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AKTION/650: Urgent Action - Irak - Unmittelbar drohende Hinrichtung


ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-124/2011, AI-Index: MDE 14/026/2011, Datum: 5. Mai 2011 - pn

Irak
Unmittelbar drohende Hinrichtung


MU'AYYAD YASSIN 'AZIZ 'ABDEL-RAZZAQ, 50jähriger ehemaliger Offizier

Einem im Jahr 2006 zum Tode verurteilten Iraker droht unmittelbar die Hinrichtung, nachdem ein Berufungsgericht Ende April das Todesurteil bestätigt hat.

Mu'ayyad Yassin 'Aziz 'Abdel-Razzaq war unter Saddam Hussein Offizier in der irakischen Armee. US-Truppen nahmen ihn im September 2004 in seinem Haus in Bagdad fest. Berichten zufolge wurden er und weitere Familienmitglieder während der Festnahme geschlagen. Nach einer Woche in US-amerikanischem Gewahrsam übestellte man ihn in den Gewahrsam der irakischen Behörden.

Mu'ayyad Yassin 'Aziz 'Abdel-Razzaq soll zwischen 2004 und 2006 mehrfach in Haft gefoltert worden sein. Im Juni 2006 stellte man ihn zum ersten Mal vor das zentrale Strafgericht des Irak (Central Criminal Court of Iraq - CCCI) in Bagdad. Ihm wurde vorgeworfen, eine führende Position innerhalb der bewaffneten Gruppierung "Mohammad Armee" eingenommen und bewaffnete Angriffe auf US-amerikanische sowie irakische Truppen in verschiedenen Teilen des Irak durchgeführt zu haben. Ende Juni 2006 wurde er zum Tode verurteilt. Während des Verfahrens wies Mu'ayyad Yassin 'Aziz 'Abdel-Razzaq alle Anklagepunkte zurück und erklärte vor Gericht, in Haft gefoltert und zu einem "Geständnis" gezwungen worden zu sein, mit dem er sich selbst belastete. Mu'ayyad Yassin 'Aziz 'Abdel-Razzaq wurde durch einen Rechtsbeistand vertreten, der vom Gericht bestellt worden war. Dieser legte Rechtsmittel gegen das Urteil ein. Am 27. April 2011 bestätigte ein Berufungsgericht in Bagdad jedoch das Todesurteil. Sollte der irakische Präsident das Todesurteil bestätigen, droht Mu'ayyad Yassin 'Aziz 'Abdel-Razzaq schon innerhalb weniger Tage oder Wochen die Hinrichtung. Zurzeit befindet er sich im al-Kadhimiya-Gefängnis in Bagdad in Haft.

Die Familie von Mu'ayyad Yassin 'Aziz 'Abdel-Razzaq erklärte gegenüber Amnesty International, sie habe erst im November 2006 durch die Fernsehnachrichten von Mu'ayyad Yassin 'Aziz 'Abdel-Razzaqs Aufenthaltsort, Gerichtsverfahren und Todesurteil erfahren, obwohl sie das Ministerium für Menschenrechte schon seit der Festnahme um Informationen über sein Schicksal und seinen Aufenthaltsort gebeten hatte. Erst vier Jahre nach der Festnahme durfte die Familie ihn im April 2009 zum ersten Mal besuchen.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Das zentrale Strafgericht des Irak wurde im Juni 2003 von der Übergangsverwaltung (Coalition Provisional Authority) eingerichtet und befasst sich mit der Rechtssprechung für Fälle von Terrorismus, konfessionell motivierter Gewalt, organisiertem Verbrechen und Korruption in der Regierung. Die internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren werden vor dem zentralen Strafgericht des Irak regelmäßig missachtet. Ein Großteil der Angeklagten berichtet von Verhören in der Untersuchungshaft, bei denen durch Folter "Geständnisse" von ihnen erzwungen wurden. Solche Verhöre finden häufig statt, während sich die Gefangenen ohne Kontakt zur Außenwelt in Polizeigewahrsam oder anderen Hafteinrichtungen befinden, die dem Innenministerium unterstehen. Auf diese Weise erlangte "Geständnisse" werden während des Verfahrens oft als Beweismittel gegen die Angeklagten verwendet und vom Gericht als solches akzeptiert, ohne das eine angemessene Prüfung der Foltervorwürfe stattfindet. Angeklagte haben darüber hinaus nicht die Möglichkeit, ihren Rechtsbeistand frei zu wählen. Allen die wegen Kapitalverbrechen vor Gericht stehen und sich einen Verteidiger nicht leisten können, wird ein Rechtsanwalt vom Gericht gestellt. Die Qualität dieser Art von Vertretung lässt jedoch zu wünschen übrig. Manche Rechtsanwälte weigern sich, Angeklagte zu vertreten, denen Terrorismus vorgeworfen wird, da es sich bei ihnen meist um sunnitische Muslime handelt und die Anwälte Vergeltungsmaßnahmen durch bewaffnete Milizen fürchten, die mit den im irakischen Repräsentantenhaus (Parlament) vertretenen schiitischen Parteien in Verbindung stehen.


EMPFOHLENE AKTIONEN

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, FAXE ODER BRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

- Die Regierung des Irak hat das Recht und die Verpflichtung, Personen vor Gericht zu stellen, die eine schwere Straftat begangen haben. Doch dies sollte unter allen Umständen ohne den Rückgriff auf die Verhängung der Todesstrafe geschehen, weil diese endgültige Form der Bestrafung grausam, unmenschlich und erniedrigend ist und gegen das grundlegendste Menschenrecht, das Recht auf Leben, verstößt. Sie sollte auch bei schwersten Verbrechen nicht angewendet werden.

- Ich möchte darüber hinaus meine Sorge über Mu'ayyad Yassin 'Aziz 'Abdel-Razzaqs unfaires Gerichtsverfahren und das mutmaßlich durch Folter erzwungene Geständnis zum Ausdruck bringen.

- Ich fordere Sie höflich auf, das Todesurteil gegen Mu'ayyad Yassin 'Aziz 'Abdel-Razzaq in ein anderes Strafmaß umzuwandeln.

- Bitte wandeln Sie alle verhängten Todesurteile in Haftstrafen um, und erlassen Sie ein Hinrichtungsmoratorium.


APPELLE AN

BITTE SENDEN SIE IHRE APPELLE AN DIE IRAKISCHE
BOTSCHAFT
BOTSCHAFT DER REPUBLIK IRAK
S. E. Herrn Hussain Mahmood Fadhlalla Alkhateeb
Pacelliallee 19 - 21, 14195 Berlin
(korrekte Anrede: Exzellenz)
Fax: 030-8148 8222
E-Mail: info@iraqiembassy-berlin.de

BITTEN SIE UM WEITERLEITUNG AN:

MINISTERPRÄSIDENT
Nuri Kamil al-Maliki
Convention Centre (Qasr al-Ma'aridh)
Baghdad
IRAK
(korrekte Anrede: Your Excellency/Exzellenz)

PRÄSIDENT
Jalal Talabani
Convention Centre (Qasr al-Ma'aridh)
Baghdad
IRAK
(korrekte Anrede: Your Excellency/Exzellenz)
E-mail: questions@iraqipresidency.net


KOPIEN AN

JUSTIZMINISTER
Hassan al Shammari
MINISTER FÜR MENSCHENRECHTE
Mohammad Shayaa al-Sudani


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle vor dem 23. Mai 2011. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

- Recognizing that governments have an obligation to bring to justice those responsible for serious crimes but insisting that the death penalty is a violation of the right to life and the ultimate form of cruel, inhuman and degrading punishment, and should not be applied even for crimes of the greatest magnitude.

- Expressing concern about the unfairness of the trial, including allegations that Mu'ayyad Yassin 'Aziz 'Abdel-Razzaq's "confession" was extracted through torture.

- Calling on the authorities to commute the death sentence against Mu'ayyad Yassin 'Aziz 'Abdel-Razzaq.

- Calling on the authorities to commute all other death sentences and declare an immediate moratorium on executions.


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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-124/2011, AI-Index: MDE 14/026/2011, Datum: 5. Mai 2011 - pn
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Mai 2011