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NORDAMERIKA/087: Einsatz von Folter als Wahlkampfthema (ai journal)


amnesty journal 01/2008 - Das Magazin für die Menschenrechte

Beschädigtes Image
Im November wird in den USA ein neuer Präsident gewählt. Der Einsatz von Folter im "war on terror" ist Wahlkampfthema.

Von Sumit Bhattacharyya


Mit dem Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001 schwand die gefühlte Sicherheit vor Terroranschlägen aus der amerikanischen Öffentlichkeit. Wenig später prägte der amtierende US-Präsident George W. Bush den Begriff des "Krieg gegen den Terrorismus". Das Lager Guantánamo und die geheimen CIA-Lager und -Flüge führten dazu, dass die USA an Ansehen verloren und als Menschenrechtsverletzer am Pranger stehen. In das Selbstverständnis der Amerikaner passen die Foltervorwürfe keineswegs. Sie verstehen sich als Hüter der Menschenrechte und sind stolz auf ihre Geschichte und die Basis ihrer Verfassung.

In diesem Jahr wird mit Ablauf der Legislaturperiode der nächste Präsident gewählt. Im Februar müssen die Bewerber die Vorwahlen überstehen, um als Präsidentschaftskandidat ihrer Partei aufgestellt zu werden. Nach den Verlusten im Irak und den ausbleibenden Erfolgen müssen sich alle von ihnen zum "Krieg gegen den Terrorismus" äußern. In der demokratischen Partei ist man sich mittlerweile einig über die Problematik der Menschenrechtsverletzungen durch die amtierende Regierung. Hillary Clinton, Senatorin des Bundesstaats New York und aussichtsreiche Kandidatin in der demokratischen Partei, fordert offen die Schließung des Lagers Guantánamo. Barack Obama, derzeit in Umfragen knapp hinter Clinton, erklärte, er werde sich dafür einsetzen, dass die Rechte Inhaftierter wiederhergestellt, Guantánamo geschlossen und das Gesetz zur Beaufsichtigung ausländischer Geheimdienste gestärkt würden. Auch der dritte Kandidat der Demokraten, John Edwards, fordert die Schließung des Lagers in Kuba.

Der ehemalige Gouverneur des Staates Massachusetts, Mitt Romney, ist einer der Bewerber um die republikanische Präsidentschaftskandidatur. Er sei froh, sagte er, dass die Gefangenen in Guantánamo seien, wo sie keinen Zugang zu Rechtsanwälten hätten. Er befürwortete die "innovativen Verhörmethoden", die von amnesty international als Folter bezeichnet werden. Auch der ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani verteidigte das umstrittene "Waterboarding", ein vorgetäuschtes Ertränken, als akzeptable Verhörmaßnahme. Doch die meisten republikanischen Kandidaten distanzieren sich von der bisherigen Administration. John McCain, Senator des Staates Arizona, und ebenfalls Präsidentschaftskandidat der republikanischen Partei, sprach sich gegen das Waterboarding aus. "Wer sagt, das sei so ähnlich wie die harten Verhörmethoden, die man gegen die Mafia in New York anwandte, ist nicht geeignet, unsere Armee zu führen! " McCains Äußerung war keine politische Rhetorik. Er wurde im Jahre 1967 über Vietnam abgeschossen und befand sich sechs Jahre in Kriegsgefangenschaft. Von der Folter und den Misshandlungen trug er bleibende Schäden davon. Als Senator setzte McCain ein Gesetz durch, das Folter durch US-Soldaten unter Strafe stellt. "Unser Image ist beschädigt. Wir müssen es korrigieren, indem wir der Welt sagen, dass wir diese Grausamkeiten nicht tolerieren", sagte er. Auch im Wahlkampf tritt McCain als Gegner von Folter und Willkür auf. Durch seine Biographie ist er von seinen Gegnern in diesem Punkt nicht angreifbar.

Vor der letzten Präsidentenwahl wollten die Bewerber vor allem hart im Kampf gegen den Terror erscheinen. Dagegen gibt es im laufenden Wahlkampf in beiden politischen Lagern Kandidaten, die sich mit dem Kampf gegen die Folter profilieren wollen. Dass dem so ist, ist ein großer Erfolg der weltweiten Menschenrechtsarbeit.

Der Autor ist Sprecher der ai-Ländergruppe USA.


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Quelle:
amnesty journal, Januar 2008, S. 26
Herausgeber: amnesty international
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Februar 2008