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ASIEN/225: Bangladesch - Mißhandlung unliebsamer Kritiker (ai journal)


amnesty journal 03/2008 - Das Magazin für die Menschenrechte

Gefährliche Namen
In Bangladesch werden unliebsame Kritiker oft misshandelt.
Das musste auch der Journalist und Menschenrechtsverteidiger Jahangir Akash erleben.

Von Bernhard Hertlein


Folterer soll man beim Namen nennen. Rashidul Hasan, Major und stellvertretender Kommandeur des "Rapid Action Battalion" Nr. 5 in der Stadt Rajshahi, ist ein solcher Fall, ebenso wie Humayun Kabir. Sie haben den nicht nur in seiner Heimatregion bekannten Journalisten und Menschenrechtsverteidiger Jahangir Alam Akash Ende Oktober 2007 mit den Händen an der Zellendecke aufgehängt, beleidigt und mit Schlägen übel zugerichtet. Akash klagte die beiden Polizisten anschließend öffentlich an, so wie er viele andere Menschenrechtsverletzer beim Namen nannte, bevor er selbst zum Opfer wurde.

Akash wusste, was ihm drohte. Anrufer hatten es ihm oft genug prophezeit, als er für die nationale Zeitung "Sangbad", für die Nachrichtenagentur "Reuters", den vielgehörten Bengali-Sender der "Deutschen Welle" und andere Medien berichtete. Er schilderte nicht nur Korruption und Machtmissbrauch in der Region um Rajshahi, sondern auch die verbrecherischen Methoden, mit denen sich die örtlichen Parteigrößen und Provinzmagnaten der Staatsgewalt bedienten. Bandenmitglieder hatten ihn schon mehrfach überfallen, geschlagen und sein Motorrad beschädigt.

Als Menschenrechtsverteidiger - Jahangir Alam Akash ist lokaler Sprecher sowohl der "Task Force against Torture" als auch des "Bangladesh Institute of Human Rights" - wusste er auch, wie die Sicherheitskräfte vorgehen würden.

Akash wusste, wie Machtcliquen in seinem Land mit der Wahrheit umgehen. Als er im Frühjahr 2005 mit einem Besucher aus Deutschland in seiner Heimatstadt unterwegs war, kamen sie auch in Kontakt mit Kindern aus einem Slum. In Zeitungsberichten, die sich ausdrücklich auf Informationen aus dem Innenministerium beriefen, wurde daraus später der Versuch, "Bangladesch im Ausland in ein schlechtes Licht zu rücken".

Vor allem kritische Rechtsanwälte und Journalisten sind in Bangladesch immer wieder Ziel derartiger falscher Anklagen. Wenn sie nach Wochen oder Monaten freikommen, versuchen sie zumeist erst gar nicht, die Namen der Folterer öffentlich zu machen. Denn die Sicherheitskräfte genießen in Bangladesch praktisch vollständige Immunität. Kaum hatte Akash öffentlich von der erlittenen Folter gesprochen, tauchte das "Rapid Action Battalion" in seiner martialischen schwarzen Uniform wieder bei dem Journalisten auf und zeigte ihm einen Haftbefehl. Nicht zuletzt dank einer im Land anwesenden Delegation von amnesty international, die sofort eine Urgent Action startete, wurde der Haftbefehl bislang nicht umgesetzt.

Akash hat deutlich gemacht, dass er auch weiterhin nicht schweigen wird. Journalisten haben es in Bangladesch noch schwerer, seit im Januar 2007 eine "Übergangsregierung" mit Rückendeckung des Militärs die Macht übernommen hat. Damals waren die Parteien im Land so zerstritten, dass die geplanten Parlamentswahlen nicht mehr durchführbar schienen. Die Übergangsregierung gewann durch einen Anti-Korruptions-Feldzug anschließend in der Bevölkerung viel Sympathie. Leider verfügte sie nicht über die Souveränität, Kritik, die es natürlich auch gibt, anzunehmen. Im September schlossen die Behörden den einzigen unabhängigen Nachrichten-Fernsehsender Bangladeschs - angeblich wegen gefälschter Dokumente. Tatsächlich war die Redaktion zuvor gewarnt worden, keine "provokanten" Meldungen zu verbreiten.

Schon vorher war der "Daily Star"-Journalist Tasnim Khalil zeitweise festgenommen worden, weil er Informationen über Verbrechen des "Rapid Action Battalion" gesammelt hatte. Die Zeitung "Prothom Alo" war im September Ziel gewalttätiger Ausschreitungen. Vorausgegangen war eine eher harmlose Mohammed-Karikatur. Statt den Zeichner Arifur Rahman zu schützen, wurde die Beilage konfisziert und Rahman "wegen Verletzung religiöser Gefühle" verhaftet.

Der Autor ist Sprecher der Bangladesch-Ländergruppe von ai.


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Quelle:
amnesty journal, März 2008, S. 28
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veröffentlicht im Schattenblick zum 12. April 2008