Schattenblick →INFOPOOL →BÜRGER/GESELLSCHAFT → BEDROHTE VÖLKER

AFRIKA/419: Flüchtlingsdrama in der Zentralafrikanischen Republik


Presseerklärung vom 31. Dezember 2013

Flüchtlingsdrama in der Zentralafrikanischen Republik:
Fast jeder zweite Bewohner der Hauptstadt auf der Flucht

- Drohende humanitäre Katastrophe
- Tschader fliehen vor Übergriffen
- Überforderte Friedenstruppen



Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) hat mehr humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung in der umkämpften Zentralafrikanischen Republik gefordert. "In der Zentralafrikanischen Republik droht eine humanitäre Katastrophe. Fast jeder zweite Bewohner der Hauptstadt Bangui ist nun schon auf der Flucht", erklärte der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius am Montag in Göttingen. "Allein am Flughafen Banguis leben 100.000 Flüchtlinge unter unhaltbaren Umständen. Wenn sie nicht bald mehr Hilfe und angemessene sanitäre Einrichtungen bekommen, droht der Ausbruch von Seuchen."

Die Europäische Union hatte gestern als Katastrophenhilfe 20.000 Plastik-Überzüge nach Bangui entsandt. "Doch diese Hilfe ist vollkommen unzureichend angesichts der enormen Not", sagte Delius. Allein in Bangui sind 370.000 von 800.000 Bewohnern auf der Flucht. Insgesamt sind mehr als 640.000 der 4,6 Millionen Bewohner des Landes auf der Flucht.

"Mit besonderer Sorge verfolgen wir den Exodus von mehr als 5.000 Tschadern, die am letzten Wochenende aus Angst vor neuen Übergriffen das Land verlassen haben." Rund 150.000 Tschader leben in der Zentralafrikanischen Republik. Nun droht ihr Massenexodus, da niemand ihre Sicherheit mehr garantieren kann. Die zum Teil seit Jahrzehnten in Bangui lebenden Tschader berichteten nach ihrer Flucht von Menschen, die allein wegen ihrer Abstammung aus dem Tschad zu Tode gehackt worden seien oder denen man den Schädel abgeschlagen habe. Pauschal werden die Tschader für Übergriffe von tschadischen Milizionären oder Soldaten auf die Zivilbevölkerung verantwortlich gemacht. Dem Tschad wird von vielen Menschen in der Zentralafrikanischen Republik vorgeworfen, die wegen ihrer Übergriffe auf die Zivilbevölkerung gefürchteten Seleka-Milizen bewaffnet und unterstützt zu haben.

Der Tschad stellt 850 der 4.000 Soldaten der afrikanischen Friedenstruppe MISCA, die sich um eine Stabilisierung der Lage und den Schutz der Zivilbevölkerung kümmern soll. "Die MISCA ist jedoch oft mit sich selbst beschäftigt und schafft manchmal mehr Probleme als Lösungen", sagte Delius. So lieferten sich am 23. Dezember tschadische Soldaten der MISCA ein Feuergefecht mit ihren Kollegen aus Burundi, als diese Seleka-Kämpfer verhaften wollten. Nur wenige Stunden später töteten sie einen Demonstranten bei einem Protest gegen die Seleka. "Dringend müssen die Vereinten Nationen mehr Blauhelmtruppen entsenden, denen nicht mangelnde Neutralität vorgeworfen werden kann", forderte Delius.

*

Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 30. Dezember 2013
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen
Telefon: 0551/499 06-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Dezember 2013