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NAHOST/210: Menschenrechtsverletzungen im Jemen stoppen!


Amnesty International - 23. März 2017

Menschenrechtsverletzungen im Jemen stoppen!


23. März 2017 - Der seit zwei Jahren andauernde bewaffnete Konflikt im Jemen hat zu einer humanitären Katastrophe im Land geführt. Zahlreiche Länder tragen dafür mit anhaltenden Waffenlieferungen eine Mitverantwortung. Allein die USA und Großbritannien haben seit 2015 für über fünf Milliarden US-Dollar Waffen an Saudi-Arabien geliefert - mehr als das Zehnfache der von ihnen im gleichen Zeitraum zugesagten oder budgetierten Hilfsgelder.

Seit März 2015, als eine von Saudi-Arabien angeführte Koalition im Jemen militärisch gegen die bewaffneten Kräfte der Huthi und deren Verbündete intervenierte, sind mindestens 4.600 Zivilpersonen getötet und über 3 Millionen Menschen in die Flucht getrieben worden. In weiten Teilen des Landes herrscht eine Hungersnot, die humanitäre Lage ist dramatisch. 18 Millionen Menschen sind dringend auf Nothilfe angewiesen.

Lange Liste schwerer Menschenrechtsverletzungen

In den vergangenen zwei Jahren hat Amnesty International im Rahmen verschiedener Untersuchungsmissionen vor Ort zahlreiche Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und mutmaßliche Kriegsverbrechen aller Konfliktparteien dokumentiert, so mindestens 34 Luftangriffe der saudisch geführten Koalition auf zivile Ziele, bei denen mindestens 494 Zivilpersonen ums Leben kamen, darunter 148 Kinder.

Sowohl die Huthi-Kräfte und ihre Verbündeten als auch ihre Gegner sind für wahllosen Artillerie-, Mörsergranaten- und Raketenbeschuss von Wohngebieten in den Städten Aden und Taiz verantwortlich. In den von ihnen kontrollierten Gebieten rekrutierten die Huthi-Kräfte zudem Kindersoldatinnen und -soldaten und brachten Kritikerinnen und Kritiker durch willkürliche Festnahmen, Verschwindenlassen und Folter zum Schweigen.

Unabhängige internationale Untersuchung dringender denn je

Diese lange Liste von Verstößen zeigt die Dringlichkeit, mit der die Staatengemeinschaft nun, zwei Jahre nach Beginn des Konflikts, endlich eine unabhängige, internationale Untersuchung über mutmaßliche Kriegsverbrechen sämtlicher Konfliktparteien durchsetzen muss.

Waffenlieferungen gehen ungebremst weiter

Bei den von Amnesty International dokumentierten Luftangriffen auf zivile Ziele durch die saudisch geführte Koalition kamen auch Waffen aus US-amerikanischer, britischer und brasilianischer Produktion zum Einsatz - darunter auch die wegen ihrer verheerenden Wirkung auf die Zivilbevölkerung völkerrechtlich verbotenen Streubomben.Trotz der humanitären Katastrophe und im Widerspruch zum Internationalen Waffenhandelsabkommen ("Arms Trade Treaty", ATT) gehen die Waffenlieferungen ungebremst weiter.

Laut Daten des Stockholmer Friedensforschungsinstituts (SIPRI) lieferten allein die USA und Großbritannien seit 2015 Waffen im Umfang von über fünf Milliarden US-Dollar an Saudi-Arabien. Dies ist mehr als das Zehnfache der von den beiden Ländern zugesagten oder budgetierten Hilfsgelder von geschätzten 450 Mio. US-Dollar, mit denen die humanitäre Katastrophe im Jemen gelindert werden soll - jene Kriegsfolgen, zu denen die USA und Großbritannien durch ihre umfangreichen Waffenlieferungen selbst beitragen.

Waffenembargo dringend geboten

Amnesty International ruft die Staatengemeinschaft dringend auf, ein Waffenembargo zu verhängen und die Lieferungen von Rüstungsgütern, die im Konflikt im Jemen eingesetzt werden können, an alle im Jemen-Konflikt aktiven Kräfte unverzüglich zu stoppen. Durch eine restriktive Genehmigungspraxis ist sicherzustellen, dass wirklich keine deutschen Rüstungsgüter in den Jemen gelangen können.


Weitere Informationen zur Menschenrechtslage im Jemen finden Sie im Jemen-Länderkapitel des "Amnesty International Report 2016/17":
https://www.amnesty.de/jahresbericht/2017/jemen

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Quelle:
Mitteilung vom 23. März 2017
https://www.amnesty.de/2017/3/23/menschenrechtsverletzungen-im-jemen-stoppen?destination=startseite
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. März 2017

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