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ASIEN/404: Chinas Uiguren - Zwei Jahre nach den Unruhen in Urumtschi (5. Juli 2009)


Presseerklärung vom 4. Juli 2011

Chinas Uiguren: Zwei Jahre nach den Unruhen in Urumtschi (5. Juli 2009)

Investitionen statt Menschenrechte - Massiver Druck auf Journalisten und Menschenrechtler


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat China vorgeworfen, nichts aus den schweren Ausschreitungen zwischen Uiguren und Han-Chinesen in Urumtschi im Juli 2009 gelernt zu haben. "Statt der muslimischen Minderheit in der Provinz Xinjiang/Ostturkestan endlich grundlegende Menschenrechte zu gewähren, setzt Chinas Regierung auf Beschwichtigung. Investitionen und eine Verbesserung des Lebensstandards sollen die Uiguren ruhig stellen", kritisierte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. "Bis heute blockieren die Behörden die systematische Verbreitung kritischer Informationen, regimekritische Journalisten, Blogger und Schriftsteller werden verhaftet und zu langjährigen Haftstrafen verurteilt". Die anhaltende Unterdrückung der muslimischen Uiguren im Nordwesten Chinas und die bis ins Exil reichende Verfolgung von uigurischen Menschenrechtlern sorgen für massive Spannungen. "Xinjiang ist ein Pulverfass, in dem ein Funke genügt, um erneut Massenproteste auszulösen", mahnt Delius.

Auch zwei Jahre nach den schweren Auseinandersetzungen zwischen Han-Chinesen und Uiguren in Urumtschi, bei denen mindestens 200 Menschen getötet wurden, sind die chinesischen Behörden noch immer nicht bereit, die Ursachen, den genauen Hergang und die Folgen der Unruhen in einer unabhängigen Untersuchung klären zu lassen. Dabei widersprechen Augenzeugenberichte der offiziellen Darstellung, Exil-Uiguren hätten die Unruhen aus dem Ausland gesteuert.

Mit aller Macht versuchen Chinas Behörden, unabhängige Informationen über die Niederschlagung der Proteste sowie über Misshandlungen und Folter der Festgenommenen zu unterdrücken. So wurden mehr als ein Dutzend Web-Administratoren, Blogger und Journalisten zu Haftstrafen von mehr als zehn Jahren verurteilt, um jede freie Berichterstattung zu verhindern. Chinesische Sicherheitsbeamte stellen selbst uigurischen Informanten ausländischer Journalisten im Exil nach und erreichen durch politischen Druck, dass diese nach China ausgeliefert werden. So setzte Peking erst im Juni 2011 die Abschiebung des ehemaligen Lehrers Ershidin Israel aus Kasachstan nach China durch. Ershidin hatte US-Journalisten über den gewaltsamen Tod eines aus politischen Gründen inhaftierten Uiguren berichtet. Nun droht ihm in China wegen "Terrorismus" die Verurteilung zum Tode. Jede Spur fehlt bis heute auch von 20 Uiguren, die nach den Unruhen in Urumtschi mit Hilfe christlicher Missionare nach Kambodscha geflohen waren und von dort am 19. Dezember 2009 nach China abgeschoben wurden.

Neue Freihandelszonen, finanzielle Hilfen für die ländliche Bevölkerung und Investitionen aus dem Ausland sollen den Unmut der Uiguren nun eindämmen. "Wohlstand statt Freiheit - dieses Rezept mag in anderen Regionen Chinas noch greifen, um die Macht der Kommunistischen Partei zu sichern. In Xinjiang wird diese Kampagne scheitern, da die Uiguren darüber verbittert sind, dass sie als Bürger zweiter Klasse behandelt werden." Systematisch missachtet Peking die gesetzlich bestehende Autonomie Ostturkestans, verletzt Glaubens-, Presse- und Versammlungsfreiheit und lässt Jahrtausende alte Kulturgüter willkürlich zerstören. "Ohne Menschenrechte wird es keine Stabilität in Xinjiang geben."


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 4. Juli 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Juli 2011