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ASIEN/520: Indien - Billiger Reis reicht nicht zur Armutsbekämpfung


Presseerklärung vom 27. August 2013

Indisches Parlament beschließt Programm zur Hungerbekämpfung

Billiger Reis ist kein Allheilmittel zur Linderung der Armut in Indien - Landraub stoppen!



Mit Skepsis hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) auf das heute vom indischen Parlament beschlossene Programm zur Bekämpfung des Hungers reagiert. Die verarmte Bevölkerung soll mit preiswertem subventioniertem Reis und Getreide versorgt werden. "Viele der 95 Millionen Ureinwohner in Indien leiden jedoch unter Protein- und Nährstoffmangel. Da helfen billige Reis- und Weizenlieferungen wenig", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius am Dienstag in Göttingen. "Wer die Armut unter den Adivasi-Ureinwohnern wirksam bekämpfen will, muss vor allem den Raub ihres Landes stoppen." Zehntausende Quadratkilometer kostbares Ackerland gehen jedes Jahr für den Bau von Staudämmen, Windkraftanlagen, Bergbau-Minen, Straßen und Fabriken verloren.

Der schreckliche Hungertod von mehr als 50 Adivasi-Kindern in den vergangenen Monaten im Bezirk Attappadi im südindischen Bundesstaat Kerala mache deutlich, wie kurzsichtig und unzureichend das neue Programm zur Hungerbekämpfung sei, sagte Delius. Denn diese Kinder waren zwar in staatlichen Suppenküchen mit Reis-Mahlzeiten versorgt worden, nachdem ihre Familien ihr Ackerland an Investoren verloren hatten. Doch da ihre Ernährung viel zu unausgewogen war, litten die Kinder an Unterernährung und starben schließlich.

Zu den Investoren zählt auch ein in Deutschland ansässiges Unternehmen, das Windkraftanlagen auf dem Land der Ureinwohner errichtete. Der indische Konzern Suzlon Energy Limited, der 2007 über Mittelsmänner unter Drohungen und mit betrügerischen Methoden fast 2.650 Quadratkilometer ihres Landes erworben, dort Windräder gebaut und später an Investoren verkauft hatte, hat seine Produktentwicklung in Hamburg und auch Mitarbeiter in Rostock und Berlin.

Große Flächen des traditionellen Landes der 30.000 Adivasi, die in dem Bezirk leben, werden heute von Agrar-Unternehmen als Plantagen genutzt. Auf anderen Flächen werden für den Export bestimmte Pflanzen angebaut. Die Adivasi sind dort nur noch als Tagelöhner beschäftigt. Ihnen gehören nur noch zehn Prozent des Landes.

Heute leiden 90 Prozent der schwangeren Adivasi-Frauen in Attapaddi unter Eisen- und Proteinmangel. Schuld daran ist ihre unausgewogene Ernährung. Traditionell ernährten sich die Ureinwohner von proteinhaltigen Hülsenfrüchten, Spinat, Hirse, Nüssen, vielen Sorten Blattgemüse, Honig, Früchten, Fisch und Fleisch. Seit dem Verlust ihres Landes sind sie auf staatliche Lebensmittellieferungen angewiesen. Angesichts der Notlage werden sie nun in staatlichen Suppenküchen versorgt. Dort sollen Kinder auch regelmäßig gewogen und ihr Wachstum überwacht werden. Viele der 172 Suppenküchen in dem Bezirk sind aufgrund mangelnder Abstimmung der Behörden nicht in Betrieb.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 27. August 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. August 2013