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MELDUNG/082: Brasilien - 900.000 Indianer müssen um Überleben kämpfen


Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. - Presseerklärung vom 28. Mai 2014

Vor der WM: Verzweifelte Proteste der Indianer

- Einfluss der Agrar-Lobby steigt
- Brasiliens 900.000 Ureinwohner müssen ums Überleben kämpfen



Anlässlich der jüngsten Proteste traditionell gekleideter Ureinwohner wenige Tage vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft macht die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) auf die großen Probleme der indianischen Gemeinschaften in Brasilien aufmerksam. "Ihre Landrechte sind noch immer weitgehend ungesichert, so dass Großgrundbesitzer leichtes Spiel haben. Gleichzeitig nimmt der Druck auf die indigenen Gebiete durch Entwaldung, Rohstoffabbau und Staudämme zur Gewinnung von Wasserkraft stetig zu", fasst Yvonne Bangert, GfbV-Referentin für indigene Völker, zusammen.

"Ohne gesichertes Land können die Indianer nicht überleben. Aber nichts scheint sich zum Besseren zu wenden: Zurzeit beraten die Politiker über eine Verfassungsänderung. Sie soll der nicht gerade indianerfreundlichen Agrar-Lobby noch mehr Einfluss darauf geben, ob Schutzgebiete für Indianer anerkannt werden sollen oder nicht", berichtet Bangert. "Dagegen laufen die indigenen Völker Brasiliens schon lange Sturm und nutzen jetzt auch die Aufmerksamkeit, die das Land durch die anstehenden Großereignisse im internationalen Sport genießt." Die brasilianische Verfassung von 1988 sichert die Rechte der Indigenen Völker zwar auf dem Papier gut ab, diese werden aber schon jetzt durch eine ganze Reihe von Gesetzen derzeit ausgehöhlt.

Fast 900.000 Indigene leben in Brasilien, die 305 verschiedenen Völkern mit 274 verschiedenen Sprachen angehören. Erwin Kräutler, Bischof von Altamira, dessen Menschenrechtsorganisation CIMI von der GfbV mit dem Victor-Gollancz-Preis für Menschenrechte ausgezeichnet wurde, sprach kürzlich sogar von einer anti-indigenen Kampagne in Brasilien insbesondere durch Vertreter des Agrar-Business.

Auch die bislang untersagte Rohstoffförderung in indianischen Schutzgebieten soll nun möglich werden - gegen den Willen ihrer Bewohner, kritisiert die GfbV. Bei den Yanomami, die im Grenzbereich zu Venezuela leben, vermutet man große Uranvorkommen. Bei den Asháninka, deren Gebiet von der Grenze zu Peru geteilt wird, finden Voruntersuchungen für die Öl- und Gasförderung statt. In Mato Grosso do Sul sind die Guarani zu einem Leben im Elend in Kleinstreservaten verdammt. Denn sie können ihre berechtigten Landansprüche gegen die Großgrundbesitzer nicht durchsetzen. Die winzigen Flächen reichen zum Überleben der Indianer nicht aus, so dass viele Guarani in Baracken am Straßenrand siedeln müssen.

"Statt mit den Ressourcen des Landes sorgsam umzugehen und damit auch die Landrechte der indigenen Völker zu schützen, gibt der Staat Unsummen für den Bau von Fußballstadien und Infrastruktur der WM aus", kritisierte Bangert. Schon seit Monaten gehen in Brasilien überall Menschen gegen die extremen Sicherheitsvorkehrungen für die WM-Stätten und die Einschnitte in öffentliche Ausgaben auf die Straße.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 28. Mai 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Mai 2014