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AKTION/1617: Urgent Action - VR China, Aktivistin willkürlich verhaftet


ai - URGENT ACTION
UA-NR: UA-282/2013, AI-Index: ASA 17/033/2013, Datum: 8. Oktober 2013 - as

VR China
Aktivistin willkürlich verhaftet



Frau CAO SHUNLI

Die Menschenrechtsverteidigerin Cao Shunli, die am 14. September auf dem internationalen Flughafen der Hauptstadt Peking von der Polizei abgeführt worden war, wurde willkürlich inhaftiert. Sie ist eine gewaltlose politische Gefangene und möglicherweise Opfer des Verschwindenlassens. Ihr Aufenthaltsort und ihr rechtlicher Status sind nicht bekannt.

Cao Shunli befand sich am 14. September auf dem internationalen Flughafen von Peking, um von dort zu einem Schulungsprogramm über Menschenrechtsmechanismen der UN im schweizerischen Genf zu fliegen. Sie wurde von Angehörigen der Behörde für Öffentliche Sicherheit angehalten, nachdem sie die Passkontrolle passiert hatte, und zur Befragung abgeführt. Seither hat niemand von ihr gehört oder sie gesehen. Es wird vermutet, dass sie in der Pekinger Hafteinrichtung Nr. 1 inhaftiert ist, doch liegen keine Informationen über ihren aktuellen Aufenthaltsort oder ihren rechtlichen Status vor. Cao Shunli gehört zu den wichtigsten VerfechterInnen einer echten, umfassenden Beteiligung der Zivilgesellschaft am Entwurf des nationalen Menschenrechtsaktionsplans und am Bericht für die Universelle Regelmäßige Überprüfung (UPR) durch den UN-Menschenrechtsrat. Die Überprüfung der Lage der Menschenrechte in China durch die UPR-Arbeitsgruppe ist für den 22. Oktober in Genf anberaumt.

Cao Shunli hat am 18. Juni zusammen mit mehreren AktivistInnen einen Sitzstreik vor dem chinesischen Außenministerium initiiert, um mehr Transparenz und eine Beteiligung der Zivilgesellschaft am UPR-Verfahren zu fordern. Die Behörden haben die friedliche Demonstration mindestens viermal aufgelöst. Zuletzt wurden am 3. Oktober etwa zehn der verbliebenen Demonstrierenden von der Polizei abgeführt. Seither sind vor dem Ministerium Polizeiwagen postiert, sodass sich dort keine DemonstrantInnen mehr versammeln können. Cao Shunli wurde wegen ihres friedlichen Engagements und ihres Einsatzes für die Menschenrechte im April 2010 für ein Jahr zur Umerziehung durch Arbeit geschickt, im April 2011 musste sie erneut ein Jahr und drei Monate Haft in einem dieser Arbeitslager ableisten.


HINTERGRUNDINFORMATIONEN

Cao Shunli und eine Gruppe von MenschenrechtlerInnen, Opfern von Zwangsräumungen, ehemaligen Insassen der Arbeitslager "Umerziehung durch Arbeit" und DemokratiebefürworterInnen haben im Oktober 2012 einen Brief an das chinesische Außenministerium geschrieben. Darin erkundigten sie sich nach einer Beteiligung der Öffentlichkeit am Entwurf des staatlichen Berichts für die UPR und forderten die Offenlegung der Verfahrensdetails. Im November teilte ihnen das Außenministerium mit, dass mit dem Erstellen des staatlichen Berichts noch nicht begonnen worden sei. Eine weitere Antwort blieb aus, und so begannen sie am 18. Juni 2013 aus Protest mit einem Sitzstreik vor dem Außenministerium in Peking. Den Protestierenden zufolge lag die Zahl der Personen, die sich dem Sitzstreik anschlossen, zwischenzeitlich bei rund 400 Personen. Etwa 200 Personen stammten aus Peking und 200 aus anderen Teilen Chinas, ein Großteil von ihnen Frauen. Ende Juni sandte das Außenministerium VertreterInnen, um mit den DemonstrantInnen zu verhandeln. Beide Seiten kamen überein, eine Gruppe von VertreterInnen für ein Treffen auszuwählen. Dieses fand jedoch nicht statt, da man sich nicht auf einen Ort einigen konnte. Die Gruppe reichte außerdem eine Verwaltungsklage ein und forderte die Offenlegung von Informationen im Zusammenhang mit den Vorbereitungen für den staatlichen Bericht im Rahmen der UPR. Die Klage wurde im August von einem Pekinger Gericht mit der Begründung abgewiesen, dass es sich bei dem staatlichen Bericht für die UPR um eine diplomatische Maßnahme handele.

Am 1. Juli wurden die Demonstrierenden, die nicht aus Peking stammten, von den Behörden kurzzeitig festgenommen und an ihre Herkunftsorte zurückgeschickt. Seither haben die Behörden den Protest mindestens dreimal aufgelöst. Aufgrund fortdauernder Einschüchterungsmaßnahmen ist die Anzahl der in Peking ansässigen Demonstrierenden vor dem Ministerium ebenfalls nach und nach gesunken. Bei der UPR handelt es sich um einen Mechanismus des UN-Menschenrechtsrats zur regelmäßigen Überprüfung der Einhaltung der menschenrechtlichen Verpflichtungen aller 193 UN-Mitgliedsstaaten. Die UPR ist ein zwischenstaatliches Überprüfungsverfahren, das der Verbesserung der Menschenrechtslage im jeweiligen Land dient. Zwar handelt es sich bei der UPR um ein von staatlicher Seite durchgeführtes Verfahren, doch spielt die Zivilgesellschaft bei der Überprüfung eine wichtige Rolle. Nach einer Empfehlung des Menschenrechtsrats sind die Staaten angehalten, beim Erstellen ihres Berichts für die Überprüfung alle relevanten Parteien auf nationaler Ebene umfassend zu konsultieren. Die Zivilgesellschaft kann ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Überwachung der Umsetzung der bei der UPR übernommenen Empfehlungen spielen.

Bei der bevorstehenden Überprüfung Chinas handelt es sich um die zweite Art dieser Prüfung der Menschenrechtslage in China.


SCHREIBEN SIE BITTE

FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich fordere Sie auf, Cao Shunli sofort und bedingungslos freizulassen, da sie ausschließlich wegen der Ausübung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung festgenommen wurde.
  • Stellen Sie bitte sicher, dass Cao Shunli nicht gefoltert oder anderweitig misshandelt wird.
  • Teilen Sie Cao Shunlis Familie unverzüglich mit, wo sie sich befindet, und gewährleisten Sie ihr Wohlergehen.

APPELLE AN

LEITER DER BEHÖRDE FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT IN PEKING
Fu Zhenghua
9 Dongcheng Menqian Dajie
Beijingshi 100740
VOLKSREPUBLIK CHINA
(Anrede: Dear Director / Sehr geehrter Herr Fu)
Fax: (00 86) 10 6524 2927

STELLVERTRENDER AUSSENMINISTER
Li Baodong
No. 2 Chaoyangmen Nandajie
Chaoyangqu
Beijingshi 100701
VOLKSREPUBLIK CHINA
(Anrede: Dear Vice Minister / Sehr geehrter Herr Vizeminister)
Telefon: (00 86) 10 6596 1114 (Anrufe nur auf Chinesisch möglich)


KOPIEN AN

MINISTER FÜR ÖFFENTLICHE SICHERHEIT
Guo Shengkun
Gong'anbu
14 Dong Chang'anjie
Dongchengqu
Beijingshi 100741
VOLKSREPUBLIK CHINA

BOTSCHAFT DER VOLKSREPUBLIK CHINA
S. E. Herrn Mingde Shi
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Fax: 030-27 58 82 21
E-Mail: botschaftchina@yahoo.de
info@china-botschaft.de


Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Chinesisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 19. November 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.


PLEASE WRITE IMMEDIATELY
  • Calling on the authorities to release Cao Shunli immediately and unconditionally as she has been detained solely for exercising her right to freedom of expression
  • Calling on them to ensure that Cao Shunli is not tortured or otherwise ill-treated.
  • Calling on them to tell Cao Shunli's family immediately of her whereabouts, and ensure her wellbeing.

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Quelle:
ai - URGENT ACTION
UA-NR: UA-282/2013, AI-Index: ASA 17/033/2013, Datum: 8. Oktober 2013 - as
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Oktober 2013