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AFRIKA/292: Äthiopien - Störsender auch gegen Kritiker aus Deutschland


Presseerklärung vom 27. Juli 2011

Störsender gegen Voice of America am Horn von Afrika

Äthiopien will auch Kritiker aus Deutschland mundtot machen


Die äthiopische Regierung will in- und ausländische Regimekritiker und Politiker nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) mundtot machen und die Ausstrahlung von Interviews mit ihnen verhindern. Auch der deutsche Bundestagsabgeordnete Thilo Hoppe (Die Grünen) sowie in Deutschland lebende Menschenrechtler aus Äthiopien stehen auf dem 42-seitigen Index.

Den US-amerikanischen Radiosender "Voice of America (VOA)" hat Äthiopiens Informationsminister Bereket Simon bereits aufgefordert, keine Interviews mehr mit Regimekritikern zu senden. Sollte VOA sich nicht daran halten, würden Störsender den Empfang des Programms in Äthiopien dauerhaft unterbinden, berichtete der GfbV-Afrikareferent Ulrich Delius in Göttingen. Auch der wegen ihrer informativen Sendungen in Äthiopien beliebten Deutschen Welle, in deren Sendungen Hoppe mehrfach vor einer Verarmung der Bauern gewarnt hat, werden ähnliche Schwierigkeiten gemacht.

"Diese massive Verletzung der Presse- und Meinungsfreiheit muss Folgen haben für die deutsche Entwicklungshilfe an Äthiopien", forderte Delius. "Es ist nicht hinnehmbar, dass kritische Berichterstattung zum Beispiel über Umsiedlungen und Landverlust der bäuerlichen Bevölkerung in Äthiopien unterbunden wird, während Deutschland dort Bildungsarbeit mit Millionenbeträgen fördern will. Bevor die Gelder fließen, muss die äthiopische Regierung sich zu einer offenen Informationspolitik bekennen." Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel hatte am 30. Juni 2011 erklärt, Äthiopien werde in den kommenden drei Jahren 38 Millionen Euro für Bildungsprojekte zur Verfügung gestellt.

Den Einsatz von Störsendern gegen regimekritische Sendungen in Äthiopien hat der Leiter des Horn-von-Afrika-Dienstes der VOA, David Arnold, bekannt gemacht. Er hatte in seinem Sender über Gespräche des VOA-Rundfunkrates mit der äthiopischen Regierung im Juni 2011 in Addis Abeba berichtet. Dabei hatten sich die Mitarbeiter von Voice of America darum bemüht, dass die Störsender abgeschaltet werden. Ihnen wurde jedoch ein 42seitiges Dokument mit zahlreichen Namen von Regimekritikern vorgelegt, die nicht mehr interviewt werden dürfen. Dazu zählen neben Hoppe die in Deutschland lebenden Menschenrechtler Ato Seyoum H. Mariam und Asayesh Tamiru vom Äthiopischen Menschenrechtskomitee sowie führende äthiopische Oppositionspolitiker und Repräsentanten der diskriminierten Bevölkerungsgruppe der Oromo (Bekele Gerba, Merera Gudina, Negasso Gidada, Seye Abraha, Beyana Soba) und der Somalis (Hamdi Ali Regae).

Arnold wurde nach der Ausstrahlung dieser problematischen Informationen Anfang Juli 2011 zwar vom Dienst suspendiert. Nach öffentlichen Protesten wurde diese Strafmaßnahme wenige Tage später jedoch wieder zurückgenommen.


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Quelle:
Presseerklärung Göttingen, den 27. Juli 2011
Herausgeber: Gesellschaft für bedrohte Völker e. V.
Postfach 20 24, D-37010 Göttingen,
Tel.: 0551/49906-25, Fax: 0551/58028
E-Mail: presse@gfbv.de
Internet: www.gfbv.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Juli 2011