhalb von 22 Monaten. Zum einen zeigt dieser Umstand, dass die österreichischen Gesetze in diesem Bereich in die falsche Richtung gehen, zum anderen ist es einfach nur rassistisch, wenn Fremde in Österreich immer größeren Schikanen und Sanktionen ausgesetzt werden. Wir brauchen dringend ein Umdenken in der Politik: Weg vom Gegeneinander hin zu einem respektvollen Miteinander.

Auch wenn einige der giftigsten Spitzen des ursprünglichen Entwurfes im Ministerrat wegverhandelt wurden, ist die Fremdenrechtnovelle nach wie vor ein Unrechtspaket. In der neuen Regelung gibt es die Möglichkeit Kinder und Jugendliche in Schubhaft zu nehmen. So gilt z.B. die zwingende Anwendung von sogenannten gelinderten Mitteln in Zukunft nur mehr für Jugendliche zwischen 14 und 16 Jahren. 17-jahrige dürfen demnach in Zukunft für 10 Monate in Schubhaft weggesperrt werden. Für uns ist ganz klar, dass Kinder nicht ins Gefängnis gehören. Es ist überhaupt eine Schande, jemanden einzusperren, nur weil er aus seinem Land flüchten musste.

Ebenso problematisch sind die Verschlechterungen für schon lange hier lebenden MigrantInnen. In Zukunft können Aufenthaltstitel ganz einfach entzogen werden. So kann, zum Beispiel, ein Drittstaatsangehöriger, der schon lange und legal hier lebt und arbeitet, einfach abgeschoben werden, wenn er länger als 3 Monate arbeitslos ist. Die Mandatare sollten sich die Frage stellen, was es bringt, gut integrierte Leute aus dem Land abzuschieben. Scharf zu kritisieren ist auch die fehlende Rechtssicherheit. Aufenthaltstitel sollen in Zukunft bereits vor dem Ende des Verfahrens entzogen werden und eine Berufung gegen die Abschiebung hat keine aufschiebende Wirkung mehr. Übersetzt heißt das, dass Betroffene während eines laufenden Verfahrens abgeschoben werden können und per Gesetz keine Möglichkeit dazu haben, sich dagegen zu wehren. Eine Regelung, die eines Rechtsstaates nicht würdig ist.

Dieses Recht ist Unrecht und hat nur einen Zweck, nämlich Ausländer/innen abzuschieben, beziehungsweise erst gar nicht hereinzulassen. Wir fordern die Nationalräte auf, das Fremdenrechtspaket nicht anzunehmen, sondern an das Innenministerium zurückzuschicken. Wir appellieren an das Gewissen der Politiker/innen, kein Ausländer-Raus-Gesetz zu beschließen. Wir brauchen gleiche Rechte und Pflichten für alle! Von der weiteren Entrechtung eines wachsenden Teils der in Österreich lebenden und arbeitenden Menschen profitieren nur jene, die die Gesellschaft ihren parasitären Machtinteressen unterordnen.


KOMMENTAR
von Christian Schörkhuber, Geschäftsführer Volkshilfe OÖ Flüchtlings- & MigrantInnenbetreuung

Fremdenrechtsnovelle - eines Rechtsstaates unwürdig!

2011 in einer Gemeinde in Oberösterreich:
Um 5 Uhr früh dringen Polizisten in eine Flüchtlingsunterkunft ein. Was wie eine Suche nach einem Schwerverbrecher aussieht, ist eine "normale" Abschiebeaktion einer Asylwerberfamilie. Die Eltern und ihre kleinen Kinder werden brutal aus ihrem Schlaf gerissen und abtransportiert. Sie haben keine Zeit sich von ihren FreundInnen zu verabschieden, sie dürfen nur das allerwenigste einpacken . Die Kinder weinen, die Eltern zittern voller Angst vor der Zukunft.

Komani, Zogaj, Araksya, Lakota
Alles Namen von Einzelfällen. Aber alle zusammen ergeben ein Gesamtbild.Ein Gesamtbild einer inhumanen, unmenschlichen, unchristlichen, den vielzitierten stolzen Werten unserer zivilisierten Welt - des christlichen Abendlandes wie es manche nennen - widersprechenden Gesetzgebung.

Seit 20 Jahren, es war die Ära Löschnak als Innenminister, werden die sogenannten "Ausländergesetzte" Schritt für Schritt verschärft. Ex-Innenministerin Fekter und ihr SPÖ Gegenpart Verteidigungsminister Darabos haben ein neues Gesetz ausgearbeitet. Abschreckung lautet die Parole. "Wir müssen die Gemäßigten stärken, damit wir die Fundamentalisten, die im Vormarsch sind, im Zaum halten und aus Österreich eliminieren", so Fekter anlässlich der Verleihung des Sicherheitspreises in der Raiffeisenlandesbank.

Was beinhaltet nun das neue Gesetz?

Sprache dient zur Einwanderungsverhinderung

Mit der Novelle soll die Sprache offensichtlich als einziges Integrationskriterium gelten. Es wird nun Sprachtests vor einer Einreise geben. Mit Erteilung eines Aufenthaltstitels tritt die verkürzte Erfüllungspflicht ein. Innerhalb von 2 Jahren (derzeit: innerhalb von 5 Jahren) müssen Sprachkenntnisse der Stufe A2 nachgewiesen werden. Für viele, vor allem für Frauen, die in ihrem Heimatland enorme Bildungshürden hatten, eine unlösbare Aufgabe. Um überhaupt zu einem unbefristeten Niederlassungstitel oder einer Staatsbürgerschaft zu kommen, muss nun B1 Sprachniveau (Maturaniveau) nachgewiesen werden!

Jung statt alt
Durch die Schaffung eines Punktesystems wird klar ersichtlich, dass Zuwanderer jung, reich und gut ausgebildet sein müssen, um in Österreich erwünscht zu sein.

Durchsuchungen ohne richterlichen Befehl
Zukünftig wird den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes noch leichter die Befugnis zugeteilt, Grundstücke und Räume im Rahmen des Fremdenrechts nicht nur zu betreten, sondern auch zu durchsuchen.

Ausweitung der Schubhaft
Im Bereich der Schubhaft wurde wiederum einiges verschärft. So werden Minderjährige ab 16 Jahren wie Erwachsene behandelt. Die Regelschubhaftdauer soll von 2 auf 4 Monate verdoppelt werden.

Anwesenheitspflicht - Internierung von AsylwerberInnen
Am Beginn des Asylverfahrens sollen alle AsylwerberInnen ins Lager gesperrt werden!
AsylwerberInnen, die im Heimatland inhaftiert waren, die von staatlicher Seite verfolgt und gefoltert wurden werden festgehalten. Sie müssen innerhalb eines durch hohe Zäune und Mauern abgegrenzten Areals bleiben, welches von privaten Sicherheitskräften bewacht wird. Beim Verlassen droht Schubhaft.

Bleiberecht
Zur Regelung von Bleiberechtsfällen wird kritisiert, dass die Gelegenheit nicht genutzt wurde, eine klare, übersichtliche und rechtsstaatliche Lösung zu finden. Bemängelt wird auch, dass die Altfallregelung nicht aufgewertet wurde. Der Stichtag steht immer noch mit 2004 festgeschrieben.

Dies ist nur ein kleiner Einblick in die neuen Verschärfungen. Österreich nimmt immer mehr eine Vorreiterrolle als restriktivstes Einwanderungs- und Asylland in Europa ein. Der Widerstand dagegen ist leider gering.

Damit es nicht so bleibt Demonstration gegen das Unrechtspaket am 27. April in Wien!


In der nächsten Nationalratssitzung im April soll die Novelle des Fremdenrechts mit weiteren Verschärfungen beschlossen werden. Bereits 17-jahrige dürfen demnach in Zukunft für 10 Monate in Schubhaft weggesperrt werden.
... http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_content&task=view&id=426&Itemid=1



WEITERE THEMEN

(6) Elfenbeinküste: "Der ideale Söldnertyp"

Während die NATO in Libyen angeblich zum "Schutz der Zivilisten" bombardiert, unterstützte der Westen politisch und militärisch in der Elfenbeinküste einen Mann, Outtara, dem selbst internationale Hilfsorganisationen regelrechte Blutbäder an der Zivilbevölkerung vorwerfen. Für den Westen kein Problem: Denn Outtara gilt als Mann des Internationalen Währungsfonds (IWF) und Freund der Privatisierung. Sein Gegenspieler dagegen plante, den Kakaohandel zu verstaatlichen und die erste soziale Krankenversicherung Schwarzafrikas einzuführen - bis ihn französische Elitesoldaten aus dem Präsidentenpalast abführten.

Im Schatten des libyschen Krieges eskalierte auch die Gewalt in der westafrikanischen Elfenbeinküste. Nach den Wahlen im November 2010 erklärten sich sowohl der bisherige Präsident Gbagbo als auch sein Herausforderer Ouattara zum Sieger der Präsidentenwahl. Das Verfassungsgericht der Elfenbeinküste, das von Regierungsanhängern dominiert ist, sah Gbagbo knapp in Führung, nachdem ein halbe Millionen Stimmen annulliert worden waren. Grundlage dafür waren undurchsichtige 90%-Stimmenergebnisse für Ouattara in Gebieten, die von dessen Milizen kontrolliert werden und wo keine Wahlbeobachter zugelassen wurden. Eine unabhängige Wahlkommission, in der die Parteigänger der Opposition das Übergewicht haben, sah dagegen Ouattara als knappen Sieger der Wahl. Eine Neuauszählung der Stimmen, die größere Klarheit hätte bringen können, wurde von der UNO auf Druck des Westens abgelehnt.

Die Weigerung Gbagbos, den Präsidentenstuhl zu räumen, beantwortete sein Herausforderer Ouattara mit Krieg und mobilisierte seine Milizen, nachdem er grünes Licht vom Westen dafür erhalten hatte. Zu Gräueltaten ist dabei auf beiden Seiten gekommen, aber selbst unabhängige Hilfsorganisationen werfen dem Westgünstling Outtara vor, regelrechte Blutbäder an der Zivilbevölkerung verübt zu haben Laut Auskunft des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes in Genf haben die dessen Soldaten nach der Eroberung von Duékoué an einem Tag über 800 Gbagbo-Anhänger abgeschlachtet, darunter zahlreiche Kinder. Die Caritas spricht sogar von über 1.000 Toten. Während zur selben Zeit bereits die NATO-Marschflugkörper auf Libyen niedergingen, um dort die "Zivilbevölkerung zu schützen", imponierten dem Westen die Massaker seines eigenen Parteigängers in der Elfenbeinküste kein bisschen, im Gegenteil: der Westen, insbesondere Frankreich, griff offen militärisch auf dessen Seite ein. Das vorläufige Ende ist bekannt: Vor kurzem stürmten fanzösische Elitesoldaten den Präsidentenpalast und nahmen Gbagbo gefangen.

Outtara - ein Mann des IWF

Warum diese vollkommen einseitige Parteinahme? Die Antwort dürfte banal sein: Ouattara arbeitete lange Jahre als hoher Funktionär beim Internationalen Währungsfonds und leitete dort beinharte neoliberale Strukturanpassungsprogramme gegenüber Ländern des Südens. In früheren Jahren nutzte er seine Position als Ministerpräsident der Elfenbeinküste, um Infrastruktureinrichtungen des Landes europäischen Konzernen zu öffnen. So ermöglichte Outtara den französischen Großindustriellen Vincent Bolloré und Martin Bouygues den Zugriff auf Wasser- und Stromwerke sowie Eisenbahnlinien in der Elfenbeinküste. Bolloré und Bouygues stehen wiederum dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy nahe.

"Jetzt wird es gefährlich"

Sein Gegenspieler Gbagbo, Mitglied der sozialistischen Internationale, dagegen wird vom Westen, insbesondere von Frankreich äußerst feindselig betrachtet. Besonderen Ingrimm hat in Paris hervorgerufen, dass Gbagbo angeordnet hatten, den Ankauf und die Ausfuhr von Kakao zu verstaatlichen. Künftig hätte demnach nur noch der Staat oder staatlich lizenzierte Firmen Exporte tätigen dürfen, während dies bislang internationale, v.a. französische, Unternehmen getan hatten. Outtara wird dieses Vorhaben wohl rasch wieder abblasen. Auch ein andere Projekt Gbagbos wird jetzt schnell in der Schublade verschwinden. So berichtet der UN-Sonderberichterstatter Jean Ziegler, dass Gbagbo die erste verpflichtenden soziale Krankenversicherung Schwarzafrikas in der Elfenbeinküste einführen wollte und ihm gegenüber - ein knappes Jahr, bevor ihn französische Soldaten in Handschellen legten - in einem Gespräch äußerte: "Jetzt wird es gefährlich. Die WHO muss uns helfen. Die Pharmakonzerne des Westens kann ich alleine nicht besiegen. Sie werden sich wehren."

Das Resümee Jean Zieglers, warum der Westen so einseitig auf Outtara setzt, fällt eindeutig aus: "Ouattara ist der ideale Söldnertyp für die westlichen Konzerne. Elf Jahre lang war er im Weltwährungsfonds zuständig für Afrika. Im Auftrag der westlichen Gläubiger setzte er unbarmherzig und effizient die mörderischen Strukturanpassungsprogramme durch: die Zwangsliberalisierung der afrikanischen Volkswirtschaften, die Privatisierung aller öffentlichen Sektoren. Die Elfenbeinküste ist der größte Kakaoproduzent der Welt, und vor ihrer Küste wird Öl gefördert. Kurz: Ouattara wird gebraucht." (in: Work, Schweizer Gewerkschaftszeitung, 20.1.2011)

Jetzt wissen wir, warum Jean Ziegler von den Salzburger Festspielen wieder ausgeladen wurde.



(7) § 278a-Prozess:
"Hierzulande gilt offenbar die Schuldvermutung!"

Der über 1 Jahr dauernde Prozess gegen 13 TierrechtsaktivistInnen findet seinen Abschluss mit der Urteilsverkündung am 2. Mai 2011. Die Solidarwerkstatt führte dazu mit dem Fünftangeklagten im Wr. Neustädter Tierrechtsprozess, DI Elmar Völkl, ein Interview über seine persönlichen Erfahrungen, Eindrücke, Erlebnisse und wie es für ihn nach der Urteilsverkündung am 2. Mai weitergehen kann.

Werkstattblatt: Was wird dir vorgeworfen?

Elmar: Mir wird vorgeworfen der "EDV-Experte" einer kriminellen Organisation iSd § 278a StGB zu sein, weil ich FreundInnen und anderen politischen AktivistInnen bei Computerproblemen geholfen habe, insbesondere auch Daten- und Emailverschlüsselung empfohlen habe.
Der § 278a StGB (kriminelle Organisation) richtet sich gegen organisiserte Schwerstkriminalität, wie z.B. Menschenhandel, Waffenschmuggel oder der Verkehr mit gefährlichen, z.B. radioaktiven, Kampfstoffen. Der § 278a soll auch die "DrahtzieherInnen" hinter den Ausführenden treffen. Daher muss für dieses Delikt zwar keine eigentliche Katalogstraftat (Sachbeschädigung, etc...) nachgewiesen werden, aber immerhin eine unternehmensähnliche (hierarchisch und arbeitsteilig) Organisation die im Kern auf die Ausführung schwerwiegender Straftaten ausgerichtet ist.

Dass sich bei den jahrelangen Ermittlungen, insbesonderen Telefon- und Emailüberwachung, als auch bei insgesamt vier(!) bei mir durchgeführten Hausdurchsuchungen ergeben hat, dass ich tatsächlich Datenschutzworkshops für die eine oder andere NGO abgehalten habe, reichte den ErmittlerInnen der "SOKO Kleiderbauer", um mich als den "EDV-Experten der kriminellen Organisation" zu bezeichnen.

Neben mir sind weitere 12 AktivistInnen angeklagt Mitglied ein- und derselben "kriminellen Organisation" zu sein. Der Staatsanwalt Mag. Wolfgang HANDLER (LG Wr. Neustadt) sieht in der Handvoll vereinzelter Sachbeschädigungen gegen pelzverkaufende Bekleidungsfirmen eine generalstabsmäßig geplante "Doppelstrategie" um die von uns geführten /legalen/ Kampagnen mit entsprechendem Nachdruck zu unterstreichen.

Werkstattblatt: Welche Erfahrungen hast du in diesem Prozess gemacht?

Elmar: Bereits lange vor Beginn des Prozesses - nämlich unmittelbar nach meiner überraschenden Inhaftierung (U-Haft) im Jahr 2008 - kamen mir erste Zweifel am Vorhandensein wesentlicher rechtsstaatlicher Prinzipien in diesem Land:
Noch während der ersten 48 Stunden polizeilicher Anhaltung, verschwieg ich meine Festnahme meiner Arbeitgeberin und meinen Eltern, weil ich mir sicher war, bei der Haftprüfungsverhandlung umgehend enthaftet zu werden.
Ein fataler Irrtum: Die nur zehn Minuten dauernde Verhandlung entpuppte sich als (erste) Farce: Nicht der Ankläger musste seinen Tatverdacht, sondern ich meine Unschuld beweisen. Die Haftrichterin übernahm die Behauptungen des Staatsanwaltes wortwörtlich in ihren Beschluss auf Fortsetzung der Untersuchungshaft, während sämtliche Ausführungen und Beweisanträge der Verteidigung schlicht ignoriert wurden.
Diese formale Prozedur der Haftverlängerung sollte sich in den 3 1/2 Monaten U-Haft mit demselben Ergebnis fünf Mal wiederholen.
Erst eine außerordentliche Weisung aus dem Justizministerium (damals SPÖ/Berger) beendete die UHaft, da sie drohe länger zu dauern als die zu erwartende Haftstrafe.

Erst ein Jahr später, im September 2009, wurde ein Strafantrag zugestellt; Erst Ende 2009 wurde mit der Zustellung der Gerichtstermine die Hoffnung zerstört, dass eine vernünftige Richterin die substanzlose Anklage erst gar nicht verhandeln würde.

Seit 2. März 2010 müssen sich daher 13 TierrechtsaktivistInnen am LG Wr. Neustadt dem Vorwurf stellen Mitglieder einer kriminellen Organisation zu sein:
Ich hatte noch nie mit der Strafgerichtsbarkeit in Österreich zu tun, und war eigentlich bis zum 2. März 2010 der Überzeugung, dass uns spätestens bei einer Hauptverhandlung die Richterin rasch freisprechen würde.
Auch das war ein Irrtum:
Entgegen jeder Erwartung übernahm die Richterin Mag. Sonja ARLETH die Rolle der Anklagebehörde! Das ging sogar so weit, dass Staatsanwalt HANDLER während der folgenden einjährigen(!) Verhandlung nur selten den Mund aufzumachen brauchte.
Ich war erschüttert mit welcher Voreingenommenheit eine theoretisch unparteiische Richterin Ausführungen und Beweisanträge der Verteidigung und Angeklagten ignorierte, den Wünschen des Staatsanwaltes aber immer sofort Folge leistete. Bei Entscheidungen fragte die Richterin auch immer den Staatsanwalt, um sich dann seiner Meinung anzuschließen.
Nicht zuletzt aus diesem Grund habe ich auch mehrere Befangenheitsanträge gegen die Richterin gestellt; Zumal sie selbst darüber zu entscheiden hat, freilich ohne Erfolg.

In den fast 100 Verhandlungstagen kamen praktisch nur ausschließlich ZeugInnen der Anklage zu Wort: Es ging einerseits um Sachbeschädigungen unbekannter TäterInnen (die der kriminellen Organisation zugeordnet wurden), und andererseits um ZeugInnen über Demonstrationen oder Aktionen zivilen Ungehorsams wie Jagdstörungen, Tiertransportblockaden und ähnliches.
Die Doppelstrategie des Staatsanwaltes bestand nun darin die Straftaten unbekannter Täter mit den legalen Aktivitäten der Angeklagten in den Topf zu werfen, "§ 278a" draufzuschreiben und uns damit sämtliche tierschutzmotivierten Straftaten der letzten 21 Jahre in die Schuhe zu schieben.

Erst ein durch die Angeklagten engagierter Privatdetektiv konnte im Herbst 2010 die Identität einer bis dahin vertuschten verdeckten Ermittlerin ("Danielle DURAND") aufdecken. Die bis dahin aggressiv angestrebte Verurteilung begann damit zu wanken.
Anfang 2011 waren noch immer nicht alle ZeugInnen der Anklage vollständig gehört, trotzdem kündigte die Richterin plötzlich ein rasches Ende des Verfahrens an.
ZeugInnen der Verteidigung wurden nicht mehr geladen und am 01. April 2011 (kein Scherz) endete das Beweisverfahren.
Ohne gehörte EntlastungszeugInnen kann das nur einen Freispruch bedeuten!

Die große - und beängstigende - Lehre die ich aus diesem Verfahren gezogen habe ist, dass man in Österreich nicht auf "Rechtsstaatlichkeit" vertrauen darf!
Hätten wir nicht mit letzter Kraft gekämpft, uns freizubeweisen, wir wären schon längst - zu Unrecht! - verurteilt!
Hätten es keine prominente und mediale Prozessbeobachtung gegeben, wir wären schon längst verurteilt!
Hätten wir keine guten (sondern schlechte) RechtsvertreterInnen und - beraterInnen gehabt, wir wären ebenso schon längst verurteilt!

Mein Fazit: In Österreich's Justiz kriegt man nur Recht, wenn sich Glück, fähige VerteidigerInnen und engagierte Angeklagte die Hand geben. In Österreich's Gerichten wird nicht der Schuldbeweis geführt, sondern man muss sich freibeweisen. Die Beweislast liegt offenbar bei den Angeklagten. Hierzulande gilt offenbar die Schuldvermutung!

Werkstattblatt: Welche persönlichen Konsequenzen ziehst du für dich persönlich, aber auch für den VGT aus dem Prozess? Wie wirkt sich dieser Prozess auf dich, aber auch auf euren Verein aus?

Elmar: Abgesehen von dem psychischen und materiellen Schaden den alleine dieser Prozess (auch im Fall des Freispruchs) den Angeklagten und den betroffenen Vereinen zugefügt hat, ist das größte politische Problem die bleibende Rechtsunsicherheit mit den "Organisationsparagrafen" §§ 278 ff StGB: Bis jetzt ist uns nicht klar, welche Handlung wir setzen hätten müssen um uns der Mitgliedschaft einer kriminellen Organisation iSd Gesetzes schuldig zu machen. Reicht es, legalen NGO Aktivismus zu betreiben mit dem Wissen, dass es im Rahmen der legalen Kampagnen auch zu vereinzelten Straftaten kommen kann? Oder müssen die StraftäterInnen aus demselben AktivistInnenkreis kommen, der sich für die legalen Aktionen verantwortlich zeichnet? Muss ich die konkreten TäterInnen überhaupt persönlich kennen? Muss ich ihnen Anweisungen gegeben haben, oder reicht eine "konkludente" Willensübereinkunft?

Meine persönliche Karriere als Universitätsassistent und Doktorand an der TU-Wien wurde durch die Repressionswelle gegen den Tierschutz irreparabel zerstört. Psychologisch fühle ich mich angeschlagen und vor allem handlungsunfähig, da mir bis heute nicht klar ist, bei welchen scheinbar legalen Aktionen ich wieder mit Hausdurchsuchungen, Untersuchungshaft und Terrorprozess rechnen muss.

Solange wir als NGO aber nicht auf auf das Tatbestandsmerkmals "erheblicher Einfluss auf Wirtschaft und Politik" verzichten wollen, werden wir genau so weiter machen wie bisher.

Werkstattblatt: Wie "übersteht" man eine derartige Erfahrung? Was hat euch vor dem Aufgeben bewahrt?

Elmar: Jede Person der 13 Angeklagten ist ganz unterschiedlich mit der Repression umgegangen. Manche sind bereits in der Untersuchungshaft gebrochen, andere erst durch den Prozess an die Grenze des Wahnsinns getrieben worden.
Die Richterin hat in der Verhandlung die absolute Macht. Wir mussten erst lernen damit umzugehen, aber ich denke mit fortschreitender Prozessdauer ist uns das immer besser gelungen.
Für mich persönlich (und vielleicht auch andere) gestalte sich der Prozess unfreiwilligerweise zu meinem neuen Lebensinhalt. Ich konnte ihn als Herausforderung wahrnehmen und glaube auch etliches an Taktik und Diplomatie gelernt zu haben. Beides Methoden, die man in einem rechtsstaatlichen Prozess eigentlich nicht brauchen sollte.
Wenn uns nicht ein Privatdetektiv durch die Enttarnung einer verdeckten Ermittlerin etwas Rückenwind verschafft hätte, wer weiß, vielleicht hätten noch mehrere Angeklagte resigniert. Selbst in der offensichtlichen Freispruchstimmung in den letzten Verhandlungstagen war allen Angeklagten schon eine deutliche Prozessmüdigkeit anzumerken.
Immerhin wurden praktisch alle Angeklagten durch den Prozess in äußerst prekäre finanzielle Umstände geworfen, mussten aber trotzdem einen 60-Wochenstunden Job machen, da man neben der Challenge im Verhandlungssaal die "Freizeit" nutzen muss, um sich mit 300.000 Aktenseiten auf die nächsten Verhandlungstage vorzubereiten. Geschlafen hat wohl niemand von uns viel im letzten Jahr.

An dieser Stelle muss auch betont werden, dass uns die immense öffentliche, zum Teil auch parteipolitische, Unterstützung mehr als nur moralisch und ideell geholfen hat.

Mehr dazu unter: http://www.vegan.at/elmar/



(8) Die nächste EU-Neoliberalismus-Lawine

Beim EU-Gipfel im März wurden eine Reihe Maßnahmen zur Verschärfung des neoliberalen EURegimes beschlossen. Damit droht eine neue Welle von Sozialabbau, Lohndruck und Privatisierung. Gegenwehr und Alternativen sind notwendig! Die Solidarwerkstatt lädt am 15. Mai zu einem Umzug vom Haus der EU zum Parlament in Wien ein. Motto: "SolidarstaAt statt EU-Konkurrenzregime!"

Die aktuellen Pläne und Maßnahmen zur Verschärfung des Neoliberalismus in der EU

1. Das "Europäische Semester"

In einem sog. "Europäischen Semester" soll die Budgetpolitik den nationalen Parlamenten von EUKommission und Rat "präventiv" vorgegeben werden. Von März bis September eines Jahres wird die Budgetpolitik im Wechselspiel zwischen EU-Kommission, Rat und Regierungen vorgekaut, ehe das jeweilige Parlament dann seinen Sanktus dazu geben darf. Die Vorgaben haben zwar zunächst den Charakter von "Empfehlungen", de facto handelt es sich aber um harte Vorgaben, da der Strafkatalog erheblich ausgeweitet und verschärft wird (sh. im folgenden). Das "Europäische Semester" ist bereits ab 2011 in Kraft. Die österreichische Regierung hat die Belastungsbudgets 2011 - 2014 bereits als "Vorgriff auf das Europäische Semester" (Pröll) gelobt. Im Verbund mit den folgenden Maßnahmen kann mE davon gesprochen werden, dass das Budgetrecht der Parlamente - im 19. Jahrhundert mühsam errungen - substantiell ausgehebelt wird.

2. Die Verschärfung des Stabilitätspaktes

a) Die 1/20-Regelung zur Senkung der Gesamtverschuldung
Der sog. "Stabilitätspakt" soll erheblich verschärft werden. Sanktionen sollen nicht erst - wie bisher - bei Überschreitung eines Defizits von 3% des BIP möglich werden, sondern bereits darunter, wenn das Land "erheblich vom Anpassungspfad abweicht und diese Abweichung nicht korrigiert". Verstärktes Augenmerk soll dabei auf die Einhaltung der gesamten Staatsverschuldung von nicht mehr als 60% des BIP gelegt werden. Die Differenz zwischen dem tatsächlichen Schuldenstand und dem Referenzwert muss nach der 1:20-Formel reduziert werden. Damit schwebt ein Damoklesschwert über vielen EU-Staaten, mehr als die Hälfte hat derzeit eine Staatsverschuldung von über 60% des BIP. Durch neue EU-Vorschriften werden nun auch ausgelagerte Bereiche (z.B. Schulden von ÖBB, Landeskrankenanstalten) in die Gesamtverschuldung eingerechnet. Dadurch steigt der Schuldenstand Österreichs von 69,2 auf 72,3% des BIP.
Für Österreich könnte die neue Zwanzigstel-Regel bedeuten, dass selbst bei Einhaltung des 3%-Defizitkriteriums pro Jahr rd. 2 bis 2,5 Milliarden zusätzlich an Einsparungen bzw. Belastungen verordnet werden. Die Strafen sollen 0,2% des BIP ausmachen. Bereits bei Einleitung eines Defizitverfahrens muss das gemahnte Land 0,2% des BIP als unverzinsliche Einlage hinterlegen (Zur Orientierung: Im Falles Österreichs wären das fast 600 Millionen Euro). Wenn der Staat nicht den "Empfehlungen" folgt, wird diese Einlage als Strafe unwiederbringlich einbehalten und dem EMF (sh. unten) zugewiesen.

b) Die Deckelung der öffentlichen Ausgaben
Vollkommen neu ist, dass nicht nur das Haushaltsdefizit (also der Saldo zwischen Ausgaben und Einnahmen) kontrolliert wird, sondern auch die öffentlichen Ausgaben alleine. Diese dürfen nämlich nicht stärker wachsen als das durchschnittliche mittelfristige Bruttoinlandsprodukt. Auch Abweichungen von diesem Grundsatz können Sanktionen unterworfen werden. Damit soll eine expansive staatliche Budgetpolitik, die nicht durch Schulden sondern durch entsprechende Steuereinnahmen gedeckt ist, verunmöglicht werden. Einem Ausbau des Sozialstaates wird dadurch von vornherein ein Riegel vorgeschoben.

c) "Mangelnden Wettbewerbsfähigkeit" wird Straftatbestand
Neben Defizit, Verschuldung und Ausgaben der Staatshaushalte sollen auch "makroökonomische Ungleichgewichte" in Hinkunft Strafen durch die EU auslösen können. So soll die EU-Kommission eingreifen, wenn ein Land mangelnde "Wettbewerbsfähigkeit" bzw. defizitäre Leistungsbilanz aufweist. Damit sichert sich die EU erstmals den direkten Zugriff auf die Lohn- und Sozialpolitik der Länder. Denn klarerweise sind Löhne und Sozialleistungen die ersten und rascheste Schrauben, an der (nach unten) gedreht werden kann, um dem goldenen Kalb "Wettbewerbsfähigkeit" Opfer zu bringen. Folgt ein Staat nicht den entsprechenden "Empfehlungen" der EU-Kommission (die wiederum nur durch eine qualifizierte Mehrheit der Staaten aufgehalten werden können), sind Strafen in der Höhe von 0,1% des BIP vorgesehen.

d) Schnellere Strafen - Macht der Kommission und der großen Staaten steigt
Die Strafen sollen rascher und automatischer als bisher erfolgen, da diese Strafen in Hinkunft nach dem Prinzip der umgekehrten Mehrheit gefällt werden sollen. Bisher musste eine qualifizierte Mehrheit der Staaten für den Strafvorschlag der EU-Kommission sein, nun kann das Strafkarussell nur mehr angehalten werden, wenn sich eine qualifizierte Mehrheit innerhalb von 10 Tagen dagegen findet. Damit steigt natürlich die Macht der EU-Kommission enorm, aber auch die Macht der großen EUStaaten. Denn einige wenige Große können damit mit ihrem (durch den Lissabon-Vertrag) aufgewerteten Stimmgewichten eine Abwehr der Sanktionsvorschläge der Kommission unterlaufen und damit das Sanktionskarussell in Gang bringen.

3. Der "EU-Schutzschirm" - Neokolonialismus in der EU

Schließlich soll die Politik, die der Internationalen Währungsfonds gegenüber verschuldeten Entwicklungsländern - mit oft verheerenden Wirkungen für die betroffenen Ländern - praktiziert hat, nun innerhalb der EU Nachahmung erfahren. Es soll ein permanenter "EU-Schutzschirm" (EMF) eingerichtet wird (500 Mrd. Euro), der - falls die Währungsunion in Gefahr gerät - an überschuldete Staaten, Kredite vergibt und diese an "äußerst strikte Auflagen" knüpft.

Am Beispiel Griechenlands sehen wir, was damit gemeint ist (jüngste Entwicklung: 50 Milliarden EuroPrivatisierungspaket für Griechenland). Die notwendige EU-Vertragsänderung soll bis 2013 vollzogen sein. Österreich wird 2,783 Mrd. Euro dafür einzahlen müssen. Im Grund genommen handelt es sich bei diesem "Schutzschirm" um ein Instrument zu Kolonialisierung von EU-Staaten zu Lasten der Steuerzahler und zum Nutzen der großen Industrie- und Bankkonzerne.

4. Pakt für den Euro - Selbstverpflichtung zu Lohn- und Sozialdumping

Die EU-Staatschefs haben sich auch auf einen "Pakt für den Euro" geeinigt. Zentrale Inhalte:
- Restriktive Lohnpolitik ("starke und anhaltende Lohnsteigerungen können zur Aushöhlung der Wettbewerbsfähigkeit führen ... Sicherstellung, dass Lohnabschlüsse im öffentlichen Sektor den auf Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit gerichteten Anstrengungen im Privatsektor förderlich sind.... Überprüfung des Grads der Zentralisierung im Verhandlungsprozess zur Lohnbildung")
- Überführung der restriktiven EU-Haushaltsvorschriften in nationale Gesetzgebung (z.B. "Schuldenbremse" nach deutschem Vorbild)
- Koordinierung der Steuerpolitik (Senkung der "Lohnnebenkosten") sowie Druck auf die Sozial-, Pensions- und Gesundheitsausgaben (um die von der Kommission ermittelte "Tragfähigkeitslücke" der Staatsfinanzen abzubauen)

Jedes Jahr wollen sich die "Europ-Pakt plus"-Mitglieder in diesem Sinne selbst ambitionierte Ziele verordnen. Dieser "Pakt für den Euro" ist zwar noch nicht mit direkten Sanktionsmechanismen versehen; Druck soll durch ein jährliches Monitoring durch die EU-Kommission ausgeübt werden. Über die obigen Mechanismen (Defizit, Gesamtverschuldung, makroökonomische Ungleichgewichte) kann jedoch ohnehin die Lohn- und Sozialpolitik auch in den Strafmechanismus einbezogen werden. Zudem dient der Pakt als probates Instrument der Regierungen, um Ansprüche von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen auszubremsen.

5. Neoliberalismus nach außen

Den Neoliberalismus, der nach innen verordnet wird, wollen die EU-Mächtigen auch dem Rest der Welt verordnen. Wovor die Solidarwerkstatt bereits bei der Auseinandersetzung um den EU-Lissabon-Vertrag gewarnt haben, wird nun Realität: Durch diesen EU-Vertrag erhielt die EU die ausschließliche Zuständigkeit "die Beschränkungen bei Ausländischen Direktinvestitionen schrittweise zu beseitigen" (EU-Vertrag). Die EU-Kommission geht nun daran, diese Zuständigkeit zu nutzen und Verträge auszuhandeln, die noch konzernfreundlicher sind als die bestehenden Bilateralen Investitionsabkommen (BIT). Harter Kern der Liberalisierung des Kapitalverkehrs ist das Klagsrecht von Konzernen gegenüber Staaten, die z.B. mit Sozial-, Umweltgesetzen den Profittransfer schmälern bzw. den Kapitalverkehr regulieren wollen. O-Ton der EU-Kommission über das Ziel der EU-Investitionspolitik: "Ihre Handelspartner (die der EU, Anm GO) müssen sich dazu verpflichten, den ungehinderten Fluss von Investitionen aller Art zu gewährleisten und zu schützen. ... Eine umfassende gemeinsame Auslandsinvestitionspolitik muss den Belangen der Investoren von der Planungs- bis zur Gewinnphase oder von der Phase vor der Zulassung bis zur Phase nach der Zulassung stärker Rechnung tragen." (KOMM 2010/343) Abgerundet wird diese Politik der Investitionsliberalisierung durch die EU-Rohstoffinitiative aus dem Jahr 2008, die den "freien Zugang zu den Rohstoffmärkten" in aller Welt fordert. In Libyen wird derzeit ein Exempel statuiert, wie ein entsprechendes politisches Umfeld herbeigebombt werden kann.


(9) Weitere Termine
aktuelle Terminübersicht siehe unter www.werkstatt.or.at (rechts unten unter "Termine")

Wir freuen uns auch über Kontakt auf:
www.facebook.com/solidarwerkstatt


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Quelle:
Werkstatt Rundbrief Nr. 9/2011 vom 21. April 2011
Solidar-Werkstatt für ein solidarisches, neutrales und weltoffenes Österreich
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2011