Schattenblick → INFOPOOL → BÜRGER/GESELLSCHAFT → BEDROHTE VÖLKER


AFRIKA/660: Kenia vor den Wahlen - Neue Regierung muss Gewalteskalation verhindern


Presseerklärung vom 4. August 2017

Wahlen in Kenia (8.8.):
Neue Regierung muss Gewalteskalation zwischen Bauern und Nomaden verhindern

Konflikte durch Tourismus, Naturschutz und Klimawandel nehmen zu


Vor den Wahlen in Kenia am 8. August hat die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) darauf hingewiesen, dass die neue Regierung dringend Maßnahmen zur Verhinderung einer Gewalteskalation zwischen Nomaden und Bauern sowie Naturschützern ergreifen muss. "Es muss schnellstens eine friedliche Lösung für die Auseinandersetzungen um Land und die Nutzung von Weideflächen geben", erklärte der GfbV-Direktor Ulrich Delius am Freitag in Göttingen. "Um bürgerkriegsähnliche Zustände zu verhindern, müssen für die Viehherden der Hirtenvölker neue Weiden ausgewiesen werden. Dabei muss es auch ein Umdenken bei der Schaffung immer neuer Wildschutzgebiete und Nationalparks geben. Die Förderung des Safari-Tourismus darf keinen Vorrang vor dem Schutz von Menschenrechten haben." Besonders gefährlich ist die Lage im Bezirk Laikipia im Rift Valley, in dem seit Februar 2017 mehr als 40 Menschen bei Auseinandersetzungen zwischen Nomaden, Bauern und Polizisten getötet wurden. Rund 10.000 Menschen sind vor der Gewalt bereits geflohen.

Zuletzt starben sechs Polizisten am 12. Juli 2017 in dem Dorf Kamau, als sie von bewaffneten Hirten angegriffen wurden. "Getötet wird meist mit Waffen aus deutscher Lizenzproduktion. Viele Pokot- oder Samburu-Halbnomaden sind mit alten G3-Gewehren von Heckler & Koch bewaffnet", berichtete Delius. Kenia sieht in dem Konflikt vor allem ein Sicherheits-Problem und schlägt mit brutaler Gewalt zurück. "Doch dies schürt nur neue Gewalt und löst nicht die existentiellen Probleme, die die Nomaden dazu bewegen, mit ihren Viehherden auf der Suche nach neuem Weideland in die Felder von Bauern einzufallen."

Zudem hat die Förderung des Safari- und Jagd-Tourismus dazu geführt, dass ständig neue Wildschutzgebiete ausgewiesen werden, die die Nomaden nicht mehr nutzen dürfen. Der mit Geldern aus den USA und Europa unterstützte Northern Rangelands Trust kontrolliert mit seinen Schutzgebieten für Tiere bereits 44.000 Quadratkilometer, das sind 7,5 Prozent der Landfläche Kenias. Rund 140 Wildreservate wurden in 22 Bezirken eingerichtet. Im besonders umkämpften Bezirk Laikipia sind rund 60 Prozent des Landes bereits Schutzgebiete für Wildtiere.

"Die Bedürfnisse der indigenen Pokot- und Samburu-Nomaden und auch der Kikuyu-Bauern dürfen nicht ignoriert werden. Sie leiden sehr unter dem Verlust von immer mehr Land", kritisierte Delius. Dürren und andere Extremwetterlagen, die durch den Klimawandel verursacht werden, verschärfen die Lage. So hat eine Dürre im Herbst 2016 viele Schaf- und Rinderherden von Halbnomaden dezimiert. "Es kann nicht sein, dass Kenias Hirten die durch den Klimawandel verursachten Risiken allein tragen müssen. Sie leisten mit ihrem Vieh einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaft des Landes. Schon deshalb müssen sie angemessen gefördert und geschützt werden."

*

Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 4. August 2017
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. August 2017

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang