ai - URGENT ACTION
UA-Nr: UA-291/2013, AI-Index: AMR 36/020/2013, Datum: 18. Oktober 2013 - mv
Haiti
Weitere drohende Zwangsräumungen
200 FAMILIEN
Rund 200 haitianische Familien, die durch das Erdbeben vom Januar 2010 obdachlos wurden, sind Opfer andauernder Gewalttaten, mit dem Ziel, sie aus ihren provisorischen Unterkünften zu vertreiben. In diese Gewalt sind auch Angehörige der Polizei verwickelt.
Die bescheidenen Behausungen der BewohnerInnen von Lanmè Frape in Canaan, einer informellen Siedlung in der Gemeinde Cabaret am nordöstlichen Stadtrand der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince, sind wiederholt von Angehörigen der Polizei und bewaffneten Männern zerstört worden. Die BewohnerInnen berichteten Amnesty International, man habe sie in den vergangenen 18 Monaten mehr als zehn Mal angegriffen und einige BewohnerInnen seien grundlos inhaftiert und bis zu einem Monat lang festgehalten worden. Rund 200 Familien wohnen derzeit noch in Lanmè Frape, bevor die Zwangsräumungen begannen lebten dort bis zu 600 Familien.
Den BewohnerInnen zufolge tauchten am 31. August Angehörige der Polizei sowie bewaffnete Männer in dem Behelfslager auf und begannen, ihre Unterkünfte niederzureißen. Am 4. September kehrten sie mit schwerem Gerät zurück und zerstörten die Behausungen weiter. Insgesamt wurden 393 Bleiben zerstört. Am 18. September wurden die zwischenzeitlich wiederaufgebauten Unterkünfte von Angehörigen der Polizei und bewaffneten Männern erneut zerstört. Beide Male wurde den BewohnerInnen ihr Hab und Gut gestohlen, darunter auch Baumaterial und Handelswaren, auf deren Verkauf die BewohnerInnen des Camps zur Sicherung ihrer Lebensgrundlage angewiesen sind.
Das Camp Lanmè Frape in Canaan liegt auf einem großen Stück Land, das im März 2010, zwei Monate nach dem Erdbeben, von der damaligen Regierung zur "öffentlichen Nutzung" (utilité publique) freigegeben wurde. Zehntausende Menschen, die durch das Erdbeben ihre Häuser verloren hatten, wurden daraufhin dorthin übergesiedelt. Vielen von ihnen droht die Zwangsräumung durch Menschen, die das Land als ihren Besitz erachten. Die BewohnerInnen des Camps berichteten Amnesty International, dass ihnen nie ein Räumungsbefehl vorgelegt wurde. Sie haben bei der Staatsanwaltschaft (parquet), der Polizei, dem Justizministerium sowie dem Senat Beschwerde eingereicht, wissen jedoch nicht, ob diesbezüglich Untersuchungen eingeleitet worden sind.
Mehr als dreieinhalb Jahre nach dem verheerenden Erdbeben vom Januar 2010, leben immer noch rund 278.000 HaitianerInnen in provisorischen Unterkünften. Knapp 30 Prozent dieser Menschen droht die Zwangsräumung.
Viele Familien haben sich mehrere Kilometer entfernt am nördlichen Stadtrand von Port-au-Prince in der dort errichteten informellen Siedlung Canaan eine neue Bleibe geschaffen. Laut Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration leben dort und in der Umgebung inzwischen rund 70.000 Menschen ohne Zugang zu fließendem Wasser und sanitären Einrichtungen. Mit dem erwarteten Eintreffen neuer Opfer von Zwangsräumungen an anderen Orten wird sich die Situation in der Siedlung weiter zuspitzen.
Das Camp Lanmè Frape in Canaan liegt auf einem großen Stück Land, das im März 2010, zwei Monate nach dem Erdbeben, von der damaligen Regierung zur "öffentlichen Nutzung" (utilité publique) freigegeben wurde. Der rechtliche Status des Landes ist jedoch nach wie vor ungeklärt, die dorthin umgesiedelten Familien haben somit keinerlei Rechtssicherheit, was ihr Verbleiben angeht.
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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Oktober 2013