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AFRIKA/449: Algerien - Unruhen überschatten Vorbereitungen für Präsidentschaftswahlen


Presseerklärung vom 13. April 2014

Präsidentschaftswahlen in Algerien (17.4.)

Tote bei schweren Unruhen in Berber-Region



Wenige Tage vor den Präsidentschaftswahlen in Algerien erschüttern schwere Unruhen die von der Berber-Minderheit bewohnte Region Mzab im Zentrum des nordafrikanischen Landes. Bei bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Berbern und Arabern starben an diesem Wochenende zwei Menschen und mehrere Dutzend Personen wurden verletzt, erklärte die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) am Sonntag in Göttingen. Nachdrücklich forderte die GfbV die Regierung Algeriens auf, die Krise im Mzab endlich ernster zu nehmen und sich um eine politische Lösung der eskalierenden Spannungen zwischen Berbern und Arabern zu bemühen.

Seit Dezember 2013 sind bei Auseinandersetzungen im Mzab mindestens sieben Menschen getötet, mehr als 400 Personen verletzt sowie hunderte Geschäfte, Firmen, Plantagen und Wohnhäuser zerstört worden. Allein in der letzten Woche wurden bei Straßenschlachten zwischen den verfeindeten Gemeinschaften 40 Jugendliche verletzt. "Algeriens Regierung muss jetzt endlich handeln und darf die Ängste der Berber vor einer weiteren Marginalisierung durch arabische Neusiedler nicht länger ignorieren", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius.

Die blutigen Auseinandersetzungen im Mzab überschatten die letzten Vorbereitungen für die Präsidentschaftswahl, die am kommenden Donnerstag in Algerien stattfinden wird. Zwar hatte die algerische Regierung im März 2014 mehr als 10.000 Polizisten in die Unruheregion entsandt, um neue Übergriffe zu verhindern. Doch Berber werfen den Ordnungskräften vor, nicht neutral zu sein, sondern Partei für die arabische Bevölkerungsgruppe zu ergreifen.

Das landschaftlich und architektonisch herausragende Oasen-Tal des Mzab, das rund 600 Kilometer südlich der Hauptstadt Algier liegt, steht seit 1982 unter dem nUNESCO-Weltkulturerbe-Schutz. Das Tal mit seiner größten Stadt Ghardaia wird von rund 300.000 Berbern (Mozabiten) und 100.000 Arabern bewohnt. Die Zahl der Araber hat in den letzten Jahren sprunghaft zugenommen. Immer neue Dörfer und Stadtviertel werden von arabischen Neusiedlern aufgebaut, während sich zugleich die wirtschaftliche Lage des Mzab verschlechterte. So haben die Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen zugenommen. Berber werfen Arabern vor, die traditionelle Siedlungsstruktur des Mzab systematisch zu ihren Ungunsten zu verändern. "Jugendbanden beider Seiten sind inzwischen schwer bewaffnet und liefern sich ständig neue Kämpfe", erklärte Delius. "Auch Salafisten mischten sich unter die jungen Araber und stifteten Jugendliche an, Gräber der muslimischen Mozabiten zu verwüsten." Geschürt werden die Spannungen noch durch die katastrophale Jugendarbeitslosigkeit, der Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika mit Hilflosigkeit begegnet.

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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 13. April 2014
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 15. April 2014