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MELDUNG/210: Verbot bestätigt - Beschwerde einlegen (Grundrechtekomitee)


Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
Pressemitteilung vom 16. Mai 2012

"Zeichen der Freiheit, der Unabhängigkeit und Mündigkeit des selbstbewussten Bürgers"



Das Verwaltungsgericht Frankfurt hat Mittwoch nachmittag das Verbot der Stadt Frankfurt für die Kundgebung des Komitees für Grundrechte und Demokratie bestätigt. Wir werden sofort Beschwerde gegen diesen Beschluss beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof einlegen. So hoffen wir noch immer, dass wir am Donnerstag, 17. Mai 2012, von 12.00 bis 20.00 Uhr auf dem Paulsplatz in Frankfurt für das uneingeschränkte Grundrecht auf Versammlungsfreiheit demonstrieren können.

Obwohl wir nicht Teil des Bündnisses von Blockupy sind, werden die Begründungen für das Verbot von Demonstrationen von Blockupy pauschal auf unsere Kundgebung für das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit ausgedehnt. Damit bestätigt die Stadt Frankfurt, dass sie das Grundrecht generell außer Kraft setzen will. Der "arabische Frühling" wird gefeiert, das polizeiliche Vorgehen gegen Demonstrierende dort angeklagt, aber hier wird das Demonstrationsrecht gleich über mehrere Tage für eine ganze Stadt für alle Belange abgeschafft. Wir hoffen nun auf den Verwaltungsgerichtshof. Die Unsicherheit wird jedoch voraussichtlich bis morgen bestehen bleiben.

Viele Bürger und Bürgerinnen werden davon ausgehen, dass der Verwaltungsgerichtshof die von den Vorinstanzen verhängte Einschränkung der Versammlungsfreiheit nicht mittragen wird. Als Bürger und Bürgerinnen werden wir folglich in jedem Fall die Stadt Frankfurt am Donnerstag besuchen. Wir müssen dann gegebenenfalls vor Ort für das Recht auf Versammlungsfreiheit eintreten. "Das Recht, sich ungehindert und ohne besondere Erlaubnis mit anderen zu versammeln" galt, wie schon das Bundesverfassungsgericht 1985 erkannte, seit jeher als Zeichen der Freiheit, der Unabhängigkeit und Mündigkeit des selbstbewussten Bürgers.

Wir wissen, dass viele andere Bürger und Bürgerinnen, Künstler und Künstlerinnen ebenfalls Frankfurt besuchen werden. Wir hoffen, mit vielen ins Gespräch zu kommen. Vielleicht kann die Frankfurter Innenstadt zum Hyde Park umfunktioniert werden, in dem freie Reden ("speakers corner") und kleine Kulturprogramme möglich werden.

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Pressemitteilung vom 15. Mai 2012

Stadt Frankfurt entlarvt sich selbst - Grundgesetz außer Kraft gesetzt


Das Ordnungsamt der Stadt Frankfurt bestätigt nun selbst die generelle Außerkraftsetzung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit. Die vom Komitee für Grundrechte und Demokratie angemeldete Kundgebung, am Donnerstag, 17. Mai 2012, von 12.00 bis 18.00 Uhr wurde Dienstag, 15. Mai 2012, mittags verboten.

Zur Begründung führt das Ordnungsamt an, dass das Grundrechtekomitee in einem offenen Brief an Frau Oberbürgermeisterin Roth appelliert hat, das Verbot der Versammlungen (von Blockupy) umgehend aufzuheben. Ansonsten wird pauschal die Verbotsbegründung, mit der die Versammlungen von Blockupy verboten wurden, genutzt. Ohne Beleg wird behauptet "Die von Ihnen angemeldete Versammlung ist Bestandteil dieser Aktionstage unter dem Motto 'Blockupy'."

Das Komitee für Grundrechte und Demokratie ist jedoch nicht Bestandteil dieses Zusammenschlusses, sondern setzt sich seit seiner Gründung für die fundamental wichtigen Grundrechte auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit ein.

Ein solches pauschales Demonstrationsverbot für eine ganze Stadt über mehrere Tage hat es in der Bundesrepublik Deutschland seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben. Seit dem sogenannten Brokdorf-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts 1985 sollte auch die Stadt Frankfurt gelernt haben, dass Versammlungs- und Meinungsfreiheit "unentbehrliche und grundlegende Funktionselemente eines demokratischen Gemeinwesens" sind. Das Verfassungsgericht führt aus, sie (die Versammlungen) enthielten "ein Stück ursprünglich-ungebändigter unmittelbarer Demokratie, das geeignet ist, den politischen Betrieb vor Erstarrung in geschäftiger Routine zu bewahren" (BVerfGE 69, 315 ff. - Brokdorf). Das Verfassungsgericht stellte damals fest, einzelne Anlässe und Gewaltvorfälle dürften nicht zum Anlass genommen werden, eine ganze Demonstration aufzulösen. Selbst "wenn mit Ausschreitungen durch einzelne oder eine Minderheit zu rechnen ist", bliebe der "garantierte Schutz der Versammlungsfreiheit erhalten". Die Interessen der Geschäftsleute an ungehindertem Gewinnstreben dürfen Grundrechte ebenfalls nicht aushebeln. Statt mit Auflagen Versammlungen und politische Auseinandersetzungen möglich zu machen und zugleich die Interessen der anderen Bürger und Bürgerinnen zu schützen, setzt die Stadt Frankfurt auf ein pauschales Verbot jeder Versammlung, sie setzt auf STAATSgewalt und bürgerliches Schweigen und Wegducken.

Selbstverständlich reichen wir Klage beim Verwaltungsgericht gegen die Verbotsverfügung ein. Wir hoffen, dass die Gerichte das Grundgesetz besser gelesen haben und das Verbot aufheben, damit wir uns Donnerstag in Frankfurt versammeln können, um für das uneingeschränkte Grundrecht auf Versammlungsfreiheit einzutreten.

Das Bundesverfassungsgericht schrieb im Brokdorf-Beschluss auch, dass das "Recht, sich ungehindert und ohne besondere Erlaubnis mit anderen zu versammeln" seit jeher als Zeichen der Freiheit, der Unabhängigkeit und Mündigkeit des selbstbewussten Bürgers galt.

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Quelle:
Pressemitteilungen vom 15 und 16. Mai 2012
Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
Aquinostr. 7-11, 50670 Köln
Telefon: 0221/9726920
E-Mail: info@grundrechtekomitee.de
Internet: www.grundrechtekomitee.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. Mai 2012