Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → BEDROHTE VÖLKER

ASIEN/226: Afghanistan - Ohne Menschenrechte keinen glaubwürdigen Wiederaufbau


Presseerklärung vom 11. Oktober 2007

Ohne Menschenrechte gibt es keinen glaubwürdigen Wiederaufbau in Afghanistan


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat am Donnerstag kritisiert, dass in der Diskussion um das deutsche Afghanistan-Engagement Menschenrechte kaum eine Rolle spielten. "Es ist skandalös, dass sechs Jahre nach dem Sturz der Taliban noch immer Warlords, die für schwerste Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, führende Positionen in Regierung, Verwaltung, Parlament und Justiz Afghanistans innehaben", erklärte die GfbV in einem Memorandum zur Menschenrechtslage in Afghanistan.

Warlords wie der Stabschef der Armee, General Abdul Rashid Dostum, und der zweite Vizepräsident Afghanistans, Abdul Karim Khalili, dürften nicht Partner der internationalen Gemeinschaft beim Wiederaufbau des zerstörten Landes sein, sondern müssten für ihre Verbrechen endlich vor Gericht zur Rechenschaft gezogen werden, forderte die Menschenrechtsorganisation. General Dostum wird vorgeworfen, für die Ermordung von 2.500 gefangenen Taliban-Kämpfern im Jahr 2001 und für Morde sowie Verletzungen des humanitären Völkerrechts in den 90-er Jahren verantwortlich zu sein. Auch der von Präsident Hamid Karzai zum Obersten Richter ernannte Haji Faizal Shinwari habe eine düstere Vergangenheit und setze sich in seinem neuen Amt für eine Islamisierung der Justiz und eine Einschränkung der Meinungsfreiheit ein.

"Außerdem vermissen wir klare Äußerungen der deutschen Bundesregierung zum geplanten Einsatz von Sprühflugzeugen zur Drogenbekämpfung", sagte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Afghanistan sei ein Drogenstaat, doch so drakonische Methoden zur Bekämpfung der Opiumproduktion seien kontraproduktiv und verletzten die Menschenrechte der Zivilbevölkerung. "Wir erwarten deutliche Worte aus Berlin zu der umstrittenen Sprühaktion. Ein solcher Einsatz würde auch die Sicherheit deutscher Soldaten gefährden, da er die Vorbehalte in der Bevölkerung gegenüber der Präsenz ausländischer Truppen weiter schüre", warnte Delius. Erfahrungen in Kolumbien hätten gezeigt, dass die Folgen solcher Einsätze für die Bauern katastrophal seien. Dort seien die Felder für Jahre vergiftet und Nahrungsmittel knapp geworden.

Der neue US-Botschafter in Kabul, William Wood, der zuvor sein Land in Kolumbien vertreten habe, übe massiven Druck auf die afghanische Regierung aus, um ihre Zustimmung zu dem umstrittenen Einsatz zu erhalten. Bislang verweigere sich zwar noch das afghanische Kabinett, aber Vizepräsident Ahmed Zia Massoud habe bereits der Verwendung von Sprühflugzeugen zugestimmt.


*


Quelle:
Presseerklärung Göttingen / Berlin vom 11. Oktober 2007
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-0, Fax: 0551/58028
E-Mail: info@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. Oktober 2007