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AKTION/769: Urgent Action - Syrien - Drohende Folter


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-268/2011, AI-Index: MDE 24/050/2011, Datum: 8. September 2011 - ns

Syrien
Drohende Folter


Herr YAYHA SHURBAJI
Herr MA'AN SHURBAJI
Herr GHAYATH MATTAR
Herr MOHAMED TAYSEER KHOULANI
Herr MAZEN ZYADEH

Die Brüder Yahya Shurbaji und Ma'an Shurbaji sowie Ghayath Mattar, Mohamed Tayseer Khoulani und Mazen Zyadeh wurden Berichten zufolge am 6. September Angehörigen des Luftwaffengeheimdienstes inhaftiert und werden ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten. Die syrischen Aktivisten stammen alle aus Daraya, einem Vorort von Damaskus. Ihnen drohen Folter und anderweitige Misshandlungen.

Der 32-jährige Yayha Shurbaji wurde am 6. September, als er mit dem Auto auf dem Weg zu seinem Bruder Ma'an Shurbaji war, von Männern in Zivil, die Berichten zufolge für die syrischen Sicherheitskräfte arbeiten, festgenommen. Wie Amnesty International von einer Quelle berichtet wurde, erhielt Yahya Shurbaji kurz vor seiner Festnahme einen Anruf von seinem Bruder. Dieser erzählte ihm, dass er während einer Hausdurchsuchung von den Sicherheitskräften verletzt worden sei und bat seinen Bruder um Hilfe. Weitere Kontakte von Amnesty International geben an, dass Ma'an Shurbaji sich während des Anrufs in Gewahrsam der Sicherheitskräfte befand und dazu gezwungen worden sei, seinen Bruder anzurufen, um dessen Festnahme zu ermöglichen. Ma'an Shurbaji befindet sich derzeit noch immer in Gewahrsam der Sicherheitskräfte und es ist unbekannt, ob er verletzt ist oder nicht. Zwei andere Aktivisten, Mazen Zayadeh und Mohamed Tayseer Khoulani, wurden zur selben Zeit wie Ma'an Shurbaji festgenommen. Ein weiterer Aktivist, Ghayath Mattar, wurde zur selben Zeit wie Yahya Shurbaji festgenommen.

Es liegen keine weiteren Informationen über den Verbleib von Yahya Shurbaji, Ma'an Shurbaji, Mazen Zyadeh, Mohamed Tayseer Khoulani oder Ghayath Mattar vor. Kontaktpersonen gehen davon aus, dass die Gefangenen sich im Gewahrsam des Luftwaffengeheimdienstes in Daraya befinden. Diese Annahme stützt sich auf den Anruf eines Angehörigen dieser Geheimdiensteinheit bei der Familie eines der Gefangenen, in dem dieser angab, die Männer befänden sich auf einem Stützpunkt des Geheimdienstes. Den Männern drohen Folter und weitere Misshandlungen. Außerdem besteht Grund zur Sorge um die Männer, da die Sicherheitskräfte Familienmitgliedern vor der Festnahme mitteilten, dass sie einen der Männer töten würden.

Es sind keine Anklagen gegen die Männer bekannt, aber Amnesty International glaubt, dass sie nur deshalb festgenommen wurden, weil sie auf friedliche Weise an den reformbefürwortenden Protesten teilgenommen haben. Insbesondere Yahya Shurbaji war aktiv an den regimekritischen Demonstrationen, die seit März in Daraya stattfanden, beteiligt gewesen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Seit den Massenprotesten Mitte März haben die Sicherheitskräfte Tausende von Personen und AktivistInnen im Land festgenommen. Amnesty International liegen unzählige Berichte von Gefangenen vor, die gefoltert und misshandelt worden sind. Außerdem existieren Berichte über mindestens 88 Tote, die möglicherweise daraufhin in Gewahrsam der Sicherheitskräfte starben.

Laut MenschenrechtsaktivistInnen ist der Geheimdienst der Luftwaffe für die Festnahmen in Daraya zuständig. Gemeinsam mit den anderen syrischen Geheimdiensten nehmen sie regelmäßig Personen fest, die verdächtigt werden, in Opposition zur Regierung zu stehen. Sie werden über längere Zeit ohne Kontakt zur Außenwelt in Hafteinrichtungen festgehalten, in denen Folter und Misshandlungen auf der Tagesordnung stehen.

AktivistInnen aus Daraya berichteten Amnesty International, dass alle an den Protesten beteiligten Personen sich kurz nach den Massenprotesten Mitte März versteckten und sich nur in der Öffentlichkeit aufhielten, um an den Protesten teilzunehmen. Eine dieser Personen ist Yayha Shurbaji, der sich nach wiederholten Hausdurchsuchungen durch die Sicherheitskräfte seit April versteckte (für weitere Informationen über die Festnahme von AktivistInnen in Daraya, siehe UA 250/2011).

Yayha Shurbaji wurde erstmals im Mai 2003 festgenommen, da er im selben Jahr an einem Schweigemarsch gegen den von den USA angeführten Einmarsch in den Irak teilgenommen hatte. Am 1. April 2004 wurde er von einem Militärgericht (Field Military Court) aufgrund des "Versuches, eine religiöse Organisation zu gründen, der Teilnahme an unerlaubten sozialen Aktivitäten und des Besuches von unerlaubten religiösen und intellektuellen Kursen" zu vier Jahren Haft verurteilt. Während seiner Zeit als Gefangener im Saydnaya-Gefängnis soll Yahya Shurbaji Opfer von Folter und anderen Formen der Misshandlung wie beispielsweise Prügel oder Schlafentzug gewesen sein, bis er im Oktober 2005 freigelassen wurde. Seitdem wird ihm laut Berichten die Ausreise aus Syrien verboten.

Yahya Shurbaji spielt seit den regierungskritischen Massenprotesten im März 2011 eine wichtige Rolle in der friedlichen Aktivistenbewegung. Von anderen syrischen AktivistInnen wird er oftmals als Begründer der Roseninitiative (Rose Initiative) bezeichnet, bei der Demonstrierende in den Vororten von Damaskus Sicherheitskräften mit Rosen in der Hand entgegentraten und ihnen Wasser anboten. Shurbaji teilte Amnesty International am 17. August mit: "Alle OrganisatorInnen der Proteste verstecken sich seit den Massenfestnahmen im April. Wir treten nur während der Demonstrationen und anderen Aktivitäten an die Öffentlichkeit und kehren dann in unsere Verstecke zurück". Yayha Shurbaji nahm an den Protesten des 16. März teil, in dem das Innenministerium zur Freilassung der gewaltlosen politischen Gefangenen aufgefordert wurde. Er arbeitete eng mit den örtlichen Koordinierungsausschüssen (Local Coordination Committees), einem Netzwerk von örtlichen Ausschüssen, das für die Planung und Organisation der Proteste und den damit zusammenhängenden Aktivitäten verantwortlich ist, zusammen.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich möchte meine Sorge darüber zum Ausdruck bringen, dass Yahya Shurbaji, Ma'an Shurbaji, Mazen Zyadeh, Mohamed Tayseer Khoulani und Ghayath Mattar seit dem 6. September ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten werden und deshalb von Folter und anderweitigen Misshandlungen bedroht sind. Ich bitte Sie weitere Informationen bezüglich ihres Verbleibs und der Anklagepunkte bekannt zu geben.

- Ich möchte außerdem meine Sorge darüber zum Ausdruck bringen, dass die Männer nur aufgrund ihrer friedlichen Teilnahme an reformbefürwortenden Protesten festgehalten werden. Daher sind sie gewaltlose politische Gefangene und müssen unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden.

- Ich fordere Sie auf, die Männer vor Folter und Misshandlungen zu schützen und dafür zu sorgen, dass sie Kontakt zu ihren Familien und Rechtsbeiständen ihrer Wahl aufnehmen dürfen und dass sie ausreichend medizinisch versorgt werden.


APPELLE AN

STAATSPRÄSIDENT
Bashar al-Assad
Presidential Palace
al-Rashid Street, Damascus, SYRIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency/Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 332 3410

AUßENMINISTER
Walid al-Mu'allim
Ministry of Foreign Affairs
al-Rashid Street, Damascus, SYRIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency/Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 214 62 51


KOPIEN AN

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK SYRIEN
S.E. Herrn Radwan Loutfi
Rauchstr. 25
10787 Berlin
Fax: 030-5017 7311
E-Mail: info@syrianembassy.de,
press@syrianembassy.de, secretary@syrianembassy.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 20. Oktober 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Express concern that Yahya and Ma'an Shurbaji, Mazen Zyadeh, Mohamed Tayseer Khoulani and Ghayath Mattar have been held incommunicado since 6 September, putting them at grave risk of torture and other ill-treatment, and ask for their whereabouts and legal status to be disclosed immediately.

- Express concern that all five men are being held solely for their peaceful involvement in pro-reform protests, in which case they would be prisoners of conscience and should be released immediately and unconditionally.

- Urge the authorities to ensure that all five men are protected from torture and other ill-treatment, allowed immediate contact with their families and a lawyer of their choice, and provided with any medical attention they require.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-268/2011, AI-Index: MDE 24/050/2011, Datum: 8. September 2011 - ns
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2011