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AKTION/721: Urgent Action - Serbien - Roma von Zwangsräumung bedroht


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-239/2011, AI-Index: EUR 70/011/2011, Datum: 5. August 2011 - gs

Serbien
Roma von Zwangsräumung bedroht


FÜNF ROMA-HAUSHALTE in Belgrad

Fünf Roma-Familien droht ab dem 11. August die Obdachlosigkeit, falls die Behörden in Belgrad ihnen keine Alternative zu den bislang von den Familien bewohnten Gebäuden anbietet, die abgerissen werden sollen.

Die aus rund 20 Personen, die Hälfte davon Minderjährige, bestehenden fünf Roma-Familien leben und wohnen derzeit in der Skadarska-Straße in Belgrad in Gebäuden, die sich in Privatbesitz befinden. Ihnen droht die Zwangsräumung, nachdem ein Belgrader Gericht am 29. Juni zu dem Urteil gelangt ist, dass die BewohnerInnen die Gebäude verlassen und ihr gesamtes Hab und Gut von dort entfernen müssen.

Die serbische Nichtregierungsorganisation Praxis berichtete, sie sei von den BewohnerInnen gleich nach Bekanntwerden der drohenden Zwangsräumung angesprochen worden und habe daraufhin am 20. Juli beim Sozialamt der Stadt Belgrad beantragt, dass den betroffenen Familien angemessene Ersatzunterkünfte zur Verfügung gestellt werden. Eine offizielle Antwort stehe noch aus.

Am 27. Juli hinderten die betroffenen Familien und AktivistInnen mehrerer in Belgrad tätiger Nichtregierungsorganisationen einen Mitarbeiter des Gerichts und ihn begleitende PolizistInnen daran, die Zwangsräumung vorzunehmen. Sie handelten mit dem Vertreter des Gerichts einen Aufschub der Räumungsaktion bis zum 11. August 2011 aus. In der verbleibenden Zeit, so die Nichtregierungsorganisation, würden sie die zuständigen Behörden zu überzeugen versuchen, den betroffenen Familien angemessene Ersatzunterkünfte anzubieten. Einige der Familien fürchten nicht nur den Verlust ihrer Wohnungen, sondern haben auch Angst, dass man ihnen ihre Kinder nimmt und in Sozialeinrichtungen unterbringt. Eine nicht aus Belgrad stammende Familie erfuhr beiläufig, dass man sie gegen ihren Willen in den Süden Serbiens umsiedeln werde.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Amnesty International kritisiert die steigende Zahl rechtswidriger Zwangsräumungen von Roma-Gemeinden in informellen Siedlungen in Belgrad mit Nachdruck. Serbien ist Vertragsstaat internationaler und regionaler Menschenrechtsabkommen, die rechtswidrige Zwangsräumungen untersagen. Zu diesen Menschenrechtsverträgen gehört der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (Sozialpakt). Der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte hat in seiner Allgemeinen Bemerkung Nr. 7 ausgeführt: "Räumungen dürfen nicht dazu führen, dass Menschen obdachlos werden oder in Gefahr geraten, anderweitige Menschenrechtsverletzungen zu erleiden". Die serbische Regierung hat die Vertreibung von Roma aus der Stadt Belgrad nicht verhindert. Viele der vertriebenen Roma haben nicht nur ihre Wohnung verloren, sondern auch ihren Lebensunterhalt und ihr einziges Hab und Gut. Die serbische Regierung kommt ihren Verpflichtungen im Rahmen des Sozialpakts und anderer Verträge bislang nicht nach. Unter anderem ist in Serbien bisher kein Gesetz in Kraft getreten, das sicherstellen würde, dass UN-Grundsätzen entsprechende Verfahren und Schutzmaßnahmen beachtet werden, bevor Zwangsräumungen stattfinden.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE LUFTPOSTBRIEFE, FAXE UND E-MAILS MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Ich fordere Sie auf, die in der Skadarska-Straße in Belgrad wohnenden fünf Roma-Familien nicht zur Räumung ihrer Häuser zu zwingen.

- Stellen Sie bitte sicher, dass von Zwangsräumung betroffene Familien angemessene Ersatzunterkünfte erhalten.

- Sorgen Sie bitte dafür, dass in Zukunft Zwangsräumungen nur als letztes Mittel und unter Wahrung internationaler Menschenrechtsstandards stattfinden. Mit den betroffenen Gemeinschaften müssen ergebnisoffene Beratungen unter Abwägung sämtlicher praktikabler Alternativen zur Räumung geführt werden.


APPELLE AN

MINISTER FÜR ARBEIT UND SOZIALES
Rasim Ljajic
Nemanjina 22-24
11500 Belgrade
SERBIEN
(korrekte Anrede: Dear Minister / Sehr geehrter Herr Minister)
E-Mail: ministar@minrzs.gov.rs

STAATSSEKRETÄR FÜR SOZIALE SICHERHEIT
Vladan Djukic
27 Marta 43-45,
11000 Belgrade,
SERBIEN
(korrekte Anrede: Dear Secretary / Sehr geehrter Herr Staatssekretär)
Fax: (00 381) 11 330 9251


KOPIEN AN

STELLVERTRETENDER MINISTERPRÄSIDENT
Deputy Prime Minister of Serbia
Bozidar Djelic
Nemanjina 11
11 000 Belgrade
SERBIEN
Fax: (00 381) 11 3617597

BOTSCHAFT DER REPUBLIK SERBIEN
S.E. Herrn Prof. Dr. Ivo Viskovic
Taubertstraße 18
14193 Berlin
Fax: 030-825 2206
E-Mail: info@botschaft-serbien.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Serbisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 11. August 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY:

- Stop the forced eviction of the five Roma families in Skadarska Street;

- Provide adequate alternative housing for the families affected;

- Ensure that any further evictions are carried out only as a last resort and in full compliance with international human rights standards, with genuine consultation with the affected community to identify all feasible alternatives to evictions and resettlement options.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-239/2011, AI-Index: EUR 70/011/2011, Datum: 5. August 2011 - gs
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. August 2011