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AKTION/744: Urgent Action - Syrien - Aktivist und Sohn in Gefahr


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-255/2011, AI-Index: MDE 24/044/2011, Datum: 24. August 2011 - mf

Syrien
Aktivist und Sohn in Gefahr


Herr WALID AL-BUNNI

Herr MU'AYAD AL-BUNNI, sein Sohn

Der bekannte syrische Aktivist Walid al-Bunni und sein 18-jähriger Sohn Mu'ayad al-Bunni werden seit dem 6. August in Haft ohne Kontakt zur Außenwelt gehalten. Sie wurden verhaftet, als sie sich in Damaskus in Syrien versteckt hielten. Sie sind in großer Gefahr, gefoltert und anderweitig misshandelt zu werden.

Walid al-Bunni und seine beiden 18- bzw. 19-jährigen Söhne Mu'ayad al-Bunni und Iyad al-Bunni wurden am 6. August von bewaffneten Männern festgenommen, die offenbar den syrischen Politischen Sicherheitskräften angehörten. Iyad al-Bunni wurde später freigelassen, aber über den Verbleib seines Vaters und seines Bruders wurden keine Informationen veröffentlicht. Eine Kontaktperson von Amnesty International geht davon aus, dass sie in einem Gebäude der Politischen Sicherheit in Damaskus festgehalten werden. Der Rechtsbeistand der Familie sagte Amnesty International, dass er befürchtet, Mu'ayad al-Bunni würde gefoltert oder anderweitig misshandelt, um seinen Vater unter Druck zu setzen. Es wird außerdem befürchtet, dass auch Walid al-Bunni gefoltert oder anderweitig misshandelt wird.

Amnesty International wurde informiert, dass sich Walid al-Bunni mit seinen zwei Söhnen am 5. Mai in ein Versteck begab, nachdem Sicherheitskräfte in seine Wohnung eingebrochen waren und die Apotheke seiner Frau überfallen hatten. Walid al-Bunni wurde schon in den Jahren 2001 und 2007 von den syrischen Behörden festgenommen, weil er die politischen Reformen aktiv unterstützte. Der Rechtsbeistand der Familie glaubt, dass Mu'ayad al-Bunni nicht an den aktuellen Protesten für Reformen und den Rücktritt von Präsident Bashar al-Assad teilgenommen hat.

Die syrischen Behörden haben weder den Grund der Festnahme von Walid al-Bunni und Mu'ayad al-Bunni bekannt gegeben, noch nähere Informationen über ihren Verbleib. Amnesty International hält es für wahrscheinlich, dass Walid al-Bunni allein wegen der legitimen Ausübung seines Rechtes auf Meinungsfreiheit und aufgrund der Beteiligung an den jüngsten friedlichen Protesten für Reformen festgenommen wurde. Es ist auch wahrscheinlich, dass Mu'ayad al-Bunni nur festgenommen wurde, um Druck auf seinen Vater auszuüben. Wenn das der Fall ist, sind beide gewaltlose politische Gefangene, deren sofortige und bedingungslose Freilassung Amnesty International fordert.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Nachdem Mitte März lautstarke Proteste mit der Forderung nach dem Rücktritt von Bashar al-Assad als Staatspräsident laut geworden waren, setzte eine Verhaftungswelle ein. Sie richtete sich gezielt gegen Menschen, die im Verdacht standen, die Proteste organisiert oder sie auf öffentlichen Veranstaltungen, in den Medien, im Internet oder auf andere Weise unterstützt zu haben. Festgenommen wurden unter anderem JournalistInnen, politisch engagierte Personen, MenschenrechtsverteidigerInnen und Imame. Die Verhaftungswelle zwang eine Reihe von AktivistInnen und JournalistInnen unterzutauchen. Amnesty International liegen hinreichende Informationen vor, die den Verdacht begründen, dass in den Hafteinrichtungen des Landes Vernehmungsbeamte Gefangene foltern, um von ihnen zu erfahren, ob sie regionale und internationale Medien über die Vorgänge in Syrien in Kenntnis gesetzt haben.

Walid al-Bunni war schon zweimal über längere Zeiträume inhaftiert. Zuerst war er von 2001 bis 2006 nach einem unfairen Gerichtsverfahren vor dem Obersten Staatssicherheitsgericht (Supreme State Security Court, SSSC) wegen der Beteiligung am "Damaszener Frühling" fünf Jahre lang im Gefängnis. Das geschah nach dem Amtsantritt von Bashar al-Assad im Juli 2000, als die Behörden vorher verbotene Diskussionsforen über politische und kulturelle Themen gestatteten. Im August und September 2001 setzte eine Verhaftungswelle dem Damaszener Frühling ein Ende. Vom 17. Dezember 2007 bis zum 16. Juni 2010 wurde er ein zweites Mal festgenommen, diesmal wegen seiner Beteiligung an der "Damascus Declaration for Democratic National Change", einem verbotenen Bündnis aus politischen Parteien, Menschenrechtsorganisationen und ReformaktivistInnen, die friedliche, demokratische Reformen und die Wahrung der Menschenrechte fordern. Amnesty International sprach am 21. Juni mit Walid al-Bunni, während er untergetaucht war. Er sprach davon, dass er sich darauf konzentriere "den Verletzten zu helfen, die Proteste zu organisieren und die Protestierenden zu ermutigen". Obwohl er untergetaucht war, ließ er 30.000 Menschen in der Stadt Harasta in der Nähe von Damaskus eine Rede zukommen, in der er diese Menschen ermutigte, friedlich zu protestieren und den Rücktritt der Regierung von Bashar al-Assad zu fordern. Er klang optimistisch, denn er sagte, sie lebten in "einem neuen Syrien, in dem alle die gleichen Werte fordern". Syrische AktivistInnen haben Amnesty International außerdem mitgeteilt, dass sich Walid al-Bunni trotz seiner Abwesenheit an der Organisation der "National Salvation Conference" beteiligt hatte, eine Konferenz syrischer Oppositioneller über die Zukunft Syriens, die im Juli 2011 in der Türkei stattfand.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich möchte meine Sorge darüber zum Ausdruck bringen, dass Walid al-Bunni und Mu'ayad al-Bunni seit dem 6. August ohne Kontakt zur Außenwelt festgehalten werden und deshalb von Folter und anderweitiger Misshandlung bedroht sind. Geben Sie unverzüglich ihren Aufenthaltsort und ihren rechtlichen Status bekannt.

- Ich bin außerdem darüber besorgt, dass Walid al-Bunni einzig wegen seiner friedlichen Aktivitäten für Reformen und Mu'ayad al-Bunni wegen der Verwandtschaft zu seinem Vater in Haft gehalten werden. In diesem Fall betrachtet Amnesty International beide als gewaltlose politischen Gefangene und fordert deren sofortige und bedingungslose Freilassung.

- Stellen Sie sicher, dass Walid al-Bunni und Mu'ayad al-Bunni vor Folter und Misshandlungen geschützt werden, dass sie Kontakt zu ihrer Familie und einem Rechtsbeistand ihrer Wahl aufnehmen können und Zugang zu notwendiger medizinischer Versorgung erhalten.


APPELLE AN

STAATSPRÄSIDENT
Bashar al-Assad
Presidential Palace
al-Rashid Street, Damascus, SYRIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency/ Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 332 3410

INNENMINISTER
Major General Mohamad Ibrahim al-Shaar
Minister of Interior
'Abd al-Rahman Shahbandar Street
Damascus, SYRIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency/ Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 311 0554


KOPIEN AN

AUßENMINISTER
Walid al-Mu'allim
Ministry of Foreign Affairs
al-Rashid Street, Damascus, SYRIEN
Fax: (00 963) 11 214 62-51 oder-52 oder -53
BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK SYRIEN
S.E. Herrn Radwan Loutfi
Rauchstr. 25
10787 Berlin
Fax: 030-5017 7311
E-Mail: info@syrianembassy.de,
press@syrianembassy.de, secretary@syrianembassy.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 5. Oktober 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Express concern that Walid and Mu'ayad al-Bunni have been held incommunicado since 6 August, putting them at grave risk of torture and other ill-treatment, and ask for their whereabouts and legal status to be revealed immediately.

- Express concern that Walid al-Bunni may be held solely for his peaceful pro-reform activities and that Mu'ayad al-Bunni may be held purely on account of his family relationship to his father, in which case they are prisoners of conscience and they should be released immediately and unconditionally.

- Urge the authorities to ensure that Walid and Mu'ayad al-Bunni are protected from torture and other ill-treatment, allowed immediate contact with their family and a lawyer of their choice, and provided with any medical attention they require.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-255/2011, AI-Index: MDE 24/044/2011, Datum: 24. August 2011 - mf
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. August 2011