Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → BEDROHTE VÖLKER

AFRIKA/450: Algerien braucht Neustart - ethnische und soziale Spannungen nehmen zu


Presseerklärung vom 16. April 2014

Präsidentschaftswahl in Algerien (17.4.)

Algerien braucht Neustart - Ethnische und soziale Spannungen nehmen zu



Trotz wachsender ethnischer und sozialer Spannungen in Algerien unter Abdelaziz Bouteflika befürchtet die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV), dass der amtierende algerische Staatspräsident am Donnerstag zum vierten Mal wiedergewählt wird. "Doch Algerien braucht dringend einen Neustart, endlich neue Gesichter, eine neue Politik und eine nachhaltige Lösung der sozialen Probleme. Bouteflikas Dauerherrschaft hat das Land kaputtgewirtschaftet. Korruption, Machtmissbrauch und anhaltende Menschenrechtsverletzungen kennzeichnen die 15 Jahre seiner Herrschaft", sagte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Mittwoch in Göttingen. "Große Teile der nichtarabischen Bevölkerung - in ihrer Mehrheit Berber - fürchten zunehmende Benachteiligung und Diskriminierung, da sie sich in einigen ihrer angestammten Regionen durch den vermehrten Zuzug von Arabern bedrängt fühlen."

In der überwiegend von Berbern bewohnten Region Mzab 600 Kilometer südlich der Hauptstadt Algier ist seit Dezember 2013 zu massiven Protesten der lokalen Bevölkerung gegen Landverlust und den Zuzug von immer mehr Arabern gekommen, berichtete Delius. Von Freitag vergangener Woche bis Montagnachmittag hat es in den Städten Ghardaia und Berriane im Mzab schwere gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Jugendgruppen von Arabern und Mozabiten (Berbern) gegeben. Zwei Menschen wurden dabei getötet und mehr als 50 Personen verletzt.

Bürgerbewegungen, wie die am 22. Februar 2014 gegründete Initiative "Barakat" (Es reicht!), engagierten sich in den vergangenen Wochen gegen eine Wiederwahl Bouteflikas. Sie fürchten einen weiteren Stillstand und fordern einen umfassenden Dialog über die Zukunft des Landes. "Politische und soziale Reformen sind dringend notwendig, um Korruption und Machtmissbrauch der seit der Unabhängigkeit Algeriens im Jahr 1961 regierenden "Nationalen Befreiungsfront (FLN)" zu beenden", erklärte Delius. Fünf Parteien haben zum Boykott der Wahlen aufgerufen, unter ihnen die den Berbern nahestehende "Bewegung für Kultur und Demokratie (RCD)" und islamistische Parteien.

Der 77 Jahre alte Bouteflika stellt sich erneut zur Wahl, obwohl er seine Amtsgeschäfte aufgrund schwerer Krankheit für 80 Tage niederlegen musste. Seine Chancen stehen nicht schlecht. 2008 hatte er die Verfassung ändern und die Beschränkung von zwei Amtszeiten für Staatspräsidenten aufheben lassen. Bouteflikas politische Karriere in Algerien begann vor 52 Jahren. Schon 1962 übernahm er im Alter von 25 Jahren das Ministerium für Jugend, Sport- und Tourismus-Minister. Zwischen 1963 und 1979 war er Außenminister. 1999 wurde er zum Präsidenten gewählt.

*

Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 16. April 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. April 2014