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EUROPA/536: Bosnien - Ein gerechtes Urteil für Überlebende des Völkermordes in Srebrenica


Presseerklärung vom 6. Juli 2011

Bosnien: Ein gerechtes Urteil für Überlebende des Völkermordes in Srebrenica


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) begrüßt gemeinsam mit Betroffenen aus der ehemaligen sogenannten UN-Schutzzone Srebrenica das gestrige Urteil (5. Juli) des Den Haager Berufungsgerichts zum ersten Zivilprozess von Srebrenica-Überlebenden gegen die niederländische Regierung. Das Schicksal der Kläger und ihrer ermordeten Angehörigen stand für das aller Menschen aus der vier Jahre eingeschlossenen Drina-Stadt in Ostbosnien.

"Wir begrüßen, dass sich die niederländische Regierung endlich gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft zu ihrer Verantwortung für die 8.376 ermordeten Knaben und Männer der Stadt und ihre überlebenden Angehörigen bekannt hat", sagte GfbV-Generalsekretär Tilman Zülch heute in Göttingen.

Vor acht Jahren hatten die Familie des in Srebrenica ermordeten Elektrikers Rizo Mustafic sowie des Übersetzers der Niederländer, Hasan Nuhanovic, der seine Angehörigen verlor (Bruder, Vater, Mutter), beim Landgericht in Den Haag Klage eingereicht und die Niederlande für das Versagen ihrer Blauhelmtruppen verantwortlich gemacht.

Die Eltern und der Bruder des für die UN tätigen Übersetzers Nuhanovic hatten auf der Basis der niederländischen Soldaten im Juli 1995 zunächst Aufnahme gefunden. Sie waren dann ausgerechnet durch einen mit Nuhanovic befreundeten niederländischen Kommandeur in den sicheren Tod geschickt worden, während serbische Truppen bereits weniger Meter entfernt, bosnische Männer und Frauen ermordeten oder vergewaltigten. Alle drei fanden den Tod.

Die Gebeine von Nuhanovic Vater, Bruder und Mutter wurden inzwischen exhumiert, identifiziert und bestattet. Die Gebeine von Rizo Mustafic werden am kommenden 16. Jahrestag des Massakers von Srebrenica (11. Juli), zusammen mit 600 weiteren identifizierten Opfern in Potocari bestattet.

"Es gab eine dritte Seite im bosnischen Krieg (1992-1995)", erklärte Hasan Nuhanovic in einem Gespräch mit der GfbV heute morgen. "Das war die internationale Gemeinschaft, darunter die Niederlande und ihre Truppen, die innerhalb der UNPROFOR-Einheiten für die Sicherheit der Flüchtlinge innerhalb der sogenannten UN-Schutzzone verantwortlich waren". Dass diese nicht länger ausgeblendet werde, sei die größte Errungenschaft dieses Urteils, so Nuhanovic.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 6. Juli 2011
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Juli 2011