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ASIEN/516: Bhutan - Neue Regierung soll Zwangsausgebürgerte wieder aufnehmen


Presseerklärung vom 5. August 2013

Erhöhte Selbstmordrate unter Vertriebenen aus dem "Land des Glücks"

Bhutans neue Regierung soll 100.000 Zwangsausgebürgerte wieder aufnehmen



Bhutans neue Regierung soll den mehr als 100.000 zwangsausgebürgerten Süd-Bhutanesen die Wiederaufnahme anbieten und diese in ihrer Mehrheit sehr verzweifelten Menschen so am "Brutto-Nationalglück" teilhaben lassen. Dies hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Montag anlässlich der Einsetzung der neu gewählten Regierung in dem Königreich gefordert. "Ein Land, das die Zufriedenheit seiner Bürger zum Staatsziel erklärt und das "Brutto-Nationalglück" sogar in der Verfassung verankert, sollte nicht vom Elend willkürlich Ausgebürgerter profitieren", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. "Denn um die Bhutan-Flüchtlinge, die wegen ihrer ethnischen Herkunft seit 1985 aus dem Himalaya-Staat ausgebürgert wurden, steht es schlecht. Wir sind sehr besorgt über hohe Selbstmordraten unter den rund 40.000 Vertriebenen aus Bhutan in Nepal und den etwa 60.000, die die USA seit 2008 aufgenommen haben."

Alarmiert von immer neuen Selbstmorden unter den Bhutan-Flüchtlingen haben die US-Behörde für die Ansiedlung von Flüchtlingen, das Hilfszentrum für die Gesundheit von Flüchtlingen beim Gesundheitsamt von Massachusetts und das US-Zentrum für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten eine Studie über ihre psychische Lage erstellt. Die im Juli 2013 veröffentlichte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Selbstmordrate unter den Flüchtlingen mit 20,3 Toten unter 100.000 Bürgern fast doppelt so hoch ist wie im US-Durchschnitt, der 12,4 Selbsttötungen unter 100.000 Menschen verzeichnet. Bei den Bhutan-Flüchtlingen in Nepal, die noch in Lagern untergebracht sind, liegt die Selbstmordrate bei 20,7 von 100.000 Menschen. Dringend empfiehlt die Studie mehr psychologische Betreuung für die Vertriebenen, die unter post-traumatischen Störungen leiden und sich daher selbst töten.

Mehr als 100.000 Süd-Bhutanesen mussten seit 1985 aus ihrer Heimat fliehen, nachdem ein neues Staatsbürgerschaftsgesetz erlassen worden war. Seitdem wurde nur noch als Bürger anerkannt, wer nachweisen konnte, dass Mutter und Vater Staatsangehörige waren, und Steuerquittungen aus den Jahren vor 1958 vorlegen konnte. Alle anderen Personen mussten Bhutan innerhalb von vier Tagen verlassen. "Es war eine Politik der ethnischen Säuberungen, mit der das regierende Volk der Ngalong durchsetzen wollte, dass alle anderen Ethnien ihre Kultur und Sprache aufgeben", erklärte Delius. Seither weigert sich das Königreich, die Ausgebürgerten wieder aufzunehmen und das Staatsbürgerschaftsrecht zu reformieren.

Der heute ins Amt geführte Premierminister Tshering Tobgay der bislang oppositionellen Demokratischen Volkspartei hatte am 13. Juli 2013 einen Erdrutschsieg errungen und 32 der 47 Mandate im Parlament für seine Partei erobern können. Denn Korruption und Misswirtschaft hatten das Ansehen seines Amtsvorgängers Jigme Thinley in der Öffentlichkeit massiv beeinträchtigt.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 5. August 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. August 2013