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AKTION/660: Urgent Action - Belarus - Sannikau jetzt in Haft ohne Kontakt zur Außenwelt


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-264/2010-8, AI-Index: EUR 49/013/2011, Datum: 18. Mai 2011 - pn

Belarus
Sannikau jetzt in Haft ohne Kontakt zur Außenwelt

Weitere Informationen zu UA-264/2010 (EUR 49/010/2010, 21. Dezember 2010, EUR 49/015/2010, 23. Dezember 2010, EUR 49/001/2011, 12. Januar 2011, EUR 49/002/2011, 31. Januar 2011, EUR 49/007/2011, 7. März 2011, EUR 49/009/2011, 14. April 2011, EUR 49/011/2011, 13. Mai 2011, und EUR 49/012/2011, 17. Mai 2011)


ANDREI SANNIKAU, ehemaliger Präsidentschaftskandidat

Präsidentschaftskandidat Andrei Sannikau, der am 14. Mai zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde, wird jetzt ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten. Dadurch befindet er sich in großer Gefahr gefoltert oder in anderer Weise misshandelt zu werden.

Andrei Sannikau wurde am 14. Mai 2011 zu fünf Jahren Haft verurteilt, weil er nach der Wahl am 19. Dezember 2010 an einer Demonstration in Minsk teilgenommen hatte. Während des Verfahrens gab Andrei Sannikau vor Gericht eine Erklärung ab, in der er betonte, er sei in Gewahrsam gefoltert und misshandelt worden. Er warf darüber hinaus dem Leiter der Hafteinrichtung des Geheimdienstes KGB vor, "das Leben und die Gesundheit" seiner Frau und seines Kindes bedroht zu haben. Am 17. Mai wurden seine Ehefrau und seine Mutter bei dem Bezirksgericht Partyzanski vorstellig und versuchten, eine Besuchserlaubnis zu erhalten, um Andrei Sannikau zu sehen. Das Gericht erteilte die Erlaubnis sofort. Als sie am Morgen des 18. Mai bei der KGB-Haftanstalt, in der er sich befinden sollte, darum baten ihn zu besuchen, wurde ihnen mitgeteilt, er wäre dort nicht inhaftiert. Die beiden Frauen suchten eine zweite Hafteinrichtung auf, in der Gefangene festgehalten werden, ehe man sie ins Gefängnis bringt. Doch auch dort sagte man ihnen, er befände sich nicht in diesem Haftzentrum. Dann riefen sie eine dritte Hafteinrichtung an und erhielten dort dieselbe Antwort.

Stunden später wurde seinem Anwalt mitgeteilt, dass Andrei Sannikau tatsächlich in der Hafteinrichtung des KGB inhaftiert sei. Weder sein Anwalt noch seine Familie haben bislang Zugang zu ihm. Dass er sich ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft befindet, erhöht die Folter- und Misshandlungsgefahr für Andrei Sannikau.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Andrei Sannikau zählt zu einer Gruppe von elf derzeit inhaftierten gewaltlosen politischen Gefangenen, deren Festnahme im Zusammenhang mit einer weitgehend friedlichen Demonstration vom 19. Dezember 2010 erfolgt war.

Am neunten Verhandlungstag gab Andrei Sannikau eine Erklärung ab, in der er angab, das Beweismaterial gegen ihn sei unter Folter zustande gekommen. Er beschrieb die Methoden, mit deren Hilfe er körperlich und seelisch unter Druck gesetzt worden war, und die Aufforderungen der Behörden, er solle gestehen, was sie ihm vorgaben. Als er sich weigerte, ein solches "Geständnis" abzulegen, teilte ihm der KGB-Leiter mit: "Dann müssen wir eben gegenüber deiner Frau und deinem Kind härtere Maßnahmen ergreifen". Andrei Sannikau nahm die Drohung sehr ernst und sicherte seine Zusammenarbeit zu, da er wusste, dass sich auch seine Frau in Haft befand und Schritte eingeleitet worden waren, um für seinen Sohn eine Pflegefamilie zu finden. Mit einem Rechtsanwalt durfte sich Andrei Sannikau erstmals am 22. März unter vier Augen beraten. Zu diesem Zeitpunkt saß er bereits mehr als drei Monate im Gefängnis ein. Im ersten Monat hatte er weder Briefe versenden noch erhalten dürfen. Überhaupt, so Andrei Sannikau, sei er von Informationen aus der Welt außerhalb des Gefängnisses abgeschnitten gewesen.

Bei den elf gewaltlosen politischen Gefangenen handelt es sich um:

Präsidentschaftskandidaten:
Mykalau Statkevich, Uladzimir Nyaklyayeu und Andrei Sannikau

Oppositionelle:
Alyaksandr Atroshchankau, Pressesekretär von Andrei Sannikau; Zmitser Bandarenka, ebenfalls für Andrei Sannikau tätig; Zmitser Dashkevich, führendes Mitglied der oppositionellen Jugendbewegung "Jugendfront"; Eduard Lobau, Mitglied der "Jugendfront"; Mikita Likhavid, Student; Ales Kirkevich, Mitglied der "Jugendfront"; Pavel Sevarnyets, Anhänger des Präsidentschaftskandidaten Vital Rymasheusky; Dmitry Bulanov, Krankenpfleger.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Bitte stellen Sie sicher, dass Andrei Sannikau seinen Anwalt und seine Familie sehen kann, wie es auch das Bezirksgericht Partyzanski am 17. Mai 2011 entschieden hat.

- Ich fordere Sie mit Nachdruck auf, dafür zu sorgen, dass Andrei Sannikau in der Haft weder gefoltert noch in anderer Weise misshandelt wird.

- Ich möchte darauf hinweisen, dass Andrei Sannikau ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der sich nur deshalb in Haft befindet, weil er seine Menschenrechte friedlich wahrgenommen hat. Er sollte daher umgehend und bedingungslos freigelassen werden.


APPELLE AN
LEITER DES GEHEIMDIENSTES KGB
Chairman, State Security Committee (KGB)
Vadim Zaitsev
ul. Komsomolskaya 17
220050 Minsk
BELARUS
(korrekte Anrede Dear Chairman / Sehr geehrter Herr Vorsitzender)
Fax: (00 375) 17 219 92 30

GENERALSTAATSANWALT
Grigory Vasilevich
Internatsionalnaya str. 22
220050 Minsk
BELARUS
Fax: (00 375) 17 226 42 52
(korrekte Anrede: Dear General Prosecutor / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)


KOPIEN AN

BEZIRKSGERICHT PARTYZANSKI
Partyzanski District Court
ul. Semashko 33
220027 Minsk
BELARUS
Tel/Fax: (00 375) 17 297 64 25 (Wenn jemand abnimmt, sagen Sie bitte: "Fax!")

BOTSCHAFT DER REPUBLIK BELARUS
S. E. Herrn Andrei Giro
Am Treptower Park 32, 12435 Berlin
Fax: 030-5363 5923
E-Mail: berlin@belembassy.org


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Belarussisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 29. Juni 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Demanding that the authorities allow Andrei Sannikau to see his lawyer and family, in accordance with the Partyzanski district court ruling of 17 May.

- Calling on them to ensure that Andrei Sannikau is not tortured or otherwise ill-treated.

- Reminding them that Andrei Sannikau is a prisoner of conscience, jailed solely for the peaceful exercise of his human rights and that he should be released immediately and unconditionally.


*


Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-264/2010-8, AI-Index: EUR 49/013/2011, Datum: 18. Mai 2011 - pn
Amnesty International, Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin
Telefon: 030/42 02 48-306
Fax: 030/42 02 48 - 330
E-Mail: presse@amnesty.de
Internet: www.amnesty.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Mai 2011