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NAHOST/139: Zwei christliche Assyrer-Aramäer in Syrien inhaftiert


Presseerklärung vom 27. September 2010

Zwei christliche Assyrer-Aramäer in Syrien inhaftiert


In Syrien werden zwei junge christliche Assyrer-Aramäer seit einer Woche in Polizeigewahrsam gehalten, weil sie bei einem Konzert assyrische Fahnen geschwenkt haben. Wie die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen am heutigen Montag erfuhr, wurden Gabriel Isa Iskander und Nahir Hanna vom syrischen Sicherheitsdienst "Al Mukhabarat Al Syasi" bereits am 20. September 2010 in der mehrheitlich von Kurden, Assyrer-Aramäern und Armeniern bewohnten Stadt Kamischli im Nordosten des Landes festgenommen. Die syrischen Behörden werfen den beiden Heranwachsenden vor, sie hätten mit dem Schwenken der Fahnen Paragraph 307 des syrischen Strafgesetzbuches verletzt und den Tatbestand "Schüren von ethnischem und religiösen Hass" erfüllt.

"Die Vorwürfe gegen die Jugendlichen sind absurd, denn nach geltendem Recht sind assyro-aramäische Nationalsymbole in Syrien nicht verboten", kritisiert der GfbV-Nahostreferent Kamal Sido. "Unsere Menschenrechtsorganisation fordert die sofortige Freilassung der beiden jungen Christen." Auch die Exilvertretung der oppositionellen Assyrischen Demokratischen Organisation (ADO) hat die Festnahmen scharf kritisiert.

Nach offizieller Doktrin sind die rund 21 Millionen Bürger Syriens "syrische Araber". Tatsächlich stellen Araber dort mit etwa 83 Prozent auch die Mehrheit der Bevölkerung. Sie sind überwiegend sunnitische Moslems. Die christlichen Assyro-Aramäer, die vor allem in der nordöstlichen Provinz Al Hasakeh, aber auch in den Großstädten Aleppo und Damaskus leben, sprechen Neuaramäisch. Sie stellen unter den Christen Syriens, die etwa 15 Prozent der Bevölkerung ausmachen, die größte Volksgruppe. Den mehr als zwei Millionen syrischen Kurden werden sprachliche und kulturelle Rechte vorenthalten.

Der GfbV liegt eine Liste mit 590 Namen von politischen Gefangen in Syrien vor. Ihnen drohen Folter und andere Misshandlungen. Deshalb fordert die GfbV die Aussetzung des deutsch-syrischen Rückübernahmeabkommens. Es ermöglicht die Abschiebung der etwa 7.000 in Deutschland lebenden syrischen Oppositionellen, unter ihnen vor allem Kurden und Yeziden, aber auch christliche Assyro-Aramäer. Doch die syrischen Behörden gehen auch gegen ausländische Staatsbürger vor. Erst am 23. August 2010 wurde ein deutscher Menschenrechtler kurdischer Herkunft auf dem Flughafen von Aleppo festgenommen und verschleppt. Seitdem gibt es keine Informationen über seinen Aufenthaltsort und Gesundheitszustand.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 27. September 2010
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2010