Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → FAKTEN

BERICHT/1207: Demonstration "Freiheit statt Angst" endet mit Aufruf ("Freiheit statt Angst")


"Freiheit statt Angst"
Pressemitteilungen vom 7. September 2013

"Freiheit statt Angst" - heute Grossdemonstration gegen Überwachung in Berlin



Samstag 7. September 2013, 10:55 Uhr
"Freiheit statt Angst": Mehr als zehntausend Menschen zur Großdemonstration gegen den Überwachungswahn erwartet

Die Bühne steht, der Himmel ist blau und die Sonne scheint - beste Voraussetzungen für diesjährige Großdemonstration "Freiheit statt Angst" am heutigen Samstag in Berlin. Mit mehr als zehntausend Teilnehmenden rechnen die Veranstalter. Sie protestieren gegen einen überbordenden Überwachungsstaat, gegen die massive Verletzung wesentlicher Grundrechte durch die Politik und gegen die Untätigkeit der Merkel-Regierung im aktuellen Datenschutz-Skandal.

"Die massenhafte und flächendeckende Erfassung, Protokollierung und Auswertung von Daten, mit der wir heute konfrontiert sind, macht die Menschen wütend und treibt sie auf die Straße. Es ist beispiellos, wie untätig Politiker angesichts der massiven Grundrechtsverletzungen bleiben, obwohl sie sich für den Schutz der Bürgerrechte einsetzen müssten", erklärt Rena Tangens vom Demobündnis. "Der Skandal betrifft nicht nur die NSA, es beteiligen sich Regierungen, Konzerne, Geheimdienste aus allen Ländern - auch aus Deutschland."

Ein breites Bündnis von Bürgerrechtsorganisationen und -netzwerken, Gewerkschaften, Berufsverbänden von Journalisten, Juristen und Ärzten, Beratungsstellen wie der AIDS-Hilfe, amnesty international, der Verbraucherzentrale Bundesverband und mehr als 80 weiteren Organisationen ruft gemeinsam zur Demo auf. Auch Bürgerrechtsaktivisten aus den USA werden nach Berlin einfliegen, um ein deutliches Signal zu senden. "Wir wollen Freiheit statt Angst. Stoppt den Überwachungswahn!", so Tangens weiter.

Für die Auftaktkundgebung auf dem Alexanderplatz (Karl-Marx-Allee) um 13 Uhr ist ein buntes Bühnenprogramm angekündigt. Als Auftakt-Rednerinnen und -redner treten u.a. der US-amerikanische Aktivist Jacob Appelbaum, Silke Lüder von der Freien Ärzteschaft, Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis gegen Vorratsdatenspeicherung und Campact-Geschäftsführer Christoph Bautz auf. Erstmals mit dabei ist der vzbv (Verbraucherzentrale Bundesverband ), für den Vorstand Gerd Billen als Redner auftreten wird. Für die musikalische Untermalung sorgt der Berliner Singer/Songwriter Max Prosa.

Der Demozug startet circa 14.00 Uhr.

Um ca. 16.00 findet die Abschlusskundgebung auf dem Alexanderplatz statt. Es reden Anne Roth, Bloggerin, Parker Higgins, Electronic Frontier Foundation (San Francisco), Michael Rediske, Reporter ohne Grenzen, Christian Humborg, Transparency International sowie padeluun von der Bürgerrechtsorganisation Digitalcourage.


Samstag, 7. September 2013, 13:30 Uhr
Schluss mit dem Überwachungswahn: Demonstration "Freiheit statt Angst" startet am Alexanderplatz

Die heutige Großdemonstration "Freiheit statt Angst" wurde soeben durch Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis gegen Vorratsdatenspeicherung eröffnet. Tausende Menschen haben sich bereits am Alexanderplatz versammelt, um gegen die massive und flächendeckende Erfassung und Speicherung von Daten, die überbordende Überwachung des Internets und die Untätigkeit der Merkel-Regierung angesichts des größten Datenschutzskandals der Geschichte zu protestieren. "Es geht nicht nur um den aktuellen NSA-Skandal, sondern auch um Handyortung, Online-Durchsuchung und all die IT-Großprojekte von Gesundheitskarte über E-Perso bis zur angedrohten PKW-Maut die unseren Alltag immer lückenloser kontrollierbar machen", so padeluun vom Demobündnis. "Wir fangen gerade erst an, aber es ist jetzt schon deutlich, dass wir deutlich mehr sein werden als bei der letzten Demonstration vor zwei Jahren."

Die endgültige Teilnehmerzahl wird erst gegen 16 Uhr feststehen. Trotz des ernsten Themas ist die Stimmung der Teilnehmenden vor Ort bei strahlender Sonne und spätsommerlichen warmen Temperaturen ausgesprochen gut.

"Geheimdienste wie die NSA bespitzeln hemmungslos weltweit Telefonate und Internetverkehr. Sie benehmen sich, als wäre der Rest der Welt ihr Vorgarten, in dem sie tun und lassen können, was sie wollen. Und unsere Regierung, deren beeidete Pflicht es ist, Schaden von uns abzuwenden, lässt sich mit Beschwichtigungen abfüttern und erklärt die Affäre per Ministerialdekret für beendet. Aber so läuft das nicht: diese Affäre ist an dem Tag beendet, an dem wir nicht mehr überwacht werden, und keinen Tag früher", so Auftaktredner Steffens.

Ihren Unmut angesichts der massiven Internet-Überwachung äußern auf der Auftaktkundgebung auch der US-amerikanische Aktivist Jacob Appelbaum, Silke Lüder von der Freien Ärzteschaft, Campact-Geschäftsführer Christoph Bautz und erstmals im Rahmen einer "Freiheit statt Angst"-Demo auch Gerd Billen vom Verbraucherzentrale Bundesverband. "Wir haben ein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Der Staat muss uns Verbraucher schützen", so Billen.

Voraussichtlich gegen 14.00 Uhr startet der Demonstrationszug vom Alexanderplatz über die Alexanderstraße Richtung Jannowitzbrücke, weiter über die Stralauer Straße und Spandauer Straße Richtung zum Hackeschen Markt, um von dort über die Rosenthaler Straße und Weinmeisterstraße zurück zum Startpunkt zurückzukehren.

Die vollständigen Redetexte sowie kurze Zusammenfassungen werden im Laufe des Tages auf freiheitstattangst.de/reden2013 verfügbar sein.


Samstag, 7. September 2013, 15:40 Uhr
Über 20.000 Demonstranten gegen den Überwachungswahn.

"Die Demonstration ist ein Riesenerfolg. Wir sind vier mal so viele wie bei der letzten Demo 2011! Die Bürgerinnen und Bürger gehen für die Verteidigung von Grundrechten und Demokratie auf die Straße", freut sich padeluun vom Demobündnis.

"Nur eine Diktatur braucht Zensur", "Anonymität ist kein Verbrechen" oder "Pressefreiheit braucht Informationsschutz" - in fantasievollen Kostümen, mit kreativen Transparenten und markigen Sprüchen protestieren die Menschen in Berlin friedlich gegen die Schnüffelpraktiken der NSA, gegen die andauernde Verletzung ihrer Privatsphäre und gegen die beharrliche Untätigkeit der Regierung Merkel.

"Wir sind heute hier, weil wir nicht hinnehmen, so dreist belogen zu werden. Weil wir nicht hinnehmen, dass die Geheimdienste alle bespitzeln. Weil wir nicht hinnehmen, dass das Internet nur noch zum Überwachen und Geldverdienen da ist, " bringt es die Netzaktivistin und Bloggerin Anne Roth auf den Punkt.

Rena Tangens von der Bürgerrechtsorganisation Digitalcourage betont: "Auch in Deutschland wird überwacht - und alle Bürgerinnen und Bürger sind betroffen. Online-Durchsuchung, Vorratsdatenspeicherung, Bestandsdatenauskunft und der unverhältnismäßige Einsatz von Funkzellenabfragen sind nur einige Beispiele von demokratiefeindlichen Überwachungsmaßnahmen, die abgeschafft werden müssen."

"Wir brauchen dazu eine Behörde, die die Überwachung durch Geheimdienste vollständig aufklärt. Man könnte sie auch Gauck-Behörde 2.0 nennen. Wir würden uns freuen, wenn unser Bundespräsident als jemand, der Überwachung durch die Stasi aus eigener Erfahrung kennt, nicht nur durch sein Schweigen auffallen würde", ergänzt Oliver Moldenhauer von der Organisation SumOfUs.org.

Darüber hinaus fordert er, dass Abkommen, die eine umfassende Erfassung, Speicherung und Weitergabe persönlicher Daten von Bürgern erlauben, sofort gestoppt werden. Dazu gehören die Abkommen zur Weitergabe von Bankdaten, zu Fluggastdaten und zur Datenverabeitung in den USA (Safe Harbour).

Weiterhin müssten dringend Technologien zur Verschlüsselung als freie Software gefördert werden. "Wir brauchen Verschlüsselungssoftware, die auch wirklich jeder versteht und anwenden kann", so der US-amerikanische Bürgerrechtsaktivist Jacob Appelbaum. "Eine starke Verschlüsselung ist der Anfang des Widerstands gegen die neue Tyrannei der heutigen Zeit", Appelbaum weiter.

Für Christoph Bautz von Campact steht fest: "Die Freiheit muss derzeit nicht am Hindukusch verdeitigt werden. Die Freiheit müssen wir alle gemeinsam hier verteidigen! Gegen die Schlapphüte von Pullach und Berlin."


Samstag 7. September 2013 um 18.30 Uhr
Demonstration "Freiheit statt Angst" endet mit Aufruf zu weiteren Aktionen

Während Bands wie die Ska-Formation "Banda Pacheco" den 20.000 "Freiheit statt Angst"-Demonstranten zum Abschluss der Großdemonstration auf dem Berliner Alexanderplatz noch musikalisch einheizen, ziehen die Veranstalter ein durchweg positives Fazit: "Der Erfolg ist klar zu hören und zu sehen. Die Menschen gehen auf die Straße und kämpfen für den Schutz ihrer Bürgerrechte. Die Politik kann dieses Signal nicht länger ignorieren", sagt Kai-Uwe Steffens vom Demobündnis. "Wir werden keine Ruhe mehr geben und auch nach der Wahl für Freiheit, Bürgerrechte und Demokratie streiten", so Steffens weiter.

Auch die anderen Redner auf der Bühne stimmen kämpferische Töne an. Parker Higgins, Aktivist der Electronic Frontier Foundation (USA), warnt eindringlich vor den Folgen lückenloser Überwachung für die menschliche Würde: "Wir müssen uns das System wieder zurückerobern. Dafür brauchen wir informierte Bürger und wir brauchen Regierungen, die sich an die Menschenrechte halten. Ich schäme mich für das, was mein Land in meinem Namen tut, aber heute fühle ich mich von meinen wirklichen Landsleuten umgeben. Es sind Menschen, die an die Freiheit glauben und aufstehen gegen die Angst!"

Michael Rediske von Reporter ohne Grenzen betont die Gefährdung der Pressefreiheit, die mit der Überwachung und dem Ausspähen von Journalisten in aller Welt über das Internet tägliche Realität ist. "Sie werden für Blog-Einträge oder Twitter-Posts verhaftet, ihre Emails werden überwacht, Kontakte ausgeforscht, ihre Computer mit Überwachungssoftware infiziert." Durch den NSA-Skandal sei nun klar belegt, dass auch deutsche Journalisten regelmäßig ausgeforscht werden. Diese Überwachung in Deutschland gefährde nicht nur die eigenen Freiheiten, sondern mache die Bundesrepublik auch unglaubwürdig als Verbündeter von Bewegungen in anderen Ländern. "Wir dürfen den Diktatoren nicht den Gefallen tun, ihnen ähnlich zu werden."

"Wir könnten Snowden aufnehmen, wir müssten es nur wollen", sagt Christian Humborg von Transparency International. Er zitiert aus Snowdens Reaktion auf den Erhalt des Whistleblower-Preises: "Regierungen müssen für ihre Entscheidungen Rechenschaft ablegen. Die Entscheidung, welche Rechte und Freiheiten die Menschen haben, muss öffentlich gefällt werden und nicht von den Regierungen im Geheimen. Die Wahrheit über die Mächtigen auszusprechen, hat viele Whistleblower ihre Freiheit, ihre Familie oder ihr Land gekostet."

Zum Erfolg der Großdemo trugen neben den prägnanten Rednern auch die musikalischen Beiträge der Sängerin Dota (Kleingeldprinzessin) sowie Max Prosa und den eigens aus Wien angereisten Musikern von "Banda Pacheco" bei, die alle zugunsten der Demonstration auf ihr Honorar verzichtet haben.

Weitere Informationen unter:
http://freiheitstattangst.de/

*

Quelle:
"Freiheit statt Angst"
E-Mail: kontakt@vorratsdatenspeicherung.de, mail@digitalcourage.de
Twitter: @akvorrat, Hashtag: #fsa13
Internet: http://freiheitstattangst.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. September 2013