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ASIEN/215: Kritik an indonesisch-malaysischer Werbe-Kampagne für Palmöl


Presseerklärung vom 21. Juni 2007

Palmöl: Fragwürdiges Öko-Zertifikat aus Deutschland

Scharfe Kritik an indonesisch-malaysischer Werbe-Kampagne für Palmöl in Europa


Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat eine Werbe-Kampagne Indonesiens und Malaysias in Europa für die Nutzung von Palmöl als Biokraftstoff am Donnerstag scharf kritisiert. "Statt die Vernichtung des Regenwaldes und der dort lebenden Ureinwohner zu verharmlosen, sollten die beiden Länder das Geld für die PR-Kampagne lieber für die Umsetzung ihrer eigenen Gesetze zum Schutz der Wälder aufwenden", erklärte der GfbV-Asienreferent Ulrich Delius. Indonesien und Malaysia produzieren 83 Prozent des weltweit verkauften Palmöls und wollen die Produktion noch ausweiten.

Zum Auftakt der Werbe-Kampagne, die weitere Umsatzeinbußen beim Export von Palmöl verhindern soll, war der malaysische Minister für Plantagenwirtschaft, Peter Chin Fah Kui, Anfang Juni nach Brüssel, London und Den Haag gereist. Er klagte, dass aufgrund der Kritik von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen in Europa der Verbrauch von Palmöl für die Energiegewinnung 2006 um 500.000 Tonnen zurückgegangen sei.

Berichte über massive Umweltschäden durch die Ausweitung der Ölpalmen-Plantagenwirtschaft bezeichnen Indonesien und Malaysia als "Desinformation". Nach Recherchen der GfbV jedoch sind in Indonesien mehr als 300 indigene Völker - wie die Ureinwohnergemeinschaften genannt werden - durch den Ausbau der Ölpalmen-Plantagen akut bedrohen.

Kritik käme auch nicht nur von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen. Auch die Weltbank habe in einem im Juni veröffentlichten Report zu den Folgen des Klimawandels für Indonesien vor einer Ausweitung der Ölpalmen-Plantagen gewarnt. Dort heißt es: "Historisch ist die Palmöl-Produktion eine der wichtigsten Gründe für die Zerstörung des Regenwaldes." Der Landbedarf für neue Plantagen sei enorm, mindestens sieben Millionen Hektar sollen bis zum Jahr 2011 zusätzlich für den Anbau von Ölpalmen genutzt werden. Nach Schätzungen der Weltbank gehen jedes Jahr rund zwei Millionen Hektar Wald in Indonesien durch Waldbrände und illegalen Holzeinschlag verloren. Der Kahlschlag der Wälder sei zu 85 Prozent dafür verantwortlich, dass Indonesien nach China und den USA inzwischen der drittgrößte Verursacher von Treibhausgasen ist.

Ein Ökozertifikat für Palmöl, das im Auftrag der Fachagentur für nachwachsende Rohstoffe des deutschen Bundeslandwirtschaftsministeriums entwickelt und Anfang Juni der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, bezeichnete die GfbV als "Augenwischerei". "Es ist lächerlich und weltfremd, von den Produzenten einen Nachweis für den Artenschutz zu verlangen in einem Land, in dem sich noch nicht einmal die lokalen Behörden an den von der Zentralregierung zugesicherten Schutz des Regenwaldes halten", erklärte Delius. Indonesien habe bereits 72 Prozent seines Regenwaldes verloren und büße durch den illegalen Holzeinschlag jährlich 1,4 Milliarden Dollar ein. "In einem Land, in dem jede Stunde mehr als 300 Fußballfelder Regenwald überwiegend illegal gerodet werden, ist es nicht realistisch, ein glaubwürdiges Öko-Zertifikat durchzusetzen".

Begünstigt werde die illegale Rodung durch unterschiedliche Interessen der Zentralregierung und regionaler Behörden. In vielen Fällen genehmigten Regionalbehörden den Holzeinschlag, um ihre Kassen zu füllen, obwohl sie eigentlich zum Schutz der Wälder verpflichtet seien. Den regionalen Behörden stünden gesetzlich 80 Prozent der Erlöse aus der Holzwirtschaft zu, sie seien auch für alle landwirtschaftlichen Projekte zuständig.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen vom 21. Juni 2007
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. Juni 2007