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BERICHT/1061: Friedenswerkstatt Linz - Rundbrief 24/2009


Werkstatt Frieden & Solidarität

Werkstatt Rundbrief Nr. 24/2009 - 12. November 2009


Themen:

(1) Uniproteste gehen weiter! Nein zum Zwei-Klassen-Studium!
(2) Metall-Kollektivvertrag: Löhne rauf!
(3) VA-Tech-Privatisierung: Offener Brief an den Justizuntersuchungsausschuss
(4) "Höchste Eisenbahn - Für eine Verkehrswende" - Teil 3:
     "Der öffentliche Verkehr sollte für jeden kostenlos sein."
(5) Termine/Veranstaltungen


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Uniproteste gehen weiter! Nein zum Zwei-Klassen-Studium!

Der Aktionstag am 5. November war mit zehntausenden Menschen, die in den verschiedenen Uni-Städten für freie Bildung vom Kindergarten bis zur Uni demonstrierten, ein großer Erfolg. Die Besetzungen an den Unis gehen überall weiter. Neben der Aufstockung der materiellen Mittel für die Bildung wird lautstark der freie Zugang zu höherer Bildung gefordert. Denn durch den sog. EU-Bologna-Prozess sollen die Hochschulen in Richtung eines Zwei-Klassen-Studium umgekrempelt werden.

Den Startschuss für den sog. "Bologna-Prozess" gab - wie bei vielem - der sog. "European Round Table of Industrialists" (ERT), eine der mächtigsten EU-Lobbyorganisationen, die aus den Chefs der 48 größten europäischen Industriekonzerne besteht (derzeitige ERT-Mitglieder sh. http://www.ert.be/members_a_to_z.aspx). Im Jahr 1995 publizierte der ERT das Papier "Education for Europeans - Towards the Learing Society", in dem gefordert wird, die Bildung "stärker auf die Bedürfnisse der Wirtschaft" auszurichten, der Großindustrie eine "aktivere Rolle an den Universitäten", und weiterreichende Qualifikation erst "erfahreneren Studierenden" und dem "akademischen Stab" vorzubehalten. Im sog. "Bologna-Prozess" beginnen die EU-Staaten ab 1999 die ERT-Vorgaben sukzessive umzusetzen. Im Kern geht es um die Spaltung in ein reduziertes, hochgradig verschultes Bachelorstudium (3 Jahre), an das sich erst mit dem Master (2 Jahre) und dem Doktor (3 Jahre) wissenschaftliche Qualifizierung anschließt.

Mit der UG-Novelle 2009 haben die Regierungsparteien auch in Österreich das Tor weit dafür aufgemacht, sowohl am Beginn des Studiums als auch beim Übergang vom Bachelor zum Master eine selektiven Flaschenhals einzuziehen, um nur mehr einem kleinen Teil der Studierenden weitergehende wissenschaftliche Qualifikation zu ermöglichen. Derzeit laufen bereits an vielen Unis Vorstöße, solche Zugangshürden einzuführen.

Kampf für Bildung für alle = Kampf für Demokratie. Der Widerstand gegen die Bologna-konforme Unilandschaft, gegen die Einführung von Zugangsbeschränkungen am Beginn und während des Studiums ist nicht nur bildungspolitisch geboten, es ist auch ein Kampf gegen den fortschreitenden Demokratieabbau. Die Hierarchisierung von Bildungsmöglichkeiten, die Aufspaltung in Schmalspur und Elitenbildung führt zur demokratiegefährdenden Verfestigung elitärer politischer und ökonomischer Kasten. Schon die Durchsetzung des Bologna-Prozesses, der von den Zirkeln der Großindustrie über die Regierungen und deren Parteigliederungen EU-weit durchgewunken wurde, zeigt, wie hohl viele demokratische Rituale mittlerweile geworden sind. Der Aufstand der Studierenden, der Kampf für bessere Studienbedingungen ist daher auch ein Kampf für eine demokratischere Gesellschaft - sowohl in seiner Form als auch in seinem Inhalt.

Stefan Daxner, Werkstatt-Mitglied und Aktivist in der Studierendenbewegung an der Uni Linz: "Der EU-Bologna-Prozess bedeutet die Einführung des Zwei-Klassen-Studiums: Schmalspurausbildung, Verschulung und materieller Mangel für die Masse, wissenschaftliche Qualifizierung unter Vormundschaft von Konzerninteressen für eine kleine Elite. Dagegen wehren wir uns. Der Kampf gegen die Einführung von Zugangsbeschränkungen und Selektionshürden gehört zu den wichtigsten Aufgaben unserer Bewegung."

Aktuelle Informationen aus den besetzten Hörsälen auf www.unsereuni.at


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Metall-KV: Löhne rauf!

Die Werkstatt Frieden & Solidarität unterstützt die Forderungen nach höheren Reallöhnen in den aktuellen Kollektivvertragsauseinanersetzungen in der Metall- und anderen Branchen. Während die Unternehmer über verschärfte Arbeitszeitflexibilisierung die Löhne real senken wollen, schütteten die an der Wiener Börse notierten Konzerne im Krisenjahr 2008 sensationelle Dividenden aus: Fast 4 Milliarden, das sind 93% der Gewinns landeten in den Taschen der Aktionäre. Um dieses Geld hätte für die 580.000 Beschäftigten dieser Unternehmen die Arbeitszeit um 6 Wochenstunden bei vollen Lohnausgleich verkürzt werden können.

WUSSTEN SIE, DASS...

... es seit dem EU-Beitritt faktisch keine Reallohnzuwächse mehr gibt, während die Gewinne gewaltig zugenommen haben. Die Lohnquote, d.h. der Anteil der ArbeitnehmerInnen am Volkseinkommen, ist seit dem EU-Beitritt um 7% zurückgegangen. Die auf EU-Ebene vereinbarte Politik der Privatisierung, der Kürzung öffentlicher Ausgaben, des direkten Drucks auf Kollektivverträge und Arbeitszeitregelungen hat wesentlich zur verschärften Umverteilung von Arbeit zu Kapital beigetragen. In einigen jüngeren Urteilen hat der EU-Gerichtshof (EUGH) sogar das Unterlaufen von Kollektivverträgen durch Unternehmen aus EU-Billiglohnländern für rechtswirksam und gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen gegen dieses Lohndumping für unzulässig erklärt.

... dass keine Einkommen seit 1995 so explosionsartig angestiegen ist wie die Dividendenausschüttungen an die Aktionäre: Diese sind seit 1995 nominell um 300% gestiegen. Das ist fast das Acht-Fache des nominellen Lohn- und Gehaltszuwachs in diesem Zeitraum.

... dass die Ausschüttungen an die Aktionäre der an der Wiener Börse gehandelten ATXKonzerne auch im Krisenjahr 2008 noch einmal kräftig angehoben wurden - auf fast 4 Milliarden Euro. Im Jahr 2008 wurden sage und schreibe 93% des Gewinns der ATX-Konzerne an die Aktionäre ausgeschüttet, während gleichzeitig die Industriellenvereinigung Nulllohnrunden von den Beschäftigten fordert.

... dass mit den Dividenden der ATX-Unternehmen im Jahr 2008 eine Arbeitszeitverkürzung um 6 Wochenstunden mit vollem Lohnausgleich für die rd. 580.000 Beschäftigten dieser Unternehmen finanziert werden hätte können.

... dass Lohnverzicht nicht nur sozial ungerecht, sondern auch wirtschaftlich unvernünftig ist. Denn sinkende Löhne bedeuten auch sinkende Konsumnachfrage. Und damit sinken auch die Investitionen und steigt die Arbeitslosigkeit. Die gewaltigen Gewinne werden zum Gutteil nicht mehr reinvestiert, sondern wandern vermehrt in die Taschen der Aktionäre bzw. den Kapitalexport, um raschen Profit aus der fieberhaften Privatisierung insbesondere in Osteuropa zu ziehen.

Die Werkstatt Frieden & Solidarität ist deshalb solidarisch mit den ArbeitnehmerInnen in der Metall- und anderen Branchen, die für steigende Reallöhne und gegen Ausweitung und Flexibilisierung der Arbeitszeit kämpfen. Wir brauchen eine grundlegende solidarische, demokratische und ökologische Wende, um aus der wirtschaftlichen Sackgasse herauszukommen, in die uns die neoliberale Wirtschaftspolitik geführt hat. Dazu gehören höhere Reallöhne und Arbeitszeitverkürzung ebenso wie vermehrte öffentliche Investitionen in Bildung, Gesundheit, Pflege, erneuerbare Energien und öffentlichen Verkehr. Dafür müssen wir freilich mit den neoliberalen Vorgaben der EU-Verträge brechen, die alle Mitgliedstaaten zu ungehemmten Kapitalverkehr, Freihandel und zu einer Wirtschaftspolitik "der offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb" (Artikel 119, 120, 127, Vertrag über die Arbeitsweise der EU) verpflichten. Denn nicht zuletzt dieser Neoliberalismus hat uns in das derzeitige wirtschaftliche Schlamassel geführt.

Glück auf!

Flugblatt als pdf mit Grafiken zum download
http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_docman&task=doc_download&gid=77&Itemid=49


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Offener Brief an den Justizuntersuchungsausschuss

Im Jahr 2005 brachte die Werkstatt Frieden & Solidarität Strafanzeige gegen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder der ÖIAG ein. Anlass war der offensichtliche Verstoß gegen den Privatisierungsauftrag beim Verkauf der VA-Tech an Siemens. Obwohl mittlerweile selbst der Rechnungshof die Vorwürfe der Werkstatt bestätigt hat, hatte die Staatsanwaltschaft darauf nicht einmal reagiert. Wir fordern deshalb die Mitglieder des derzeit tagenden Justizuntersuchungsausschuss auf, die Rolle der Justiz in der Causa VA-Tech-Privatisierung unter die Lupe zu nehmen.


Werkstatt Frieden & Solidarität
Waltherstraße 15, 4020 Linz
Tel. 0732/771094, Fax 0732/797391
office@werkstatt.or.at

An den
Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung von Abhör- und
Beeinflussungsmaßnahmen im Bereich des Parlaments Martin Bartenstein und dessen
parlamentarische Mitglieder

Linz, 11.11.2009

OFFENER BRIEF

Sehr geehrte Damen und Herren,

Wir möchten Sie darauf hinweisen, das die Werkstatt Frieden & Solidarität am 09.02.2005 eine Strafanzeige gemäß § 153 StGB beim Linzer Landesgericht eingebracht hat. Diese Strafanzeige gegen 2 Vorstände und 10 Aufsichtsratmitglieder der Österreichischen Industrieholding AG (ÖIAG) wurde aufgrund der Vorgänge und Verhaltensweisen des ÖIAG-Vorstandes bei der Übername des in ÖIAG-Besitz stehenden Aktienpaketes der VA Technologie AG (VA-TECH) an die SIEMENS AG Österreich eingebracht (Strafanzeige siehe http://www.friwe.at/Diverses/OEIAGStrafanzeige.pdf). Bei dieser in der Anlage beiliegenden Strafanzeige wird auf den Sachverhalt des Verstoßes gegen den Privatisierungsauftrag nach § 7 des ÖIAG-Gesetzes und besonders auf die für Österreich schädigenden Umstände und Auswirkungen hingewiesen. Aufgrund des großen öffentlichen Interesses und der breiten Medienberichterstattung wird Ihnen dieser Vorgang noch in Erinnerung sein.

Es ist nicht nur demokratisch legitimiertes Recht sondern auch Pflicht jedes Einzelnen, strafrechtlich relevante Umstände mündlich oder schriftlich den dafür zuständigen Behörden zur Kenntnis zu bringen. In diesem Fall berühren die strafrechtlich relevanten Umstände nicht nur privates Interesse, sondern öffentliches Eigentum, mit großer Bedeutung für Beschäftigte und die Gesellschaft insgesamt. Richter und Staatsanwälte sind zu einer Gleichbehandlung aller Anzeigen und Eingaben dem Gesetz entsprechend verpflichtet. Aufgrund des hohen öffentlichen Interesses in diesem Fall müßte aber doch eine erhöhte Aufmerksamkeit der Justiz angenommen werden.

Wir waren deshalb sehr verwundert, daß weder die eingeforderte schriftliche Bestätigung noch eine mündliche Mitteilung über den Eingang der Strafanzeige der Werkstatt Frieden & Solidarität bzw. eine Information über die weitere Behandlung erfolgt ist. Für uns bzw. die interessierte Öffentlichkeit stellen sich deshalb folgende Fragen, zu deren Beantwortung wir Sie ersuchen beizutragen.

Handelt es sich um eine Verschleppung der Strafanzeige, so sollte zumindest eine amtliche Eingangsbestätigung auffindbar sein.

Handelt es sich um eine Unterdrückung der Strafanzeige bzw. Dokumentenunterdrückung?

Handelt es sich um eine Unterdrückung der Strafanzeige zur Verhinderung eines Strafprozesses nach § 153 StGB gegen die angezeigten Personen des Vorstandes (und des Aufsichtsrates?) der ÖIAG?

Handelt es sich um eine Unterdrückung der Strafanzeige zur Verhinderung eines Strafprozesses nach § 153 StGB gegen die angezeigten Personen des Vorstandes der ÖIAG aufgrund einer Weisung von höherer Instanz, so wäre das dem Einbringer, der Werkstatt Frieden & Solidarität mitzuteilen.

Handelt es sich um einen Verlust der Strafanzeige in den Gebäuden der Justiz? Die mediale Berichterstattung über diese Strafanzeige erreichte ein Ausmaß, welches nahelegt, daß auch in diesem Fall das Vorliegen einer Strafanzeige den zuständigen Personen nicht entgangen sein kann. Noch dazu wissen wir, daß auch andere Personen eine Strafanzeige in diesem Sinne eingebracht haben und diese sehr wohl vom Eingang in Kenntnis gesetzt wurden.

Alle diese offenen Fragen sind geeignet, das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit unseres Rechtssystems in Frage zu stellen. Wir ersuchen Sie deshalb im derzeitigen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu prüfen, welche Umstände und Einwirkungen dafür verantwortlich sind, dass auf die Strafanzeige der Werkstatt für Frieden und Solidarität vom 9. Februar 2005 gegen die Mitglieder des Vorstandes bzw. Aufsichtsrates der ÖIAG nach § 153 StGB, weder eine schriftliche Bestätigung über deren Empfang noch eine Information über die weitere Behandlung dieses Falles übermittelt wurde.

Mit freundlichen Grüßen
f. d. Werkstatt Frieden & Solidarität
Rudolf Schober


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Klarer Freispruch für Rainer Zendron

Die 1. Mai-Mär oder:
Es fällt mir so schwer, mir das vorzustellen

Tragikomödie in einem Akt

Auf den Tag genau zum Halb-Jahres-Tag des massiven Polizeieinsatzes gegen die alternative 1-Mai-Demonstration in Linz endete der Prozess gegen den Vizerektor der Linzer Kunstuniversität Mag. Rainer Zendron wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt mit einem klaren Freispruch.

Eigentlich wollte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Rainer Zendron schon gänzlich einstellen. Aufgrund der Intervention des Justizministeriums blieb von zweimal Widerstand gegen die Staatsgewalt und einmal schwerer Körperverletzung nur noch einmal Widerstand gegen die Staatsgewalt übrig.

In der Verhandlung ging es dann um die rund 10 Sekunden, in denen Rainer Zendron einen Beamten attackiert haben soll. Die vier Beamten, die als Zeugen geladen waren, verwickelten sich in ihren Aussagen in Widersprüche, die Aussagen wollten einfach nicht zueinander passen und wichen in weiten Teilen deutlich von den im Video Polizeieinsatzes gezeigten Vorgängen ab. Der von Zendron angeblich attackierte Beamte sagte - zum Amüsement des Publikums - aus: "Ich glaube, dass ein bis zwei Schläge erfolgt sind". Auf die Frage des Richters, ob er denn nun geschlagen worden sei oder nicht, verwickelte sich der Zeuge in unentwirrbare Widersprüche, die letztlich in einem "Ich weiß es nicht" endeten.

Ein weiterer Beamter sagte aus, Zendron hätte den betreffenden Beamten zwar nicht geschlagen, diesen aber massiv bedrängt und umklammern wollen. Auch hier brachte eine weitere Befragung durch den Richter und den Verteidiger nur weitere Mutmaßungen, noch mehr Widersprüche und keine Beweise - wie auch bei den Aussagen der weiteren geladenen Beamten. Aufgrund der eklatanten Ungereimtheiten waren Richter, Staatsanwältin und Anwalt wiederholt gezwungen, Videos auf dem Laptop anzusehen, um einigermaßen Licht in die Aussagen der Beamten zu bringen - aber ohne Erfolg.

In seiner Rede vor der Urteilsverkündung wies der angeklagte Vizerektor auf den hohen Symbolwert des traditionellen ersten Maiaufmarsches hin. Sein Großvater sei vor 75 Jahren in der Zeit des Austrofaschismus ebenfalls verhaftet worden. Er hoffe auf einen Freispruch, verlangte aber auch eine Anklage des Einsatzleiters der Polizei und eine Entschuldigung der Innenministerin.

Der Richter spricht mit der Bemerkung "Es fällt mir so schwer, mir das vorzustellen" Mag. Zendron von der Anklage wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt frei. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab, das Urteil ist somit noch nicht rechtskräftig.

Dieser Freispruch ist nun der vierte in Zusammenhang mit den Ereignissen um den 1. Mai 2009 (eine Verurteilung ist noch nicht rechtskräftig), was die damaligen und unwiderrufenen Reaktionen von Verantwortlichen und Politiker_innen einmal mehr hinterfragenswert macht: Stehen Landeshauptmann Pühringer, Vizebürgermeister Hatzl, der angehende Linzer Sicherheitsstadtrat Wimmer, Sicherheitsdirektor Lißl und Polizeidirektor Widholm nach wie vor uneingeschränkt hinter "ihrer Polizei"? Sprechen sie nach wie vor von "Vorverurteilungen der Exekutive"? Was gedenkt das BIA mit mindestens zwei vor laufenden Kameras prügelnden Beamten zu tun oder mit dem Leiter des Linzer Einsatzreferates Oberstleutnant. Moser, der Aussage-Vorlagen für am 1. Mai eingesetzte Beamte verschickt hat? Wird sich Innenministerin Fekter entschuldigen? Wird es so etwas wie Aufklärung und Konsequenzen geben? Oder verläuft wieder einmal alles im Sand?

Doch es gibt Hoffnung: Gerüchten zufolge darf der Beamte, der sich wild drauflos prügelnd seinen Schlagstock an Mag. Zendrons Rücken ruiniert hat, nicht mehr an ähnlichen Einsätzen teilnehmen.

Zur Erinnerung, von wem wirklich die Gewalt am 1. Mai in Linz ausgegangen ist:
Video vom Polizeieinsatz am 1. Mai in Linz
Hinweis der Schattenblick-Redaktion:
Das Video ist aufrufbar über die Internetseite der Werkstatt Frieden & Solidarität:
http://www.werkstatt.or.at/index.php?option=com_content&task=blogcategory&id=56&Itemid=77


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Höchste Eisenbahn - Für eine Verkehrswende Teil 3

"Der öffentliche Verkehr sollte für jeden kostenlos sein."

Das ist das Ergebnis des im Auftrag der Regierung erstellten "Grünbuches Energieeffizienz". Regierung und Parlamentsparteien haben dieses Grünbuch rasch wieder verschwinden lassen. Wir aber haben ausgerechnet, wie ein öffentlicher Verkehr über eine solidarische Mobilitätsabgabe statt teurer Fahrgebühren finanziert werden könnte. Fazit: Ein Durchschnittsverdiener könnte mit 20 Euro monatlich alle öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos benutzen!

Eine Umfrage der Initiative "Pro-Bahn" hat ergeben, dass fast 70% der Befragten mit den Preisen der ÖBB unzufrieden sind. Wie fantastisch der Zuspruch zum Öffentlichen Verkehrsmittel zunimmt, wenn der Nulltarif eingeführt wird, zeigt das Beispiel der belgischen Stadt Hasselt, wo sich seit dessen Einführung der Fahrgastzahlen verdreizehnfacht haben. Wer meint, die Einführung des Nulltarifs wäre eine besonders radikale Forderung, der irrt. In dem vom Wirtschaftsministerium in Auftrag gegebenen "Grünbuch Energieeffizienz" kommt der Chef der e-control, Walter Boltz, im vorigen Jahr zur Schlussfolgerung: "Der öffentliche Verkehr sollte für jeden kostenlos sein." Nur so könne die Klima- und Energiekrise wirksam bekämpft werden. Boltz rechnet vor, dass bereits jetzt zwei Drittel der ÖBB-Einnahmen von der öffentlichen Hand stammen (für gemeinwirtschaftlicher Aufgaben usw.) und nur mehr ein Drittel aus dem Verkauf von Fahrkarten/Zeitkarten. Freilich haben Regierungs und Parlamentsparteien diese Studie rasch wieder in der Schublade verschwinden lassen, weil das Ergebnis so gar nicht nach dem Geschmack von Auto-, Öl- und Straßenbaulobby ausgefallen war. Uns aber hat diese Studie angeregt, den Gedanken weiterzuspinnen und die Kosten für einen generellen Nulltarif auf allen Öffentlichen Verkehrsmiteln durchzurechnen. Die ÖBB (inkl. Postbus) nahmen im Jahr 2008 659 Millionen Euro über den Kartenverkauf ein. Über die Statistiken der regionalen Verkehrsverbünde können die Fahrgasteinnahmen auch für den Nahverkehr einigermaßen abgeschätzt werden. Unser Ergebnis: Ca. 650 Millionen Euro. In Summe also rd. 1,32 Milliarden Euro (ÖBB plus Nahverkehr).

Kleiner Mobilitätsbeitrag für alle statt teurer Fahrgebühren. Nulltarif bedeutet freilich nicht, dass der ÖV kostenlos ist; es bedeutet, dass er gemeinschaftlich finanziert wird. Wie könnte das ausschauen? Wenn man - anstelle der jetzigen Fahrgebühren - 1% der Wertschöpfung des Jahres 2008 (Löhne und Gehälter, Selbständigen-Einkommen, Brutto-Betriebsüberschüsse) als Mobilitätsabgabe dem ÖV zur Verfügung stellt, so ergibt das rd. 2,52 Milliarden. Das ist fast das Doppelte dessen, was bisher über Fahrgasteinnahmen lukriert werden konnte. D.h. es könnte auch sichergestellt werden, dass Geld für den raschen Ausbau - Taktverdichtung, Netzerweiterung - zur Verfügung steht, um den mit Einführung des Nulltarifs zu erwartenden Fahrgastansturm zu bewältigen.

19,6 Milliarden an externen Kosten. Wir halten es für gerecht, dass auch die Unternehmungen diesen 1%-Anteil leisten, da gerade sie maßgeblich Verursacher wie Nutznießer der wachsenden Mobilität sind. Wir halten es für gerechtfertigt, dass auch die Nicht-Benützer des ÖV diesen Beitrag leisten, denn Öffi-Nutzer nutzen allen, weil sie Umwelt, Ressourcen und Gesundheit aller schonen, während umgekehrt die AutofahrerInnen auch Umwelt, Gesundheit und Ressourcen von allen belasten. Laut Zahlen des VCÖ verursacht alleine der Pkw-Verkehr jährlich 19,6 Milliarden Euro an sog. "externen Kosten", also Kosten, die nicht von den Verursachern sondern von der Allgemeinheit getragen werden müssen (Umweltschäden, Unfälle, Stau, usw.) - das 13-fache der externen Kosten des Personenverkehrs auf der Schiene. Jeder PKW-Kilometer wird derzeit mit 41 Cent von der Allgemeinheit subventioniert, der ÖV dagegen für eine äquivalente Fahrleistung nur mit 24 Cent..++ Da das oberste Einkommensviertel vier Mal mehr mit dem Auto fährt als das unterste, bedeutet die derzeitige Form der Mobilität eine massive Umverteilung von unten nach oben.

Nulltarif für 20 Euro monatlich!

Was hieße es für den Einzelnen, wenn 1% vom Bruttolohn als Mobilitätsbeitrag abgeführt werden müsste? Für einen durchschnittlich verdienenden Arbeitnehmer mit EUR 2.000 brutto im Monat wären das monatlich EUR 20,-. Um den Preis von etwas mehr als einer Halben Bier in der Woche österreichweit alle Bahn-, Bus- und Bim-Verbindungen kostenlos benutzen zu können - das wäre nicht nur ökologisch sondern auch sozial ein Sprung nach vorne. Denn derzeit gibt jeder Haushalt in Österreich durchschnittlich über 15% seines Konsumausgaben für Anschaffung, Reparatur und Befüllung von Autos aus.


Die Werkstatt Frieden & Solidarität startet daher eine Petition an den Nationalrat:

Höchste Eisenbahn - Für eine Verkehrswende!

Die Zukunft des Öffentlichen Verkehrs steht auf dem Spiel. Wird die EU-Liberalisierungspolitik umgesetzt, drohen weitreichende Streckenstilllegungen, Personalabbau und Privatisierung - mit all den negativen Folgen für Mensch und Umwelt. Wir fordern daher eine ökologische, soziale und demokratische Verkehrswende:

Sofortiger Stopp der Bahnliberalisierung und der Pläne zur Streckenstilllegung!
Ausweitung des öffentlichen Verkehrsnetzes und Taktfahrplan nach dem Muster der Schweiz!
Umstellung der Finanzierung von teuren Fahrpreisen auf einen solidarischen Mobilitätsbeitrag für alle, der sich an der Wertschöpfung bemisst!
Volksabstimmung über einen zukunftsfähigen Öffentlichen Verkehr statt Bahnliberalisierung!

Diese Forderungen an den Nationalrat können auch ONLINE unterstützt werden auf:
http://www.werkstatt.or.at/Forum/PetitionEisenbahn.php

Wir haben außerdem die Infozeitung "Höchste Eisenbahn - Für eine Verkehrswende!" (8 Seiten) mit Hintergrundinformationen, Fakten, Argumenten und einer Petitionsliste erstellt. Helfen Sie mit, diese Infozeitung weiterzuverbreiten und Unterschriften zu sammeln! Bestellungen auch in größerer Stückzahl (auf Spendenbasis) möglich:
office@werkstatt.or.at


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(6) Termine/Veranstaltungen:

Donnerstag, 12. November 2009, 19 Uhr
Werkstatt-Themenabend: "Schlanker Staat ade!"
Überlegungen zur Finanzierung der gemeinschaftlichen Aufgaben
Ort: Büro der Werkstatt Frieden & Solidarität (Waltherstr. 15, 4020 Linz)

Freitag, 13. November 2009, 19.30 Uhr
"Das Potenzial Direkter Demokratie.
Durch Beteiligung der BürgerInnen zu besseren politischen Entscheidungen"
Diskussionsveranstaltung mit Vortrag von Gerald Häfner (Gründer und Vorstand von Mehr Demokratie Deutschland, Mitglied des Europäischen Parlaments), mit Boris Lechthaler (Werkstatt Frieden & Solidarität) und Roland Egger (atomstopp)
Ort Kepler-Salon, Rathausgasse 5, 4020 Linz


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Quelle:
Werkstatt Rundbrief Nr. 24/2009 vom 12. November 2009
Werkstatt Frieden & Solidarität
Waltherstr. 15, 4020 Linz
Telefon 0732/771094, Fax 0732/797391
Mail: office@werkstatt.or.at
Internet: www.werkstatt.or.at


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. November 2009